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Brandt und Schmidt - die Unvergleichlichen. Willy Brandt und Helmut Schmidt - zwei bedeutende Persönlichkeiten, die gegensätzlicher nicht hätten sein können. Doch das Bild vom Visionär und Zauderer Brandt und dem Macher und Realisten Schmidt greift zu kurz, wie Gunter Hofmann überzeugend nachweist. Hofmanns genaue Kenntnis der Akteure und Ereignisse sowie sein feines Gespür für die psychologischen Konstellationen machen dieses Doppelporträt der zwei politischen Weggefährten zu einer spannenden Lektüre.
"Der Wehrmachtssoldat und der Emigrant - zweierlei geradezu ideale Projektionsflächen
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Produktbeschreibung
Brandt und Schmidt - die Unvergleichlichen.
Willy Brandt und Helmut Schmidt - zwei bedeutende Persönlichkeiten, die gegensätzlicher nicht hätten sein können. Doch das Bild vom Visionär und Zauderer Brandt und dem Macher und Realisten Schmidt greift zu kurz, wie Gunter Hofmann überzeugend nachweist. Hofmanns genaue Kenntnis der Akteure und Ereignisse sowie sein feines Gespür für die psychologischen Konstellationen machen dieses Doppelporträt der zwei politischen Weggefährten zu einer spannenden Lektüre.

"Der Wehrmachtssoldat und der Emigrant - zweierlei geradezu ideale Projektionsflächen boten sie für die Deutschen. Im Selbstverständigungsprozess der Bundesrepublik übernahmen sie, anfangs kaum bemerkt auch von ihnen selbst, allmählich eine Schlüsselrolle als Stimmen mit eigener Autorität, von denen es gar zu viele nicht gab ..."
Autorenporträt
Gunter Hofmann, Jahrgang 1942, hat Politische Wissenschaften, Philosophie und Soziologie studiert, zunächst für die Stuttgarter Zeitung, seit 1977 für die Zeit als Korrespondent in Bonn gearbeitet, dann viele Jahre das Berliner Büro der Zeit geleitet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2012

Befragtes Ungesagtes
Zwei Genossen als Parteifreunde: Willy Brandt und Helmut Schmidt

Mit Nostalgie blicken viele Sozialdemokraten zurück auf die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, auf das "sozialdemokratische Jahrzehnt". Die beiden SPD-Bundeskanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt sind in unterschiedlicher Weise die Referenzpersonen der Partei geworden und genießen darüber hinaus in der deutschen Öffentlichkeit größtes Ansehen. Die Präferenzen sind unterschiedlich und wechseln bisweilen. So bekannte der dritte sozialdemokratische Kanzler der Bundesrepublik, Gerhard Schröder, dass er in seiner politischen Laufbahn manchmal "Brandtianer" und manchmal "Schmidtianer" gewesen sei.

Die Literatur über die Regierungszeit Brandts und Schmidts ist wahrlich umfassend, und beiden Kanzlern sind große politische Biographien gewidmet worden. Selbstverständlich wird dort auch das Verhältnis zwischen ihnen behandelt. Jetzt wird es ausdrücklich zum Studienobjekt gemacht - im Vergleich zwischen den "Unvergleichlichen" (so die Überschrift des Schlusskapitels). Der langjährige "Zeit"-Chefkorrespondent hat die Geschichte spannend in Szene gesetzt. Sie beginnt mit dem "letzten Bild", dem Kölner SPD-Parteitag im November 1983, als der ein Jahr zuvor abgewählte Kanzler Schmidt für seine Position in der Nachrüstungsfrage gerade mal dreizehn Unterstützer findet und die übergroße Mehrheit Brandt folgt - und als dann beide wort- und grußlos von dannen gehen. Gunter Hofmann hat gewiss recht, wenn er schreibt, dass dieses "letzte, dramatische Bild ein endgültiges Zerwürfnis - und die nackte Wahrheit" zu enthüllen schien und so haftenblieb. Sein Buch will die Geschichte neu und zu Ende erzählen. Es handelt - so der Autor - "vom Ungesagten zwischen den beiden".

