Einsam haben sich Herr Lohmeier und seine Frau in ihrem Haus gefühlt, bis sie sich beim Bauern einen ganz kleinen Kater besorgen. Sie nennen ihn Willi, weil Katzen so gut auf Namen mit möglichst vielen "i" hören. Aber Willi wächst und wächst und hört nicht auf zu wachsen. Bald muss er im Auto auf dem Beifahrersitz sitzen und Herr Lohmeier muss sein geliebtes Mittagsschlaf-Sofa räumen. Plötzlich heißt es: "Bei Lohmeiers lebt ein Monster!". Raubtierfänger und Fernsehteams rücken an, aber die Lohmeiers geben ihren Willi nicht her ... Der hat sowieso etwas ganz anderes im Kopf: Er hat sich in eine kleine rote Katze verliebt. Ein Bilderbuch mit subtilem Humor für alle, die Tiere und Katzen mögen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.05.2014Der größte Kater aller Zeiten
Was ist nur mit Willi los? Der Zeichner Hans Traxler, der heute 85 Jahre alt wird, erzählt die Geschichte vom Kätzchen, das so groß wie ein Nilpferd wurde.
An seinem heutigen Geburtstag müssen wir uns gratulieren: dass wir ihn und seine Bücher haben. Hans Traxler ist auch mit 85 Jahren produktiv wie eh und je, was sich schon daran zeigt, dass pünktlich zum Ehrentag sein neues Bilderbuch fertig geworden ist: "Willi - Der Kater, der immer größer wurde". Und dass erst wenige Monate zuvor in der Insel-Bücherei die von ihm hinreißend illustrierte Tschechow-Erzählung "Die Dame mit dem Hündchen" erschien, sei hier auch noch nachgetragen; man kommt bei Traxlers Schaffenskraft kaum nach. Es ist eine Lust zu lesen.
Bei "Willi" ist indes vor einem Missverständnis zu warnen: Es ist kein Kinderbuch. Was nicht heißen soll, dass Kinder keinen Spaß hätten mit dem im Haus des Ehepaars Lohmeier aufgenommenen winzigen Kätzchen, das sich unversehens zu einem nilpferdgroßen Kater auswächst. Traxlers Kunst liegt darin, alle Lebensalter zu erfreuen, doch da seine Geschichten oft autobiographisch grundiert sind, profitieren gerade Erwachsene vom subtilen Schalk eines Mannes, der im Leben viel gesehen hat - auch viel Unerfreuliches.
Hans Traxler wurde 1929 in Böhmen geboren, in einem Ort mit dem schönen Namen Herrlich. Als er sechzehn war, wurde seine Familie vertrieben, und nur deshalb darf sich heute Frankfurt seine Heimatstadt nennen und das Privileg genießen, immer wieder mit Details des städtischen Lebens in Traxlers Büchern verewigt zu werden, so diesmal mit dem prachtvollen Baum, der vor der Wohnung des Zeichners im Nordend steht. Dieser Baum ist das Ziel der Sehnsucht eines Katers, der zu groß geworden ist, um das Haus verlassen zu dürfen.
Sehnsüchte sind ein wiederkehrendes Motiv in Traxlers Werk, und man mag darin ebenso einen Reflex seiner verlorenen Kindheitswelt sehen wie in der Liebe des Zeichners zur sanften Alpenvorlandschaft am Ammersee, wo das Ehepaar Traxler regelmäßig die Sommer verbringt (und die idyllische Landschaft für die Dekors von "Willi" herstammt). Zugleich aber ist Traxler auch ein begnadeter Spötter und Zeitkritiker, so zuletzt in seinem 2013 erschienenen illustrierten Sommergedicht "Süden", in dem er seinem ganzen Zorn über die lärmenden Kreuzfahrtschiffe vor der Côte d'Azur Luft machte. Auch das war natürlich selbst erlebt: als Feriengast bei guten Freunden. Und schon wenig später kam jener kleine Kater ins Frankfurter Heim der Traxlers, der den Zeichner dann zu "Willi" anregen sollte. Alles wird bei ihm zum Buch - was für ein Glück.
Die Lektüre von "Willi" ist eine Augenlust, so zahlreich sind die winzigen Details, die vom scharfen Blick Traxlers für seine Umgebung künden, und so wunderbar sind die ältlichen Lohmeiers charakterisiert, die mit souveräner Nonchalance das Ungetüm im Haus betreuen. Wie etliche menschliche Protagonisten Traxlers sind sie stille Bürger, die sich ihre eigene Welt schaffen, weil die sonstige zu schnell lebt und urteilt.
