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Zwei Plastikpinguine, die er auf eine Reise zu den touristischen Highlights rund um die Welt schickte, machten Willy Puchner berühmt, sein Bildband "Die Sehnsucht der Pinguine" wurde in sieben Sprachen übersetzt. Nun macht er sich daran, einer Welt, so weit entfernt und so fremd wie extraga laktisches Leben, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: dem Reich der Tiere.Willy Puchner ist ein Reisender, fotografierend und sammelnd findet sein Entdecke r auge allerorts eine Bühne vor. Dieses Buch versammelt seine auf zahlreichen Reisen entstandenen, subtilen und oft bizarren Tierbilder, die - eben so…mehr

Produktbeschreibung
Zwei Plastikpinguine, die er auf eine Reise zu den touristischen Highlights rund um die Welt schickte, machten Willy Puchner berühmt, sein Bildband "Die Sehnsucht der Pinguine" wurde in sieben Sprachen übersetzt. Nun macht er sich daran, einer Welt, so weit entfernt und so fremd wie extraga laktisches Leben, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: dem Reich der Tiere.Willy Puchner ist ein Reisender, fotografierend und sammelnd findet sein Entdecke r auge allerorts eine Bühne vor. Dieses Buch versammelt seine auf zahlreichen Reisen entstandenen, subtilen und oft bizarren Tierbilder, die - eben so wie seine Text-Miniaturen - Geschichten erzählen: Am glücklichsten sei der Mensch, "wenn er einem Tier für Sekunden in die Augen blickt, wenn er sich mit ihm auf außergewöhnliche Art und Weise verbunden fühlt ... Kein Laut. Keine Bewegung. Nur noch Verbeugung". - Diese Momentaufnahmen geben eine Ahnung davon, wen wir dressieren, streicheln oder verzehren. Aus einer Sammlung "tierischer" Lebensläufe ergibt sich am Ende das beiläufige Bild des menschlichen Auftritts - ein fotografisches Negativ.
Autorenporträt
Willy Puchner, geboren 1952 in Niederösterreich, arbeitet als Fotograf, Zeichner und Autor in Oberschützen, Wien und auf Reisen. Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte folgte er seinen Sehnsüchten und bereiste für viele Jahre die ferne Welt. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, zeigt seine Bilder in Ausstellungen, publiziert in Zeitschriften, veranstaltet Workshops und hält Vorträge. Seine Bilderbücher sind mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem Illustrationspreis der Stadt Wien 2012.Christoph Ransmayr wurde am 20. März 1954 in Wels, Oberösterreich geboren. Er wuchs in der Nähe von Gmunden am Traunsee auf. Er studierte von 1972 bis 1978 Philosophie und Ethnologie in Wien und arbeitete danach als Kulturredakteur und freier Autor für verschieden Zeitschriften. Ab 1982 lebte er dort als freier Schriftsteller. Er unternahm ausgedehnte Reisen nach Asien, Nord- und Südamerika und Irland. 1994 verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach West Cork in Irland. Er verbindet in seiner Prosa historische Tatsachen mit Fiktionen. Christoph Ransmayr erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1988 den Anton-Wildgans-Preis, 1992 den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 1995 den Franz-Nabl-Preis sowie den den Franz-Kafka-Preis, 1996 den Prix Aristeion, 1997 den Kulturpreis des Landes Oberösterreich und den Solothurner Literaturpreis, 1998 den Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg, 2001 den Nestroy-Theaterpreis und 2004 den Bertolt-Brecht-Li

teraturpreis der Stadt Augsburg. Im Jahr 2014 wurde er mit dem Donauland Sachbuchpreis für sein Gesamtwerk ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.08.2008

Requiem für Pontifex

Mit einer skurrilen Idee wurde Willy Puchner berühmt: Er ging mit zwei Plastikpinguinen auf Reisen und fotografierte sie in aller Welt. Nun hat der Wiener Maler und Fotograf das Reich der Tiere in Bilder und Texte gefasst. Mit seinem Freund, dem Schriftsteller Christoph Ransmayr, wollte er die Lebensläufe von Tieren als Heldengeschichte erzählen. Am Ende fanden sie sich an der Stalltür eines Hausschweins wieder und wurden Zeugen eines Martyriums.