In fünf großen Kapiteln wird die "schwierige Freundschaft" etappenweise nachgezeichnet (mit einem exkursartigen Einschub über die "Briefpartner"). Die unterschiedliche Herkunft, die konträren Lebensverhältnisse und Erfahrungen in der Jugendzeit und im frühen Mannesalter werden ausführlich geschildert, denn in dieser Verschiedenheit der Lebenswelten sieht der Autor (wie er am Schluss hervorhebt) eine wesentliche Erklärung für die späteren Spannungen. Die Stichworte lauten: "unbehauste" und politische Jugend des Älteren und "behauste" und apolitische Jugend des Jüngeren. Auf der einen Seite der sozialistische Aktivist im Endkampf der Weimarer Republik und im erzwungenen Exil, das ihn zum Sozialdemokraten skandinavischer Prägung werden ließ. Auf der anderen Seite der unpolitische Wehrmachtsoldat, nicht verwurzelt in der alten Arbeiterbewegung. Andersartige, teils gegensätzliche Erfahrungen also, aber (es sei hinzugefügt) auch die beiderseitige Erfahrung der Machtlosigkeit bildeten den lebensgeschichtlichen Hintergrund, als beide heimgekehrt waren aus Exil und aus Krieg und Gefangenschaft und begannen, bei der Neugestaltung des kriegszerstörten Deutschlands als überzeugte Sozialdemokraten mitzuwirken. Brandt gewann in Berlin, Schmidt in Hamburg politisches Profil; sie wurden so zu bundesweit bekannten Führungspersönlichkeiten (Mauerbau und Sturmflut).

Politische Freundschaft entstand bezeichnenderweise in der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Dass Brandt auf der Seite der Hitler-Gegner aktiv gewesen war, zeichnete ihn aus. Der ehemalige Wehrmachtsoldat Schmidt empfand es als moralische Entlastung, als Brandt auf dem Parteitag in Hannover (1960) nicht nur die Emigranten-Hetze (die ihn persönlich tief verletzte) und andere üble Geschichtslegenden entschieden zurückwies, sondern zugleich dazu aufrief, zwischen Schuld und Irrtum zu unterscheiden und auch die millionenfache Opferbereitschaft der Bevölkerung nicht zu verachten, nur weil sie schändlich und verbrecherisch missbraucht wurde. Gunter Hofmann meint, dass mit diesem Aufruf Brandts zur versöhnenden gemeinsamen Arbeit "die wirkliche Basis zur engen Beziehung zwischen Brandt und Schmidt" gelegt wurde. Noch fünf Jahre später schrieb Schmidt dem zum Kanzlerkandidaten avancierten Willy Brandt einen "Brief tiefer Freundschaft und zugleich großen Respekts".

Hofmann zeigt, wie ungefähr ab 1968 der "alte Grundkonsens" überschattet und schließlich zerstört wurde. Die ostpolitische Wende wurde noch im Konsens vollzogen; der Kanzler bewies Führungsstärke. Indes, die unterschiedliche Reaktion auf die kritische junge Generation in der eigenen Partei, die Auseinandersetzung über die Notstandsgesetze, dann die Differenzen über innenpolitische Entscheidungen in der ersten Regierungszeit (mit der Dauerkritik des Ministers Schmidt an der mangelnden Führung des Kanzlers) - all das führte dazu, dass schon vor dem Rücktritt Brandts vom alten Vertrauensverhältnis "nichts mehr geblieben" war. Wehner und Schmidt wollten Brandt ins Bundespräsidentenamt abschieben, und Brandt arrangierte sich mit dem illoyalen Wehner, weil er meinte, wenn er ihn zwinge zu gehen, "dann kommt Schmidt". Wie man weiß, "kam" er sehr bald (dass er - der "Nebenkanzler" - 1974 ernsthaft gezögert habe, hält Hofmann für glaubwürdig).

