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Können Tiere denken und wenn ja, was denken sie? Große Fragen über kleine Gehirne.
Die Frage nach der Intelligenz der Tiere fasziniert uns seit jeher. Der renommierte Neuropsychologe Marc Hauser erläutert in seinem originellen Buch das erstaunliche intellektuelle und emotionale Leben der unterschiedlichsten Tiere, über das Psychologen, Sprachwissenschaftler und Biologen - basierend auf neuesten Forschungen - sehr Nachdenkenswertes zu berichten haben. Dabei geht es nicht darum, das romantische Bild von der Natur zu bekräftigen, das uns rührende Anekdoten von sprechenden Affen, weinenden…mehr

Produktbeschreibung
Können Tiere denken und wenn ja, was denken sie? Große Fragen über kleine Gehirne.

Die Frage nach der Intelligenz der Tiere fasziniert uns seit jeher. Der renommierte Neuropsychologe Marc Hauser erläutert in seinem originellen Buch das erstaunliche intellektuelle und emotionale Leben der unterschiedlichsten Tiere, über das Psychologen, Sprachwissenschaftler und Biologen - basierend auf neuesten Forschungen - sehr Nachdenkenswertes zu berichten haben. Dabei geht es nicht darum, das romantische Bild von der Natur zu bekräftigen, das uns rührende Anekdoten von sprechenden Affen, weinenden Elefanten oder selbstlosen Hunden zeichnen.

Hauser berichtet vielmehr von einer kleinen Sensation mit weitreichenden Konsequenzen: Tiere denken und fühlen in einem viel umfassenderen Sinne als bisher angenommen, und zumindest die höheren von ihnen besitzen eine eigene Wahrnehmungswelt, haben subjektive Erlebnisse und suchen ihr Verhalten danach auszurichten. Schon allein deshalbtäten wir gut daran, in Tieren nicht nur Objekte unseres Tuns zu sehen.
Autorenporträt
Hauser, Marc D.
Marc D. Hauser ist Professor für Psychologie und Neurowissenschaften an der Harvard University und Fellow des dortigen »Mind, Brain and Behaviour«-Forschungsprogramms. Neben seiner Arbeit im Labor betreibt er Feldstudien in Kenia, Uganda und Puerto Rico. Von der National Science Foundation wurde er mit dem begehrten »Presidential Young Investigator Award« ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2001

Grau sind die Zellen des Graupapageis
Aber viel holt er aus ihnen nicht heraus, findet Marc D. Hauser / Von Joachim Müller-Jung

Es ist einem Verhaltensforscher hoch anzurechnen, wenn er die Beobachtungen, die er bei seiner Arbeit mit Tieren macht oder die ihm zugetragen werden, kritisch hinterfragt. Denn nicht nur bei Hundenarren und Katzenliebhabern werden den Lieblingen geradezu menschliche Züge zugeschrieben. Auch unter Biologen und Psychologen wird fleißig gemenschelt. Tatsächlich ist die Versuchung gewaltig, wie folgende eindrucksvolle Szene verdeutlicht, die uns der amerikanische Zoologe Marc D. Hauser in seinem Buch dankenswerterweise nicht vorenthält.

Die Elefantenforscherin Cynthia Moss schildert dabei den Todeskampf der Elefantenkuh "Tina": "Teresia und Trista", zwei weitere Elefanten, "waren außer sich. Sie knieten nieder und versuchten, sie aufzurichten. Sie schoben ihr die Stoßzähne unter den Leib und Kopf. Irgendwann gelang es ihnen, sie in eine sitzende Position zu manövrieren, doch ihr Körper sank zurück. Ihre Familie versuchte mit allen Mitteln, sie aufzuwecken, sie schubsten sie, sie stießen sie mit den Stoßzähnen, Tallulah ging sogar ein Büschel Gras holen, das er ihr ins Maul zu stopfen versuchte." Als Tina tot war, kamen alle Tiere der Herde herbei, bedeckten den Leichnam mit Gras und Zweigen und berührten ihn immer wieder mit dem Rüssel und dem Fuß. Besitzen Elefanten also ein tieferes Verständnis vom Tod, empfinden sie Mitgefühl mit dem dahinsiechenden Herdenmitglied?

Eine solche Deutung wäre keineswegs abwegig. Wer sich die anrührende Szene nur plastisch genug vorstellt - und wir Menschen verfügen unbestreitbar (und glücklicherweise) über diese Fähigkeit -, der kann sich anthropogenen Deutungen kaum verschließen. Und doch bestreitet Hauser gerade die Zulässigkeit solcher Analogien. Nicht nur, daß Tieren jede Vorstellung vom Tod fehle, sie könnten solche Ideen über das, was beim Sterben - zumal dem eigenen - geschieht, grundsätzlich gar nicht entwickeln. Hauser begründet dies mit einem gewichtigen, aber keineswegs unumstrittenen Argument, nämlich "in Anbetracht der mangelnden Beweise für das Vorhandensein eines Bewußtseins", das Tiere von sich selbst hätten, und ihrer Unfähigkeit, "anderen einen mentalen Zustand zuzuschreiben". Hauser seziert gnadenlos das kognitive Potential der Tiere, reduziert den Interpretationsspielraum des Beobachters und Deuters auf ein Minimum. Anekdoten wie die geschilderte Elefantenszene sollen zu Experimenten "inspirieren". Als Ausweis für die geistigen Fähigkeiten der Tiere läßt er solche Einzelbeobachtungen nicht gelten.

