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Die erste umfassende Biographie des wichtigsten Autors der modernen deutschen Naturlyrik.Neben Oskar Loerke gilt Wilhelm Lehmann als der wichtigste Autor des modernen deutschen Naturgedichts. Die Nachwirkungen seiner verhaltenen, subtilen Lyrik reichen verdeckt bis in unsere Tage. Lehmann begann als Erzähler mit Themen aus dem Kleinstadt- und Schulmilieu. Zusammen mit Robert Musil erhielt er 1923 den Kleist-Preis, die höchste literarische Auszeichnung der Weimarer Republik. Schon seine Prosa war durchsetzt mit naturlyrischen Elementen, seinen ersten Gedichtband veröffentlichte er 1935. Im…mehr

Produktbeschreibung
Die erste umfassende Biographie des wichtigsten Autors der modernen deutschen Naturlyrik.Neben Oskar Loerke gilt Wilhelm Lehmann als der wichtigste Autor des modernen deutschen Naturgedichts. Die Nachwirkungen seiner verhaltenen, subtilen Lyrik reichen verdeckt bis in unsere Tage. Lehmann begann als Erzähler mit Themen aus dem Kleinstadt- und Schulmilieu. Zusammen mit Robert Musil erhielt er 1923 den Kleist-Preis, die höchste literarische Auszeichnung der Weimarer Republik. Schon seine Prosa war durchsetzt mit naturlyrischen Elementen, seinen ersten Gedichtband veröffentlichte er 1935. Im Brotberuf war er Gymnasiallehrer, u._a. zunächst an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf, von 1923 bis zu seiner Pensionierung 1947 in Eckernförde; er schrieb in Distanz zum großstädtischen Literaturleben; auch im Dritten Reich hielt er sich abseits, um in den fünfziger und frühen sechziger Jahren neben Benn als Überlebender der Moderne gefeiert zu werden. David Scrase legt mit diesem Buch die erste umfassende biographische Arbeit über diesen begabten Lyriker und Romancier vor und greift dabei auf Briefe, Tagebücher, persönliche Interviews und zeitgenössische Fotografien zurück. »Scrase erweitert unser Verständnis für Lehmann, sein Werk und seine Zeit erheblich ... Er durchtränkt seine Lebensbeschreibung mit Textur und Farbe des vertrauten Details.« (German Quarterly)
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Autorenporträt
David Scrase, geb. 1939, lehrte von 1971 bis 2009 deutsche Literatur an der University of Vermont, USA. Forschungsschwerpunkte u.a.: deutschsprachige Lyrik, Fin de siècle-Literatur und Holocaust-Literatur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.06.2012

Antworten des Schweigens
Die Rückkehr des Dichters Wilhelm Lehmann

Wilhelm Lehmann - das war einmal ein großer Name der Lyrik. In den fünfziger Jahren als Haupt der modernen Naturlyrik gefeiert, wurde der Dichter von den Achtundsechzigern angefeindet und von der Ökobewegung ignoriert. Heute versammelt eine Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft die Freunde des Dichters, jungen Lyrikern erscheint seine Maxime nicht länger obsolet: "Welches ist das Geschäft der Welt? Da zu sein. Welches ist das Geschäft der Dichtung? Der Welt bei diesem Vorhaben zu helfen."

Neue Leser sind Lehmann zu wünschen. Ihnen kommt ein schön gemachtes "Lesebuch" entgegen. Es umfasst die gesamte Skala seines Schaffens. Es bringt frühe unveröffentlichte Gedichte, Stücke seiner reifen Naturlyrik, Partien aus den autobiographischen Romanen, poetologische Essays und Ausschnitte aus dem klassisch gewordenen "Bukolischen Tagebuch".

Die Auswahl dementiert das einst von Gottfried Benn lancierte Verdikt, Lehmann sei ein "Bewisperer von Moosen und Gräsern". Man muss nur eines seiner Gedichte aus dem Zweiten Weltkrieg dagegenhalten. Etwa "Auf sommerlichem Friedhof (1944)": "Sirene heult, Geschützmaul bellt. / Sie morden sich: es ist die Welt." Nein, der Dichter des "Grünen Gottes" war nicht zeitfremd. Er hatte den Ersten Weltkrieg mitgemacht, und er wusste, was mit dem Dritten Reich über Deutschland kam.

Das lenkt den Blick auf Lehmanns Biographie. Der amerikanische Literaturwissenschaftler David Scrase hat sie geschrieben: materialreich, ja erschöpfend, auch im Doppelsinn des Wortes. Scrase standen viele Quellen zur Verfügung, darunter Lehmanns Tagebuch und die Korrespondenz. Wohl deshalb holt er bei Kindheit und Jugend allzu weit aus. Was die Biographie gleichwohl lesenswert macht, sind die Kapitel, die Lehmanns politischen Erfahrungen gelten: seiner Desertion im Ersten Weltkrieg und seinem Verhalten im Dritten Reich.

Der junge Dichter erlebte den Krieg als Schock. Der erste Versuch einer Desertion scheiterte, ein zweiter gelang. Nach Kriegsende und Heimkehr konnte Lehmann seine literarische Karriere fortsetzen. Als die Nationalsozialisten die Macht ergriffen, war der unwillige Frontkämpfer gegen Propaganda und Machtwahn imprägniert. Dennoch trat Studienrat Lehmann, der die "scheußliche Hakenkreuzfahne" an der Eckernförder Schule gehisst sah, im Mai 1933 in die NSDAP ein. "Ich Feigling!", notierte er. Das Schuldgefühl verließ ihn lebenslang nicht. Zumal dem jüdischen Freunde Werner Kraft gegenüber, dem Lehmann aus dem noch nicht besetzten Dänemark nach Palästina schrieb.

Scrase schildert die Umstände, unter denen Lehmann während des Dritten Reiches lebte und publizierte. Der erste Gedichtband des 53 Jahre alten Lehmann hieß ungewollt vielsagend "Antwort des Schweigens" und erschien 1936 im Widerstands-Verlag des Nationalbolschewisten Ernst Niekisch. Scrase zieht die Linien aus, die sich aus diesem Stichwort ergeben. Im April 1936 notierte Lehmann: "Wir müssen uns endgültig zur ,alten, erledigten Generation' rechnen und müssen zufrieden sein, wenn man uns ungestört zu Ende leben lässt."

Da konnte der Dichter nicht ahnen, dass ihm sein Erfolg noch bevorstand. Die fünfziger Jahre brachten den Ruhm. Freilich wurde 1968, in Lehmanns Todesjahr, die Poesie totgesagt. Paul Valéry hat davon gesprochen, dass wichtige Autoren durch eine Phase der Geringschätzung hindurchmüssen. Es könnte sein, dass diese Phase für Lehmann zu Ende geht.

HARALD HARTUNG.

Wilhelm Lehmann: "Ein Lesebuch". Ausgewählte Lyrik und Prosa.

Hrsg. von Uwe Pörksen, Jutta Johannsen und Heinrich Detering. Wallstein Verlag, Göttingen 2011. 160 S., geb. 14,90 [Euro].

David Scrase: "Wilhelm Lehmann". Biographie.

Aus dem Englischen von Michael Lehmann. Wallstein Verlag, Göttingen 2011. 440 S., geb. 34,- [Euro].

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