Hans Traxler, das wissen seine Freunde und Leser, lebt und urteilt selbst gern, aber er tut es mit jener Abgeklärtheit, die nicht mit Altersmilde zu verwechseln ist, sondern auf Erfahrung beruht. Die hat ihn aber auch gelehrt, wann es sich lohnt, beharrlich zu bleiben, weil es die Gegenstände seines Spotts auch sind: die katholische Kirche, die Hässlichkeit der Innenstädte, die ästhetische Arroganz gegenüber einer Kunst, die auf Handwerk basiert. Zu seinem Geburtstag hat er sich von seinen Gästen keine Geschenke gewünscht, sondern Gedichte - aber unbedingt gereimte.
ANDREAS PLATTHAUS
Hans Traxler: "Willi". Der Kater, der immer größer wurde.
Carl Hanser Verlag, München 2014. 32 S., Abb., geb., 15,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Was ist nur mit Willi los? Der Zeichner Hans Traxler, der heute 85 Jahre alt wird, erzählt die Geschichte vom Kätzchen, das so groß wie ein Nilpferd wurde.
An seinem heutigen Geburtstag müssen wir uns gratulieren: dass wir ihn und seine Bücher haben. Hans Traxler ist auch mit 85 Jahren produktiv wie eh und je, was sich schon daran zeigt, dass pünktlich zum Ehrentag sein neues Bilderbuch fertig geworden ist: "Willi - Der Kater, der immer größer wurde". Und dass erst wenige Monate zuvor in der Insel-Bücherei die von ihm hinreißend illustrierte Tschechow-Erzählung "Die Dame mit dem Hündchen" erschien, sei hier auch noch nachgetragen; man kommt bei Traxlers Schaffenskraft kaum nach. Es ist eine Lust zu lesen.
Bei "Willi" ist indes vor einem Missverständnis zu warnen: Es ist kein Kinderbuch. Was nicht heißen soll, dass Kinder keinen Spaß hätten mit dem im Haus des Ehepaars Lohmeier aufgenommenen winzigen Kätzchen, das sich unversehens zu einem nilpferdgroßen Kater auswächst. Traxlers Kunst liegt darin, alle Lebensalter zu erfreuen, doch da seine Geschichten oft autobiographisch grundiert sind, profitieren gerade Erwachsene vom subtilen Schalk eines Mannes, der im Leben viel gesehen hat - auch viel Unerfreuliches.
Hans Traxler wurde 1929 in Böhmen geboren, in einem Ort mit dem schönen Namen Herrlich. Als er sechzehn war, wurde seine Familie vertrieben, und nur deshalb darf sich heute Frankfurt seine Heimatstadt nennen und das Privileg genießen, immer wieder mit Details des städtischen Lebens in Traxlers Büchern verewigt zu werden, so diesmal mit dem prachtvollen Baum, der vor der Wohnung des Zeichners im Nordend steht. Dieser Baum ist das Ziel der Sehnsucht eines Katers, der zu groß geworden ist, um das Haus verlassen zu dürfen.
Sehnsüchte sind ein wiederkehrendes Motiv in Traxlers Werk, und man mag darin ebenso einen Reflex seiner verlorenen Kindheitswelt sehen wie in der Liebe des Zeichners zur sanften Alpenvorlandschaft am Ammersee, wo das Ehepaar Traxler regelmäßig die Sommer verbringt (und die idyllische Landschaft für die Dekors von "Willi" herstammt). Zugleich aber ist Traxler auch ein begnadeter Spötter und Zeitkritiker, so zuletzt in seinem 2013 erschienenen illustrierten Sommergedicht "Süden", in dem er seinem ganzen Zorn über die lärmenden Kreuzfahrtschiffe vor der Côte d'Azur Luft machte. Auch das war natürlich selbst erlebt: als Feriengast bei guten Freunden. Und schon wenig später kam jener kleine Kater ins Frankfurter Heim der Traxlers, der den Zeichner dann zu "Willi" anregen sollte. Alles wird bei ihm zum Buch - was für ein Glück.
Die Lektüre von "Willi" ist eine Augenlust, so zahlreich sind die winzigen Details, die vom scharfen Blick Traxlers für seine Umgebung künden, und so wunderbar sind die ältlichen Lohmeiers charakterisiert, die mit souveräner Nonchalance das Ungetüm im Haus betreuen. Wie etliche menschliche Protagonisten Traxlers sind sie stille Bürger, die sich ihre eigene Welt schaffen, weil die sonstige zu schnell lebt und urteilt.