Von Christoph Ransmayr

Das Schwein hieß Pontifex; das heißt: Wir hatten dem kastrierten Eber den päpstlichen Titel verliehen, weil er uns stets an den über eine vatikanische Dombalustrade hinweg entbotenen Segen Urbi et Orbi erinnerte, wenn er grunzend aufsprang, kaum dass wir den Saustall betraten: In Erwartung gärender Küchenabfälle kam er uns dann ans Gatter seines Kobens entgegengestürmt, erhob sich dort auf die Hinterhaxen und blinzelte uns hochaufgerichtet an, die linke Klaue auf das Gatter gestützt, die rechte in einer stets gleichbleibenden Pose und wie segnend ausgestreckt, und steigerte sein Gegrunze zu einem hohen, begeisterten Quieken.

Pontifex' Herr und Besitzer, ein Kleinbauer aus dem niederösterreichischen Weinviertel, der die Sonntagsmesse immerhin bis zur heiligen Kommunion besuchte und das Gotteshaus stets erst nach Einnahme dieser Wegzehrung in Richtung Wirtshaus verließ, protestierte anfangs zwar gegen den lästerlichen Namen, mit dem wir seinen Saubären bedachten, beruhigte sich aber, als wir ihn und uns daran erinnerten, dass schließlich auch die Heiligen Väter im Vatikan den Titel eines Ersten Brückenbauers und Wegbereiters bloß von den Oberpriestern des heidnischen Rom gestohlen hatten, Pontifex also bloß ein gottloser Name aus einem von Götzen beherrschten und grausamen Kaisern regierten Sündenpfuhl sei; ein Name wie geschaffen für ein rosiges, bis an sein Schlachtgewicht mit Küchenabfällen vollgestopftes Mastschwein.

Pontifex war das erste - und am Ende auch das letzte - einer Reihe von Haus-, Schoß- und Wildtieren, deren Schicksal Willy Puchner und ich damals fotografierend und schreibend dokumentierten. Wir hatten Pontifex, unseren Saubären, als einen von elf Frischlingen am Tag nach seiner Geburt zum erstenmal gesehen, seine Eigenheiten zu erkennen versucht und ihn dann vorsichtshalber doch mit Ledertinte markiert, um ihn auf seinem Weg durch die frühe Kindheit, Jugend und ein kastriertes Erwachsenendasein bis ins Schlachtalter nicht zu verwechseln.

Pontifex' Leben dauerte acht Monate und 21 Tage, sein Gewicht am Schlachttag betrug 96 Kilogramm, und der Preis für Schweinefleisch erreichte in den Wochen nach seinem Tod durch einen Skandal in der Agrarindustrie einen für mitteleuropäische Verhältnisse einmaligen Tiefstand.

Willy Puchner und ich hatten als Fotograf und Chronist damals bereits von vielen Schauplätzen des Lebens und Todes berichtet - von den Halligen und versandeten Prielen der Nordsee und aus maurischen Festungen, aus geschlossenen psychiatrischen Anstalten und Sterbezimmern, aus den dunklen, überheizten Wohnungen neunzigjähriger Geburtstagskinder, mexikanischen Hinterhöfen und vom Leben jenseits eines eisernen Vorhangs, von Lavaströmen auf Hawaii und selbst von den Friedhöfen und Stammtischen bayerischer Dörfer.

Aber was wir uns diesmal vorgenommen hatten, war nicht mehr und nicht weniger, als einer Welt, so weit entfernt und so fremd wie extragalaktisches Leben, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: dem Reich der Tiere. Wir wollten die Lebensläufe von Tieren in Erzählungen und Bilder fassen und dabei das Schicksal etwa eines invaliden Rottweilers, eines Kanarienvogels, asthmatischen Hauskaters oder bloß eines Huhns, das mit zwölftausend Schicksalsgefährten in einer Legebatterie gackerte, mit dem gleichen Ernst abhandeln, wie er ansonsten nur in den Heldengeschichten goldsüchtiger Heerführer und Könige zu finden war, in den Chroniken der Wissenschaft, den Biographien von Künstlern und Heiligen oder anderen Helden des menschlichen Dramas. Zumindest unserem kleinen Publikum wollten wir wenigstens eine Ahnung davon vermitteln, wen sie zu Leder verarbeiteten, wen sie dressierten, streichelten, erforschten - oder auffraßen. Und aus einer Sammlung geradliniger oder aus der Wildnis bis in die Polsterlandschaften eines Schoßtiers gewundener Lebensläufe sollte sich am Ende nicht mehr und nicht weniger als das beiläufige Bild des menschlichen Auftritts ergeben, ein fotografisches Negativ.

