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Willi Baumeister gehört zu den wenigen herausragenden Künstlern, die der deutsche Südwesten im 20. Jahrhundert hervorgebracht hat. Ein erster Höhepunkt seiner Entwicklung war mit den konstruktiven Bildern der zwanziger Jahre erreicht. Organisch-bewegte und auf die Quellen des Mythischen anspielende Gestaltungen schlossen sich an, bevor nach dem Zweiten Weltkrieg ein reich facettiertes Spätwerk entstand, das in der monumentalen Verdichtung der Montarubilder kulminiert. Von den Nationalsozialisten als "entartet" verfemt, ging Baumeister mit unbeirrbarer Konsequenz seinen Weg und hinterließ ein…mehr

Produktbeschreibung
Willi Baumeister gehört zu den wenigen herausragenden Künstlern, die der deutsche Südwesten im 20. Jahrhundert hervorgebracht hat. Ein erster Höhepunkt seiner Entwicklung war mit den konstruktiven Bildern der zwanziger Jahre erreicht. Organisch-bewegte und auf die Quellen des Mythischen anspielende Gestaltungen schlossen sich an, bevor nach dem Zweiten Weltkrieg ein reich facettiertes Spätwerk entstand, das in der monumentalen Verdichtung der Montarubilder kulminiert. Von den Nationalsozialisten als "entartet" verfemt, ging Baumeister mit unbeirrbarer Konsequenz seinen Weg und hinterließ ein nach Umfang und Rang imponierendes Werk.
Der Werkkatalog seiner Gemälde wurde von Peter Beye, dem früheren Direktor der Staatsgalerie Stuttgart, und Felicitas Baumeister, der Tochter des Künstlers, gemeinsam bearbeitet. Er umfasst etwa 2200 Bilder, die ausführlich und auf der Grundlage sorgfältiger archivalischer Recherchen dokumentiert sind. Gegenüber der Monografie von Will Grohmann aus demJahre 1963 um annähernd 500 Werknummern erweitert, löst der Katalog ein seit langem bestehendes Desiderat ein.
Zum Künstler:
Willi Baumeister (Stuttgart 1889-1955 Stuttgart). Studium an der Stuttgarter Akademie bei Adolf Hoelzel, Freundschaft mit Oskar Schlemmer. Lernt 1924 in Paris Le Corbusier, Fernand Léger und Ozenfant kennen. 1928-1933 Lehrer an der Städelschule in Frankfurt. Erhält 1933 Berufsverbot, 1941 Ausstellungsverbot. 1946-1955 Professor an der Stuttgarter Akademie.
Autorenporträt
Felicitas Baumeister, Tochter von Willi Baumeister, gründete das Baumeister Archiv.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.11.2002

Immer schön sprunghaft bleiben
Arbeiten im widerständigen Plural: Der Werkkatalog zeigt, daß Willi Baumeister künstlerisch trotzdem alle Höhen meisterte

Wieder einmal, im Wust der Produktion, eine wichtige und definitive Veröffentlichung: das OEuvreverzeichnis der Gemälde von Willi Baumeister. Der kolossale, 2200 Nummern umfassende Werkkatalog, den Peter Beye und Felicitas Baumeister präsentieren, liegt nun in einer zweibändigen Ausgabe vor. Er folgt dem Band "Werkverzeichnis der Zeichnungen, Gouachen und Collagen", den Dietmar J. Ponert vor vierzehn Jahren bei DuMont in Zusammenarbeit mit Felicitas Baumeister vorgelegt hatte.

Eine notwendige, gewissenhaft genau recherchierte Arbeit kam zustande. Aufschlußreich der Beginn, von Lokalem geprägt, dem dann plötzlich dank der Begegnung mit Cézannes "Badenden" ein Durchbruch folgt, der dem jungen Baumeister noch vor dem Eintritt in das Atelier von Hölzel die Augen öffnet. Die tiefe, für die Dauer entscheidende Affinität zur französischen Kunst unterstreicht 1911 ein zweimonatiger Aufenthalt in Paris.