Hans Traxler, das wissen seine Freunde und Leser, lebt und urteilt selbst gern, aber er tut es mit jener Abgeklärtheit, die nicht mit Altersmilde zu verwechseln ist, sondern auf Erfahrung beruht. Die hat ihn aber auch gelehrt, wann es sich lohnt, beharrlich zu bleiben, weil es die Gegenstände seines Spotts auch sind: die katholische Kirche, die Hässlichkeit der Innenstädte, die ästhetische Arroganz gegenüber einer Kunst, die auf Handwerk basiert. Zu seinem Geburtstag hat er sich von seinen Gästen keine Geschenke gewünscht, sondern Gedichte - aber unbedingt gereimte.
ANDREAS PLATTHAUS
Hans Traxler: "Willi". Der Kater, der immer größer wurde.
Carl Hanser Verlag, München 2014. 32 S., Abb., geb., 15,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Kein Kinderbuch sieht Andreas Platthaus in diesem neuen Bilderbuch des Zeichners Hans Traxler. Was nicht bedeutet, dass nicht auch ein Kind sich damit vergnügen kann. Nur dass Platthaus eben so viel Freude an Traxlers vom Schalk geküsster Katergeschichte hat, an ihrer Subtilität und ihrem Spott (gegen alles Hässliche etwa), an des Autors scharfem Blick für Details und den allenthalben eingebauten autobiografischen Elementen, dass er meint, so etwas müsse immerhin und vor allem auch für Erwachsene gemacht sein. Das Buch, lernen wir, erscheint pünktlich zu Traxlers 85. Geburtstag.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Es gibt viel zu entdecken, für Kinder und Erwachsene, kein typisches Kinderbuch, sondern eines, an dem alle ihre Freude haben werden. " Rolf Brockschmidt, Der Tagesspiegel, 20.02.15
"Man kommt bei Traxlers Schaffenskraft kaum nach. Es ist eine Lust zu lesen. ... Die Lektüre von Willi ist eine Augenlust, so zahlreich sind die winzigen Details, die vom scharfen Blick Traxlers für seine Umgebung künden." Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.05.14
"Sich selbst zum Objekt liebevoll-bissiger Satire zu machen gelingt nur großen Karikaturisten - Hans Traxler zum Beispiel, in seinem neuen Bilderbuch Willi, der Kater, der immer größer wurde." Roswitha Budeus-Budde, Süddeutsche Zeitung, 27.06.14
"Der typische Traxler-Strich - flott, schwungvoll und großzügig - verbindet sich wieder einmal mit einer fast zärtlichen Zuneigung zum Detail. ... Sein Schalk garantiert jeder Generation ihren eigenen Spaß. Denn so hübsch-fantastisch die Geschichte für die Kleinen ist, so nachdenklich macht sie die Großen. " Sylvia Schwab, Deutschlandradio, 02.09.14
"Ein Bilderbuch mit subtilem Humor für alle, die Tiere und Katzen mögen." Deutschlandfunk, 06.06.14
"Ein wunderbares Buch!" Hajo Steinert, Deutschlandfunk, 06.09.14
"Man kommt bei Traxlers Schaffenskraft kaum nach. Es ist eine Lust zu lesen. ... Die Lektüre von Willi ist eine Augenlust, so zahlreich sind die winzigen Details, die vom scharfen Blick Traxlers für seine Umgebung künden." Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.05.14
"Sich selbst zum Objekt liebevoll-bissiger Satire zu machen gelingt nur großen Karikaturisten - Hans Traxler zum Beispiel, in seinem neuen Bilderbuch Willi, der Kater, der immer größer wurde." Roswitha Budeus-Budde, Süddeutsche Zeitung, 27.06.14
"Der typische Traxler-Strich - flott, schwungvoll und großzügig - verbindet sich wieder einmal mit einer fast zärtlichen Zuneigung zum Detail. ... Sein Schalk garantiert jeder Generation ihren eigenen Spaß. Denn so hübsch-fantastisch die Geschichte für die Kleinen ist, so nachdenklich macht sie die Großen. " Sylvia Schwab, Deutschlandradio, 02.09.14
"Ein Bilderbuch mit subtilem Humor für alle, die Tiere und Katzen mögen." Deutschlandfunk, 06.06.14
"Ein wunderbares Buch!" Hajo Steinert, Deutschlandfunk, 06.09.14