Allerdings erwies sich das Leben unserer grunzenden, bellenden oder tirilierenden Protagonisten in vielen Fällen nicht weniger kompliziert als dasjenige ihrer Besitzer, Hirten und Schlachter - und so zwang uns die wachsende, zeitfressende Dimension unserer Unternehmung, der dramatische Verlauf selbst des Lebens eines Goldhamsters oder eines in Invalidität und Dreibeinigkeit geschossenen Kampfhundes schließlich dazu, die Liste der von uns beschriebenen und abgebildeten Opfer und Lieblinge der Menschheit kürzer und kürzer werden zu lassen.

Am Ende besuchten wir nur noch ein einziges armes Schwein: Pontifex. Unser Saubär war die letzte Kreatur, von der wir uns abwenden sollten, um als entzauberte Tierfreunde wieder an die Schauplätze des menschlichen Auftritts zurückzukehren.

Neun Stationen von Pontifex' Leben hatten wir bereits dokumentiert - vom tragischen Verkauf seiner Geschwister in die Fremde bis zu seiner Kastration durch einen böhmischen Sauschneider, der ihn an einem nebeligen Oktobertag an den Hinterhaxen packte, ihn kopfüber, eingeklemmt zwischen seinen Knien, zappeln ließ, dem vor Entsetzen und Schmerz geradezu brüllenden Frischling mit einem Rasiermesser den Hodensack aufschnitt, den blutigen Inhalt einem wartenden Hofhund (dessen Leben wir zwar kannten, aber nicht aufzeichneten) zum Fraß vorwarf und dann die tropfende Wunde ausgerechnet mit einem Stück Schweinefett desinfizierte, bevor er sein Opfer wieder in den Koben entließ. Auch eine kurze Rede des Bauern, mit der er die Ernennung unseres Pontifex zur Haussau verkündete, war Gegenstand unseres Berichts.

Gegen Ende unserer guten erzählerischen Absichten fanden wir uns aber an einem Junimorgen vor der Stalltür unseres Pontifex wieder und unterschieden uns wohl kaum von jenen sogenannten Zeugen, Rohlingen, die in den Vereinigten Staaten von Amerika und anderen barbarischen Regionen der Welt Hinrichtungen beiwohnen.

Pontifex stemmte sich mit aller Kraft gegen seine Vorahnungen, als ihn sein Herr mit zwei Gehilfen an einem Zerrstrick aus dem Stall in die mit einer Plastikplane ausgelegte Hofeinfahrt schleifte. Dort erwartete ihn ein Mann in einer bodenlangen weißen Gummischürze und einer Axt in den Händen. Pontifex' gellende Schreie wurden zu einem einzigen, jäh ersterbenden Heulen, als ihm der Schlachter das stumpfe Ende des Beils, kaum dass die Gehilfen ihm das Opfer zugeführt hatten, krachend zwischen die Augen schlug. Aber erst beim zweiten Axthieb knickte Pontifex ein, fiel dann gegen die Gummistiefel seines Herrn, hielt die Augen immer noch offen und sah wohl auch, wie der Schlachter neben ihm auf die Knie sank, sich wie ein Samariter über ihn beugte und ihm ein Messer mit dünner Klinge in den Hals stieß. Dann erhob sich der Schürzenmann ächzend und überließ wie in einem in allen Gesten und Schritten geprobten Schauspiel seine Stelle der Bäuerin, die, auch sie auf Knien, eine große Emailleschüssel unter Pontifex' sprudelnde Halswunde hielt und dazu mit einer Stahlfeder in dieser klaffenden Wunde rührte, um den Blutfluss nicht verklumpen zu lassen.