Hier werden die Weichen gestellt, die Baumeister später zu Freundschaften mit Le Corbusier und Léger führen sollten. Auch Konzepte wie Spontaneität verweisen auf das, was sich in den zwanziger und dreißiger Jahren in Paris durchsetzt. Es ist die Beschäftigung mit der "écriture automatique", mit der Improvisation, die wir nun ständig hinter Baumeisters Arbeiten am Werk sehen. Die Hinwendung zu hybriden, biomorphen Formen führt ihn in die Nähe zu Arp oder Miró. Das hat nichts mit Mimese zu tun, das spricht für den Zeitgeist. Auch Dalí, Tanguy, Picasso setzen diese Zellwucherung stilistisch und thematisch ein. Der Umgang mit Otto Meyer-Amden, mit Oskar Schlemmer entzieht der Frühzeit sehr schnell das Provinzielle. Für Künstler, die wie Baumeister auf so eindrucksvolle Weise mit dem Experiment und mit der Offenheit der Recherche Umgang haben, ist der systematische Blick auf das Gesamtwerk und auf eine lückenlose und genaue Chronologie unerläßlich.

Denn das Entscheidende des Vorgehens im Werk, dem wir in der vorliegenden Publikation in seiner Fülle begegnen, hängt nicht an der Realisierung von Konzepten, die sich mehr und mehr auf eine Substanz und auf eine "Lösung" zu verengen. Mit Recht unterstreicht Peter Beye das Fazit der langen Beschäftigung mit dem Werk. Dieses entwickle sich nicht kontinuierlich, sondern entstehe in Schüben, in denen gleichzeitig auch frühere Werkphasen fortwirken. Dieser Befund kennzeichnet das im Werk, was in ihm auf der Höhe der Zeit geblieben ist. Es ist letztlich dieselbe Qualität der Unruhe, die das phänomenalste OEuvre des zwanzigsten Jahrhunderts nährt, das Picassos. Auch dort gibt es keine geordnete, teleologische Entwicklung. Zwischen die entscheidenden formalen Entwicklungsstufen schiebt sich ständig die Revision früherer Formen. Diese werden nie als abgeschlossen betrachtet. Es ist der schwebende Zeitbegriff, der die so auffällige Sprunghaftigkeit im Werk Baumeisters erklären kann.

Diese Unbeständigkeit ist dem Verständnis des Werks immer wieder im Weg gestanden. Doch die Notwendigkeit des experimentellen Vorgehens, das prüft und verwirft, wird jedem, der die Publikation in die Hände nimmt, entzifferbar. Baumeister gehört zu den Exponenten einer optimistischen Moderne, die davon ausgingen, daß die künstlerische Beschäftigung nach und nach zur Selbstentdeckung des Künstlers und zur Selbstentdeckung der modernen Kunst führen mußte. Ein Bekenntnis Baumeisters, das zugleich einen der bekanntesten Buchtitel aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg abgab, "Das Unbekannte in der Kunst", unterstreicht den fundamentalen Sinn von ästhetischem Wagemut und Experiment. Beye zitiert denn auch in seiner Einführung, in der er den Weg Baumeisters mit Präzision nachzeichnet, ein Statement aus dieser Publikation des Künstlers, das auf eindrucksvolle Weise unterstreicht, wie diesem Werk eine Art "Trial and error"-Verfahren als Ausgangsideologie dienen konnte. Wir finden dieses Vorgehen, das weniger auf das Einzelwerk als auf die Serie abhebt, auch bei anderen großen Figuren dieser Generation, so bei Josef Albers, der auf ähnliche Weise gegen die Rechthaberei und die Kanonisierung formaler Resultate den Glauben an Modalität und Experiment in den Vordergrund stellt.

Der Blick auf die Fülle der Varianten der zahlreichen, klar geschiedenen Werkgruppen, der "Mauerbilder", "Flächenkräfte", "Maschinenbilder", "Sportbilder", zeigt dieses ständige Arbeiten im Plural. Denn mag das Vorgehen des Künstlers auch hochintellektuell gewesen sein, nie verschwindet die Realisation hinter skeptisch-konzeptueller Attitüde. Wir lesen bei Baumeister: "Der originale Künstler landet nicht mit dem Resultat seines Schaffens in seiner vorangestellten Vision . . . Selbst wenn der Künstler, bewegt von einem unfaßbaren Unwillen, in hohem Bewußtsein seiner Handlung, seine Sache sagt, meißelt oder malt, läßt er sich überraschen von dem, was unter seinen Händen entsteht."