Hauser ist ein scharfsinniger Beobachter. Er ist konsequent in der Art, wie er den Schein der "Selbsterkenntnis" von Delphinen, Makaken oder Hunden nimmt, wie er die vorgeblichen "Zahlenjongleure" entzaubert und die manchmal wundersame Fähigkeit von Affen zu moralischem Handeln oder ihre "Sprachgewandtheit" als das zu entlarven versucht, was es seiner Meinung nach ist: bestenfalls ein Artefakt. Seine Überzeugung gipfelt in der Aussage: "Wenn der Begriff Intelligenz im Zusammenhang mit der Untersuchung der geistigen Fähigkeiten von Tieren überhaupt etwas zu suchen hat, dann im Hinblick darauf, inwieweit sie jede Art das Problem lösen läßt, ihren Unterhalt zu sichern." Tiere sind demzufolge also nicht mit Grips ausgestattet, um den Menschen zu gefallen oder gar nachzueifern, sondern um im rauhen Alltag zu überleben.

Wissenschaftlich-formal gesehen ist der an der Harvard-Universität lehrende und vornehmlich mit Primaten arbeitende Zoologe so konsequent wie wenige unter den vielen Ethologen, die sich nach Konrad Lorenz auf die Suche nach der animalischen "res cogitans" gemacht haben. Seine evolutionistische Auslegung des Verhaltens mag viele stören. Sie wirkt oft allzu nüchtern, fast reduktionistisch, und doch scheint sie im Lichte der jüngsten Entwicklungen auf seinem Gebiet ausgesprochen modern. Die Logik seiner Argumente und die Klarheit seiner Sprache sind über weite Strecken des Buches bewundernswert. Dutzende, ja Hunderte von Experimenten und Beobachtungen führt er an, und ebenso viele kritisiert er.

Dennoch freut sich der Leser immer wieder, wenn Hauser die geistigen Überflieger aus dem Tierreich für einen Moment auf dem Olymp der Erkenntnis verweilen läßt. Da ist zum Beispiel das Gorillaweibchen "Koko", das sich nicht nur als einziger der bisher getesteten Gorillas selbst im Spiegel erkennt (wofür Hauser dann doch keine plausible Erklärung parat hat), sondern darüber hinaus die amerikanische Gebärdensprache erlernte und ganz ohne Anleitung oder Training den Begriff "weißer Tiger" kreierte, als man ihm einmal ein Zebra als Plüschtier schenkte. Schließlich taucht in Hausers Darstellung auch der mathematisch begabte Graupapagei "Alex" auf, der es fertigbringt, die Zahl der schwarzen, weißen oder andersfarbigen Korken auf einem Tablett ohne Zögern zu benennen.

Natürlich erinnert man sich in diesem Zusammenhang an die für die Verhaltensforschung durchaus unrühmliche Episode mit dem deutschen Mathematiklehrer Wilhelm van Osten und seinem Pferd "Hans". Die akademische Welt war den beiden vor nun bald hundert Jahren gründlich auf den Leim gegangen. Van Osten hatte seinerzeit offenbar glaubhaft versichert, sein Pferd könne nicht nur zählen, indem es mit den Hufen scharrt, sondern auch mathematische Aufgaben lösen - addieren, subtrahieren und sogar bruchrechnen. "Hans" war eine echte Attraktion.

Allerdings flog der Schwindel dank der Hartnäckigkeit eines Forschers namens Pfungst doch noch auf. Denn Hans hatte keineswegs gerechnet, sondern er war darauf trainiert, das Publikum ganz genau zu beobachten und bei jeder Aufgabe jeweils so lange mit seinen Hufen zu scharren, bis jemand aus dem Publikum ihm ein "Zeichen" gab. Auch noch so kleine Reaktionen bei seinen Zuschauern wußte Hans richtig zu deuten. Ein Mathematik-Genie war der Gaul also mitnichten. Manchmal bekommt man bei Hausers Dekonstruktion des tierischen Geistes das Gefühl, daß er es sein möchte, der heute in die Detektivrolle des Enttarners Pfungst schlüpft. Ob er ebenso recht behält, ist aber noch lange nicht gesagt.

Marc D. Hauser: "Wilde Intelligenz". Was Tiere wirklich denken. Aus dem Englischen von Susanne Kuhlmann-Krieg. Verlag C.H. Beck, München 2001. 378 S., 15 Ill. von Ted Dewan, geb., 48,- DM.

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"...zählt zu den beeindruckendsten Büchern des Jahres 2000" (Daniel Dennett, New York Times)
"In diesem bedeutenden Buch wird eine der heikelsten Fragen der Verhaltenswissenschaft thematisiert ..." (Edward O. Wilson)
"Hauser hat ... die Erforschung des Geistes der Tiere revolutioniert, und er erklärt diese Revolution glanzvoll, intelligent und mit viel Humor." (Steven Pinker)
"Hausers immenses Wissen, sein klarer Stil und seine ansteckende Begeisterung ... lassen einen selbst komplizierteste biologische Zusammenhänge verstehen." (Nature)