FÜR DIE EINHEIMISCHEN IN DEM ABGESCHIEDENEN DORF im Salzkammergut ist Wilma eine Ausgeburt, ein Monster und keine der Ihren: Sie ist ein geistig zurückgebliebenes, dickleibiges und verschlossenes Kind - ein Kind ohne Eltern. Ihre Hilflosigkeit weckt die Liebe der verwitweten und kinderlosen Agnes, die ihr Pflegekind gleichermaßen umarmt wie umklammert. In ständiger Angst um Wilma versucht sie das dürftige Glück ihrer Zweisamkeit gegen die Bedrohungen von außen, gegen die Dorfbewohner und den Zugriff der allgemeinen Wohlfahrt zu schützen. Doch ihr Glück gründet auf Abhängigkeit und wird Wilma und Agnes in der Enge ihrer Abgeschiedenheit letztlich zur tödlichen Falle. Evelyn Grill zeigt inWilma die Qualitäten, die sie mit ihren zuletzt erschienenen Romanen Vanitas und Der Sammler zu einer der herausforderndsten Stimmen der deutschsprachigen Literatur gemacht haben: Sie erzählt in kompromisslos lapidarem Ton, ohne Sentimentalität und wohlfeile Moralität und scheut nie den Blick in menschliche Abgründe.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Eine "sehr österreichische Provinzgeschichte" erblickt Rezensent Peter Urban-Halle in diesem erstmals 1994 erschienenen Roman von Evelyn Grill. Die Geschichte um ein geistig behindertes Mädchen in einem österreichischen Dorf, das vom Dorf-Bäcker vergewaltigt wird, hat Gefühle der Beklemmung bei ihm ausgelöst. Die Außenseiter der Gesellschaft nennt Urban-Halle das große Thema der Autorin. Anders als ihre späteren Romane "Ins Ohr" oder "Der Sammler", die fast amüsant daher kommen, sieht er in "Wilma" keine Satire, sondern die bittere Geschichte einer "chancenlosen Kreatur". Besonders hebt er den lakonischen, nüchternen Erzählton der Autorin hervor, der für ihn zu einer "unbedingten Prosa" führt. Sein Fazit: ein Roman, den man "entsetzt und gebannt" liest.
© Perlentaucher Medien GmbH
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