"Alle Dinge sind miteinander verbunden. Wenn man die Bäume fällt, deren Wurzeln mit allem verbunden sind, muß man sie um Verzeihung bitten, sonst fällt ein Stern vom Himmel." In dieser indianischen Weisheit findet sich der Kerngedanke von Peter Golds Buch über die uralten Kulturen der Tibeter und der Navajo-Indianer. Die beiden Völker, die sich ohne Kontakt zueinander entwickelten, haben annähernd dasselbe Verständnis vom Wesen des menschlichen Lebens, von der Natur, von der Bedeutung der Welt und des Universums. Ihre Schöpfungssmythen, ihre visionäre Kunst und ihre Heilungs- und Initiationsriten weisen verblüffende Ähnlichkeiten auf. Besonders augenfällig kommt diese Geistesverwandtschaft in den Sandzeichnungen dieser Urvölker zum Ausdruck. Gold taucht als teilnehmender Beobachter in diese Kulturen ein. Er versteht die Ethnologie als Chance, von anderen Völkern zu lernen. Vor dem Hintergrund unserer westlichen Kultur wird erkennbar, daß der wesentliche Unterschied zwischen uns und diesen Urvölkern in einem gänzlich anderen Lebensbewußtsein besteht. Wir erleben uns als "getrennt" von Welt unfd Natur, begreifen Geist und Materie als zwei verschiedene Dinge, während Tibeter und Navajos sich als Teil der Natur und des Kosmos begreifen und ihr Leben danach ausrichten, wie sie in wachsender Harmonie mit der Natur und ihren Gesetzen leben können. Über Jahrhunderte hinweg haben die Tibeter und die Navajos ihr kulturelles Erbe mündlich weitergegeben, so daß sie mit jeder "Traumzeit" verbunden blieben, in der die Menschen geschaffen wurden. Sie haben sich jenen lebendigen Mythos bewahrt, der dem Leben einen tieferen Sinn und eine Richtung gibt. Gold ermutigt uns, unser eigenes kulturelles Paradigma zu hinterfragen und ebnet damit den Weg zu einem neuen, von tiefen Einsichten in unsere ureigentliche Natur getragenen Selbstverständnis. Kein konventionelles Werk der vergleichenden Mythologie, sondern die Aufforderung über die eigene Kultur hinauszuschauen und sich in eine Suche nach "spiritueller Anthropologie" zu vertiefen.