Nach den weit über fünfzig vollständigen Übertragungen der Sonette Shakespeares ins Deutsche - mit der poetisch gewaltigen Adaption Stefan Georges (1909) und den beeindruckenden Annäherungen von Hanno Helbling (1983), Christa Schuenke (1994) und Michael Mertes (2006) - sowie den zahlreichen Teilübersetzungen, darunter auch die von Paul Celan (1964 / 1967), legt Hans-Werner Scharf neue Übersetzungen von 44 ausgewählten Gedichten vor. Motiviert sind diese durch den entschiedenen Vorsatz, das im übersetzerischen und übersetzungstheoretischen Milieu ubiquitäre Klischee bzw. Vorurteil zu widerlegen, eine literarische Übersetzung könne nur entweder genau oder schön sein. Dagegen versucht er zu demonstrieren, dass auch Gedichtübersetzungen nicht notwendigerweise vor der tradierten Disjunktion von Philologie und Poesie kapitulieren müssen - in der Hoffnung, dass das ziemlich Genaue doch auch gebührend schön sein kann. Künstlerisch interpretiert werden die übersetzten Sonette von Harald Forst, der oftmals in einer Collage-Technik den Bilder- und Gedankenreichtum, den hintergründigen Witz und die schonungslose Ehrlichkeit, mit denen Shakespeare Leben, Liebe, Lust und Leid poetisch inszeniert hat, bildlich einfühlsam und erfindungsreich kongenial vermittelt.