Als die Quelle versiegte und die Bäuerin mit ihrem Gefäß, in dem nun ein schwarzer, dampfender Spiegel schwappte, die Schlachtszene verließ, begannen der Schlachter und seine Gehilfen mit Pontifex' Verwandlung in Fleisch: schleiften ihn zu einem Holztrog und betteten ihn auf zwei Ho-ruck-Kommandos in den Trog wie in einen Sarg, bestäubten ihn mit Saupech, gemahlenem Fichtenharz, übergossen ihn mit kochendheißem Wasser, zogen eine Kette unter den Kadaver, mit der sie ihm dann die Borsten aus der rosigen Haut schmirgelten; was sich an Haaren nach dieser Behandlung noch sträubte, wurde mit Sauglocken - metallenen, mit einem Stahlhaken zum Ausreißen der Klauen versehenen Bechern - abrasiert. Dann war es wieder der Schürzenmann allein, der Pontifex' Hinterhaxen durchstach, die Sehnen freilegte und daran Karabiner einklinkte, an denen das Opfer mit dem Kopf nach unten hochgezogen wurde. Dann glitt ein zuvor am Streicher geschliffenes Messer durch Pontifex' Bauch, der aufplatzte und die dampfenden Eingeweide, vom Schlachter mit offenen Armen empfangen, entließ. Den entleerten, tropfenden Kadaver hackte einer der Gehilfen vom After bis zu den Augen entzwei, selbst Schädel und Rüssel in zwei gleiche Hälften, und zerteilte die Hälften weiter und weiter. So verlor Pontifex seine Gestalt. Jedes Stück seines Fleisches wurde zur Lagerung in der Tiefkühltruhe benannt und auf der Schlachtbank ausgelegt.

Dann sahen wir die Bäuerin an einem Jaucherinnsal vor dem Misthaufen stehen und mit einem Spatel die Würmer aus Pontifex' Dickdarm streifen - schließlich sollte dieser Darm, von Kot und Parasiten gesäubert, in der Pfanne zwischen Kartoffeln zur knusprigen Haut einer Blutwurst werden. Um die fingerlangen Würmer, die sich blind in der Jauche wanden, begannen eilig heranwackelnde Hühner zu kämpfen, um Wurm für Wurm zu verschlingen oder im Futterneid bei lebendigem Leib in Stücke zu reißen.

Und irgendwann saßen auch wir, kaum zwei Stunden nach der Verabschiedung unseres Schützlings aus dieser Welt zu Tisch gebeten, in der von Fliegen durchsummten Küche des Hofes und zerschnitten auf unseren Tellern die Leber des Opfers zu Bissen. Während wir die Kochkunst der Bäuerin lobten und uns zu einem Glas Schnaps das Fett von den Lippen leckten, erinnerten wir uns plötzlich, dass wir, gebannt von der eigenen Erbarmungslosigkeit und ohne uns darüber zu verständigen, in der Todesstunde keine Aufzeichnungen gemacht hatten, keine Bilder, keine noch so kurze Notiz. Selbst so heitere, über die Wirklichkeit hinwegtröstende Namen wie Fischlein oder Jungfernbraten, die der wortkarge Schürzenmann für den himbeerroten Muskelstrang bereithielt, den er als Filet aus dem Lendenbereich des Kadavers sezierte, bewahrten wir noch Wochen nach Pontifex' Schlachtung bloß im Gedächtnis.

- Der Band "Willy Puchners Tierleben", dem wir die Abbildungen auf dieser Seite entnehmen, erscheint in der kommenden Woche im Verlag Brandstätter, Wien.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Berühmt wurde der Fotograf Willy Puchner durch die Pinguine Joe und Sally, mit denen er die ganze Welt bereiste. Vor kurzem ist sein Bildband 'Tierleben' erschienen, eine Hommage an die kleinen und großen, die struppigen und schmutzigen, die gepflegten und gequälten Tiere unserer Welt."
-- Universum Magazin

"Willy Puchner ist von seiner Fantasie geleitet. Was dem Fotografen vor die Linse galoppiert, schleicht, schwimmt, was träge ruht oder anriffslustig faucht, das wird ihm zum Gegenüber, zum Bildsujet im sehr weiten Sinn des Wortes. 'Tierleben' zeigt Spuren des Animalischen von der Geburt bis zum Weg ins Schlachthaus und in die Fangnetze. Unverändert komponiert er jedes Bild mit traumwandlerischer Sicherheit (der hellwache handwerkliche Fertigkeit zugrundeliegt). Er findet die Augenblicke, die Assoziationen und Geschichten nahelegen."
-- Standard

"Egal, ob Nutz-, Schoß- oder wildes Tier - jede Kreatur hat ihre individuelle Geschichte und eigene Persönlichkeit. Den Beweis liefert der österreichische Fotograf Willy Puchner in seinem soeben erschienen Bildband. Die einfühlsamen Fotografien von Tieren, denen er auf seinen Reisen um den Erdball begegnet ist und die dem Menschen auf die eine oder andere Weise nahe stehen, sind Momentaufnahmen und sagen doch mehr als viele Worte. So ist ein anrührendes Buch entstanden, das von der großen Achtung des Fotografen gegenüber seinen Sujets zeugt."
-- Die Zeit online