Solche Sätze notiert er während der Jahre des Nationalsozialismus. 1933 wurde Baumeister aus seinem Lehramt an der Städelschule in Frankfurt entlassen. Dies kam einem Malverbot und damit einem kalkulierten Totschweigen gleich. Die großzügigen Beziehungen zum Ausland, die für Baumeister so entscheidend waren, versiegten mit einem Schlag. Kandinsky, der mit ihm eng verbunden war, hatte seinem Freund noch 1931 mitgeteilt: "Vor rund einem Jahr war ich kurze Zeit in Paris und bemerkte dort, daß Sie die Franzosen sehr interessieren. Und es gibt nur wenig deutsche Künstler, die dort ernst genommen werden."

Es ist eine Feststellung, die traurig stimmt, die von vielen verpaßten Gelegenheiten spricht. Von diesem Bruch hat sich die Rezeption des Werks zu Lebzeiten des Künstlers nicht mehr richtig erholen können. Vieles von dem, was Baumeister in den dreißiger und vierziger Jahren realisierte, wurde von der ästhetischen Beschäftigung der deutschen Nachkriegszeit verharmlost. Der Begriff "innere Emigration", mit dem man diese Bilder nun rechtfertigen wollte, rettete nur den moralischen Aspekt, nicht jedoch die große Zeitgenossenschaft, die dazu auffordert, das Werk endlich neben Kline, Hartung und Pollock wahrzunehmen.

WERNER SPIES

Peter Beye, Felicitas Baumeister: "Willi Baumeister". Werkkatalog der Gemälde. Zwei Bände. Verlag Hatje Cantz, Stuttgart 2002. 1088 S., 2286 Abb., davon 48 in Farbe, geb., 298,- [Euro].

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"Eine notwendige, gewissenhaft genau recherierte Arbeit." FAZ "Mit der ausführlichen Biografie, dem üppigen Illustrationsteil, Ausstellungs- und Literaturverzeichnis sowie einer Konkordanz zu Grohmann ausgestattet, erfüllt das zweibändige, schwergewichtige Werk den hohen Anspruch des nunmehr authentischen Standardwerks zum OEuvre Willi Baimeisters." Stuttgarter Zeitung "Abweichungen, Neu- und Wiederentdeckungen gegenüber der Werkmonografie von Willi Grohmann (1963) machen die kunstwissenschaftliche Kärrnerarbeit zum Standardwerk der Baumeisterrezeption." Stuttgarter Nachrichten "Kein Zweifel, dieser kunsthistorisch fundierte Katalog ... bringt die Baumeister-Forschung auf den neuesten Stand." art "Kein Zweifel, dieser kunsthistorisch fundierte Katalog, mit seinen 2200 sorgfältig dokumentierten Gemälden bringt die Baumeister-Forschung auf den neuesten Stand." art "Das zweibändige Opus (Gewicht 7,2 Kilogramm) ist ein Meilenstein der Forschung."

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als "wichtige und definitive Veröffentlichung" würdigt Rezensent Werner Spieß den Werkkatalog der Gemälde von Willi Baumeister, den Peter Beye und Felicitas Baumeister präsentieren. Entstanden ist nach Ansicht von Spieß eine "notwendige, gewissenhaft genau recherchierte Arbeit. Beeindruckend findet Spieß vor allem Baumeisters Experimente und seine "Offenheit der Recherche". So stimmt der Rezensent Beyes Einschätzung zu, dass sich Baumeisters Werk nicht kontinuierlich, sondern in Schüben, in denen gleichzeitig auch frühere Werkphasen fortwirken, entstanden sei. "Es ist letztlich dieselbe Qualität der Unruhe", charakterisiert Spieß den Künstler, "die das phänomenalste Oeuvre des zwanzigsten Jahrhunderts nährt, das Picassos." Auch dort gebe es keine geordnete, teleologische Entwicklung. Diese Unbeständigkeit Baumeisters hat nach Auffassung von Spieß dem Verständnis des Werks immer wieder im Weg gestanden. Umso verdienstvoller findet er, dass mit Beyes und Baumeisters Werkkatalog nun jedem, der den Band in die Hände nimmt, die Notwendigkeit von Baumeisters experimentellem Vorgehen, das prüft und verwirft, entzifferbar werde.

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