Was sich dann zwischen dem neuen Kanzler und dem alten Parteivorsitzenden abspielte, ist in dem Kapitel "Schisma" nachzulesen. Am schärfsten ist der Konflikt über die Nachrüstung und die Friedensbewegung. Brandts abfällige Bemerkung, Entspannungspolitik lasse sich nicht "in eine militärische Gleichgewichtsphilosophie übersetzen", ist bezeichnend. Das zielte auf Schmidt. Für den Kanzler war Entspannungspolitik "die Fortsetzung der Strategie des Gleichgewichts unter Hinzuziehung anderer Mittel". Diese klare Definition sucht man bei Hofmann vergeblich. Nur wenn man diese Grundauffassung Schmidts, die der Kanzler immer wieder formulierte und in der operativen Politik beharrlich vertrat, gebührend thematisiert, wird man ihm gerecht. Parteivorsitzender gegen Kanzler, Gegnerschaft statt Freundschaft! Treffend Hofmanns Diagnose, dass sich schon vor dem Kanzlersturz zeigte: "Zerrissen war die SPD faktisch zwischen Kanzler-Linie und Brandt-Linie."

Brandt "siegte" in der Nachrüstungsfrage über Schmidt. Aber vier beziehungsweise fünf Jahre später fand Schmidts strategisches Konzept seine realpolitische Bestätigung. Die "Null-Lösung" bei den Mittelstreckenraketen hatte - schon allein logisch, inhaltlich wird es durch die Beratungen im Politbüro der KPdSU verifiziert - die Nachrüstung zur Voraussetzung, und die war von Kanzler Helmut Kohl (CDU) gegen die von Brandt geführte SPD und die Friedensbewegung in der Bundesrepublik durchgesetzt worden. Hofmann hält sich bedeckt im heftigen Streit darüber, wer schließlich im Recht gewesen sei. Er findet offenbar Gefallen an Schmidts späterem versöhnlichen Vorschlag gegenüber dem "Brandtianer" Egon Bahr ("we agree to disagree").

Die These, mit dem Mauerfall 1989 habe sich "alles, natürlich auch die Spannungen zwischen Brandt und Schmidt, relativiert", passt gut zu den nachträglichen Harmonisierungen beider Politiker. Das Bild vom Kölner Parteitag soll eben doch nicht als letztes, die Wirklichkeit enthüllendes Bild haftenbleiben. Was nach Schmidts Worten (im auch von Hofmann zitierten Brief an Brandt vom 11. November 1983) ein grundsätzlicher politischer Richtungsstreit war, der das Verhältnis zueinander ein Jahrzehnt lang bestimmte, wird am Schluss des Buches entschärft; das Antagonistische wird, quasi dialektisch vermittelt, ins Positive gewendet - mit dem psychologischen Konstrukt eines "Ergänzungsverhältnisses der Eigenschaften der beiden" (Horst-Eberhard Richter). Hofmann resümiert, aus dem "Miteinander, Nebeneinander, Gegeneinander" der beiden Politiker habe sich "etwas ungewöhnlich Komplementäres" herauskristallisiert, von dem die Bundesrepublik profitiert habe.

WERNER LINK

Gunter Hofmann: Willy Brandt und Helmut Schmidt. Geschichte einer schwierigen Freundschaft. Verlag C.H.Beck, München 2012. 336 S., 21,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dialektisch harmonisierend habe der Autor entsprechend den wahren Begebenheiten wohl die Wogen geglättet, mutmaßt Werner Link. Ihm behagt die versöhnliche, über das historisch haftende Bild vom entzweiten Schmidt-Brandt-Führungsgespann gelegte Version deutlich besser, erscheint ihm authentischer. Obgleich es meterweise Literatur zu den beiden Protagonisten von Gunter Hofmanns biografischer Verhältnisforschung gibt, wie Link weiß, gefällt ihm der Band doch gut als Tiefenbohrung ins Reich der frühen politischen Sozialisation, wo der Autor letztlich den Quell aller späteren Differenzen zwischen Willy Brandt und Helmut Schmidt entdeckt. Nur bei der Definition einer der wichtigsten Streitpunkte findet Link Hofmann nicht überzeugend. Was Entspannungspolitik für Schmidt bedeutete, scheint ihm ein Schlüssel zu sein für das Verständnis des Kanzlers und der Beziehung zum Kontrahenten Brandt.

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