Gelehrter, Staatsmann, Wegbereiter des Humanismus und Liberalismus - Wilhelm von Humboldt zählt zu den herausragenden Männern der deutschen Geschichte. In Lothar Gall hat er einen Biographen gefunden, der durch sein hohes Renommée und seine exzellente Kenntnis der Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts diesem Lebensbild des großen Preußen besonderes Gewicht verleiht.
Gall zeigt uns einen Humboldt, der in seiner Weltoffenheit und geistigen Universalität weit über seine Zeit hinausweist, dem großen Dichterfürsten Goethe ebenbürtig und mit bis in unsere Zeit hineinreichender Wirkung. Als Reformer des preußischen Bildungswesens, als Teilnehmer am Wiener Kongress oder als Erforscher der Sprachen der Welt - stets war Humboldt durchdrungen von einem zutiefst humanistischen Menschen- und Gesellschaftsbild. Gall zeichnet aber auch das Porträt eines Mannes, der den schönen Dingen des Lebens mit allen Sinnen zugewandt war und dessen Residenzen in Paris, Rom, Berlin oder London Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens waren. Nicht zuletzt gelingt es Gall vorzüglich, das faszinierende Zeitalter aufscheinen zu lassen, in dem Humboldt wirkte und das geprägt war von den Erschütterungen der Französischen Revolution, vom Furor Napoleons, von der Neuordnung Europas und von den Anfängen eines deutschen Nationalbewusstseins.
Gall zeigt uns einen Humboldt, der in seiner Weltoffenheit und geistigen Universalität weit über seine Zeit hinausweist, dem großen Dichterfürsten Goethe ebenbürtig und mit bis in unsere Zeit hineinreichender Wirkung. Als Reformer des preußischen Bildungswesens, als Teilnehmer am Wiener Kongress oder als Erforscher der Sprachen der Welt - stets war Humboldt durchdrungen von einem zutiefst humanistischen Menschen- und Gesellschaftsbild. Gall zeichnet aber auch das Porträt eines Mannes, der den schönen Dingen des Lebens mit allen Sinnen zugewandt war und dessen Residenzen in Paris, Rom, Berlin oder London Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens waren. Nicht zuletzt gelingt es Gall vorzüglich, das faszinierende Zeitalter aufscheinen zu lassen, in dem Humboldt wirkte und das geprägt war von den Erschütterungen der Französischen Revolution, vom Furor Napoleons, von der Neuordnung Europas und von den Anfängen eines deutschen Nationalbewusstseins.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.09.2012Humboldts Biograph
Ein großer Biograph großer Männer: Trotzig gegen die Modetrends der eigenen Zunft richtet sich das Werk des Historikers Lothar Gall, der seine größte biographische Tat, die Geschichte des "weißen Revolutionärs" Bismarck, vollbrachte, als die herrschende akademische Meinung Biographien grundsätzlich für unerlaubt hielt. Nun hat sich Gall Wilhelm von Humboldt zugewandt, legendärer Bildungsreformer und "Preuße von Welt", wie es treffend im Untertitel heißt. Die Vorfreude auf den neuen Gall wird bei der Lektüre getrübt: Das Buch ist etwas nachlässig im Detail, geradezu uninteressiert an manchem, was dem Protagonisten doch keineswegs unwichtig gewesen sein dürfte (der Vater stirbt im Nebensatz, Humboldts erotische Abenteuer werden eher widerwillig erwähnt), und die Gegenspieler, Karl August von Hardenberg etwa, bleiben blass. Auch stilistisch, erzählerisch bewegt sich das Buch nicht ganz auf der Höhe früherer Gall-Bücher: Der Verdacht drängt sich auf, dass weite Passagen diktiert sind, nicht geschrieben. Und ist es überhaupt die historische Figur Wilhelm von Humboldt, die den Frankfurter Ordinarius, seit 2005 emeritiert, interessierte? Oder ging es Gall in erster Linie darum, im Gewand der Biographie des Bildungsreformers Fundamentalkritik an heutigen Universitätsreformen zu üben? Das jedenfalls gelingt überzeugend, und auch wenn dabei Wilhelm von Humboldt hier und da etwas zu stark aus dem eigenen Kontext gerät: Es bleibt doch ein Gall, ein Buch also, das trotz allem herausragt aus der "Mehltauprosa" (Joachim Fest) seiner Zunft. (Lothar Gall: "Wilhelm von Humboldt". Ein Preuße von Welt. Propyläen Verlag, Berlin 2011. 443 S., geb., 24,99 [Euro].)
till
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein großer Biograph großer Männer: Trotzig gegen die Modetrends der eigenen Zunft richtet sich das Werk des Historikers Lothar Gall, der seine größte biographische Tat, die Geschichte des "weißen Revolutionärs" Bismarck, vollbrachte, als die herrschende akademische Meinung Biographien grundsätzlich für unerlaubt hielt. Nun hat sich Gall Wilhelm von Humboldt zugewandt, legendärer Bildungsreformer und "Preuße von Welt", wie es treffend im Untertitel heißt. Die Vorfreude auf den neuen Gall wird bei der Lektüre getrübt: Das Buch ist etwas nachlässig im Detail, geradezu uninteressiert an manchem, was dem Protagonisten doch keineswegs unwichtig gewesen sein dürfte (der Vater stirbt im Nebensatz, Humboldts erotische Abenteuer werden eher widerwillig erwähnt), und die Gegenspieler, Karl August von Hardenberg etwa, bleiben blass. Auch stilistisch, erzählerisch bewegt sich das Buch nicht ganz auf der Höhe früherer Gall-Bücher: Der Verdacht drängt sich auf, dass weite Passagen diktiert sind, nicht geschrieben. Und ist es überhaupt die historische Figur Wilhelm von Humboldt, die den Frankfurter Ordinarius, seit 2005 emeritiert, interessierte? Oder ging es Gall in erster Linie darum, im Gewand der Biographie des Bildungsreformers Fundamentalkritik an heutigen Universitätsreformen zu üben? Das jedenfalls gelingt überzeugend, und auch wenn dabei Wilhelm von Humboldt hier und da etwas zu stark aus dem eigenen Kontext gerät: Es bleibt doch ein Gall, ein Buch also, das trotz allem herausragt aus der "Mehltauprosa" (Joachim Fest) seiner Zunft. (Lothar Gall: "Wilhelm von Humboldt". Ein Preuße von Welt. Propyläen Verlag, Berlin 2011. 443 S., geb., 24,99 [Euro].)
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Mit viel Lob bedenkt Rezensent Hans-Albrecht Koch diese Biografie Wilhelm von Humboldts, die Lothar Gall vorgelegt hat. Wie in seinen Werken über Bismarck, Krupp oder Walther Rathenau gelingt es dem Historiker zur Freude des Rezensenten auch in vorliegendem Buch, individuelle Existenz und Epoche überzeugend miteinander zu verschränken. Ausführlich rekapituliert Koch Leben und Karriere von Humboldt, zeigt ihn als Diplomaten und Beamten, als Philosoph, Sprachwissenschaftler und Bildungstheoretiker. Galls Arbeit zeichnet sich für ihn durch eine Sprache von "nüchterner Eleganz" und durch einen gelungenen Aufbau aus. Er attestiert dem Autor, die gewaltigen Stoffmassen souverän zu bändigen und durch klug eingesetzte Wiederholungen, Variationen und Pausen dem Leser die Lektüre und die Aufnahme des Stoffes zu erleichtern.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein großer Biograph großer Männer: Trotzig gegen die Modetrends der eigenen Zunft.« FAZ 20120907