Wind in den Weiden ist ein Klassiker der englischen Kinderliteratur. Seine Hauptpersonen, vier liebenswerte vierfüßige Gentlemen, haben schon Generationen von jungen und älteren Leserinnen und Lesern zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken gebracht - denn das, was Ratte, Maulwurf, Kröterich und Dachs so alles widerfährt, trägt oft sehr menschliche Züge. Und dennoch, auch wenn Dachs und Maulwurf in Höhlen hausen, die mit Mini-Menschenmöbeln ausgestattet sind, entspricht ihr Leben der Natur der Tiere. Sie leben in Freiheit, folgen dem Lauf des Jahres, vernehmen den Ruf der Heimat und sind glücklich, wenn sie beides haben: die Sicherheit des angestammten Baus und die unerschütterliche Treue ihrer Freunde.
- Ein Klassiker der englischen Kinderliteratur - von Kenneth Grahame meisterhaft erzählt
- Hinreißende Illustrationen von Eric Kincaid
- Übersetzt von Sybil Gräfin Schönfeld
- Für Kinder und Jugendliche ab 8 Jahren
- Ein Klassiker der englischen Kinderliteratur - von Kenneth Grahame meisterhaft erzählt
- Hinreißende Illustrationen von Eric Kincaid
- Übersetzt von Sybil Gräfin Schönfeld
- Für Kinder und Jugendliche ab 8 Jahren
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.1996Vier Junggesellen in Arkadien
"Der Wind in den Weiden" wurde neu übersetzt
"Als Beitrag zur Naturgeschichte taugt das Werk wenig", urteilte 1908 die "Times" anläßlich des Erscheinens von "Wind in the Willows", jener Geschichte vom Flußufer und den vier Tieren, die dort leben: dem treuen, ehrlichen Maulwurf, dem schnell begeisterten, etwas verträumten Wasserratterich, dem weisen Dachs und dem eitlen Kröterich. Ein Klassiker ist es geworden, in England ein Kultbuch, dessen Bühnenadaption zuerst im Royal National Theatre und nun schon seit über einem halben Jahr täglich im ausverkauften Old Vic Theatre spielt.
Die Bandbreite dieser Freundschaftsgeschichte ist groß: zwischen Abenteuerlust, Fernweh und Idylle des trauten Heims bewegt sie sich, zwischen Individualismus und Egozentrik, wie sie der Kröterich repräsentiert, und dem Ideal einer sich durch Loyalität, Respekt und Zuneigung auszeichnenden Verbindung, wie sie zwischen Maulwurf und Ratterich entsteht. Das Verhalten der Tiere ist klaren, allseits bekannten Regeln unterworfen. Unschwer lassen sich die Verhaltensweisen und der Ehrenkodex des gehobenen Bürgertums des edwardianischen England erkennen, etwa in der Abgrenzung gegen die revolutionäre Auflehnung der niedriger gestellten und angsteinflößenden Tiere des Wilden Waldes. Wir sehen den Mikrokosmos einer idealen (Männer-)Gemeinschaft: vier Junggesellen in Arkadien.
Die im edwardianischen England gepflegte Sehnsucht nach der unverdorbenen, aber dennoch zivilisierten Natur geht einher mit einer Idealisierung der Kindheit, wie sie auch bei einem anderen englischen Kinderbuchklassiker dieser Zeit, bei "Peter Pan", und etwas später bei "Winnie the Pooh" zutage tritt. "Der Wind in den Weiden" ist überdies ähnlich wie "Winnie the Pooh" entstanden: Ein Vater erzählt seinem Sohn eine Geschichte. Nach mündlichem Beginn setzte Kenneth Grahame seine Erzählung aus der Ferne in Briefen an seinen Sohn Alastair fort, die dem sehbehinderten Jungen vorgelesen wurden. Die sprachliche Qualität des Romans, eine fast lyrische Prosa voller rhetorischer Finessen, offenbart sich besonders im lauten Vorlesen. Grahame setzt Wiederholungsformeln ein, verwendet Stabreime und Alliteration. Tempowechsel steigern an bestimmten Stellen die Dynamik, an anderen führen Ausschmückungen dazu, daß die Beschreibung, ja das Zelebrieren des Naturphänomens Fluß sich gemächlich dahinschlängelt. All dies in einer Übersetzung wiederzugeben, ist keine leichte Aufgabe.
Fast neunzig Jahre nach seinem Erscheinen in England liegt nun mit dieser sechsten Ausgabe endlich die erste vollständige deutsche Übersetzung vor. Verantwortlich zeichnet das Trio, das im letzten Jahr mit dem Fortsetzungsband "Winter in den Weiden" hervorgetreten ist: William Horwood liefert ein einordnendes Nachwort (in dem er es nicht versäumt, ein paar nette Worte über die beiden von ihm verfaßten Fortsetzungsbände zu sagen); Patrick Benson illustriert passend mit gutmütigem Humor; und Anne Löhr-Gössling nimmt sich der Übersetzung an.
Beinahe ehrfürchtig nähert sie sich dem Original, wählt anachronistische Wiedergaben wie etwa "Automobil" und bevorzugt eher gehobene Ausdrucksformen. Die äußerst sorgfältige, um den Rhythmus des Originals bemühte Übersetzung wirkt allerdings manchmal etwas angestrengt. Darunter leiden vor allem die Gedichte: Sie holpern allzu dicht am Ausgangstext entlang, es fehlt die nötige Distanz zur eigenständigen Wiedergabe des Sprachzaubers, den das Original entfaltet.
Dies ist keine Übersetzung, die sich unserer Zeit anpassen will - im Gegensatz etwa zu Harry Rowohlts respektloser Fassung aus dem Jahr 1973, die sprachlich kreativer und flüssiger daherkommt, sich aber durch Kürzungen und den gelegentlich allzu flotten und lakonischen Ton recht weit vom Charakter des Originals entfernt. Löhr-Gössling gibt die Patina des ehrwürdigen Klassikers bewußt wieder und begünstigt damit eine nostalgische Lesart, wie sie vor allem die erwachsenen Leser zu schätzen wissen werden.
EMER O'SULLIVAN Kenneth Grahame: "Der Wind in den Weiden". Aus dem Engl. von Anne Löhr-Gössling. Ill. von Patrick Benson. Ungekürzte Ausgabe. Thienemann Verlag, Stuttgart und Wien 1996. 285 S., geb., 32,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Der Wind in den Weiden" wurde neu übersetzt
"Als Beitrag zur Naturgeschichte taugt das Werk wenig", urteilte 1908 die "Times" anläßlich des Erscheinens von "Wind in the Willows", jener Geschichte vom Flußufer und den vier Tieren, die dort leben: dem treuen, ehrlichen Maulwurf, dem schnell begeisterten, etwas verträumten Wasserratterich, dem weisen Dachs und dem eitlen Kröterich. Ein Klassiker ist es geworden, in England ein Kultbuch, dessen Bühnenadaption zuerst im Royal National Theatre und nun schon seit über einem halben Jahr täglich im ausverkauften Old Vic Theatre spielt.
Die Bandbreite dieser Freundschaftsgeschichte ist groß: zwischen Abenteuerlust, Fernweh und Idylle des trauten Heims bewegt sie sich, zwischen Individualismus und Egozentrik, wie sie der Kröterich repräsentiert, und dem Ideal einer sich durch Loyalität, Respekt und Zuneigung auszeichnenden Verbindung, wie sie zwischen Maulwurf und Ratterich entsteht. Das Verhalten der Tiere ist klaren, allseits bekannten Regeln unterworfen. Unschwer lassen sich die Verhaltensweisen und der Ehrenkodex des gehobenen Bürgertums des edwardianischen England erkennen, etwa in der Abgrenzung gegen die revolutionäre Auflehnung der niedriger gestellten und angsteinflößenden Tiere des Wilden Waldes. Wir sehen den Mikrokosmos einer idealen (Männer-)Gemeinschaft: vier Junggesellen in Arkadien.
Die im edwardianischen England gepflegte Sehnsucht nach der unverdorbenen, aber dennoch zivilisierten Natur geht einher mit einer Idealisierung der Kindheit, wie sie auch bei einem anderen englischen Kinderbuchklassiker dieser Zeit, bei "Peter Pan", und etwas später bei "Winnie the Pooh" zutage tritt. "Der Wind in den Weiden" ist überdies ähnlich wie "Winnie the Pooh" entstanden: Ein Vater erzählt seinem Sohn eine Geschichte. Nach mündlichem Beginn setzte Kenneth Grahame seine Erzählung aus der Ferne in Briefen an seinen Sohn Alastair fort, die dem sehbehinderten Jungen vorgelesen wurden. Die sprachliche Qualität des Romans, eine fast lyrische Prosa voller rhetorischer Finessen, offenbart sich besonders im lauten Vorlesen. Grahame setzt Wiederholungsformeln ein, verwendet Stabreime und Alliteration. Tempowechsel steigern an bestimmten Stellen die Dynamik, an anderen führen Ausschmückungen dazu, daß die Beschreibung, ja das Zelebrieren des Naturphänomens Fluß sich gemächlich dahinschlängelt. All dies in einer Übersetzung wiederzugeben, ist keine leichte Aufgabe.
Fast neunzig Jahre nach seinem Erscheinen in England liegt nun mit dieser sechsten Ausgabe endlich die erste vollständige deutsche Übersetzung vor. Verantwortlich zeichnet das Trio, das im letzten Jahr mit dem Fortsetzungsband "Winter in den Weiden" hervorgetreten ist: William Horwood liefert ein einordnendes Nachwort (in dem er es nicht versäumt, ein paar nette Worte über die beiden von ihm verfaßten Fortsetzungsbände zu sagen); Patrick Benson illustriert passend mit gutmütigem Humor; und Anne Löhr-Gössling nimmt sich der Übersetzung an.
Beinahe ehrfürchtig nähert sie sich dem Original, wählt anachronistische Wiedergaben wie etwa "Automobil" und bevorzugt eher gehobene Ausdrucksformen. Die äußerst sorgfältige, um den Rhythmus des Originals bemühte Übersetzung wirkt allerdings manchmal etwas angestrengt. Darunter leiden vor allem die Gedichte: Sie holpern allzu dicht am Ausgangstext entlang, es fehlt die nötige Distanz zur eigenständigen Wiedergabe des Sprachzaubers, den das Original entfaltet.
Dies ist keine Übersetzung, die sich unserer Zeit anpassen will - im Gegensatz etwa zu Harry Rowohlts respektloser Fassung aus dem Jahr 1973, die sprachlich kreativer und flüssiger daherkommt, sich aber durch Kürzungen und den gelegentlich allzu flotten und lakonischen Ton recht weit vom Charakter des Originals entfernt. Löhr-Gössling gibt die Patina des ehrwürdigen Klassikers bewußt wieder und begünstigt damit eine nostalgische Lesart, wie sie vor allem die erwachsenen Leser zu schätzen wissen werden.
EMER O'SULLIVAN Kenneth Grahame: "Der Wind in den Weiden". Aus dem Engl. von Anne Löhr-Gössling. Ill. von Patrick Benson. Ungekürzte Ausgabe. Thienemann Verlag, Stuttgart und Wien 1996. 285 S., geb., 32,- DM.
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