Über 300 000 Exemplare in Frankreich verkauft!
Das Drama beginnt um 8:30 Uhr: Der texanische Immobilienmakler Carthew Yorston und seine beiden Söhne Jerry und David ahnen nicht, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben haben.
In 119 Kapiteln versucht Frédéric Beigbeder das "Unbeschreibliche" und gibt Minute für Minute die Gedanken des Familienvaters wieder, der am 11. September mit seinen Kindern im Luxusrestaurant Windows on the World frühstückt, als um 8:46 Uhr die erste Boeing in den Nordturm des World Trade Centers rast.
Das Drama beginnt um 8:30 Uhr: Der texanische Immobilienmakler Carthew Yorston und seine beiden Söhne Jerry und David ahnen nicht, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben haben.
In 119 Kapiteln versucht Frédéric Beigbeder das "Unbeschreibliche" und gibt Minute für Minute die Gedanken des Familienvaters wieder, der am 11. September mit seinen Kindern im Luxusrestaurant Windows on the World frühstückt, als um 8:46 Uhr die erste Boeing in den Nordturm des World Trade Centers rast.
"11.09.2001: Die erste Boeing ist eingeschlagen, die Gäste im Restaurant des World Trade Centers werden unweigerlich sterben. Frédéric Beigbeder - immer gut für Tabubrüche - hat einen Roman daraus gemacht."
(Stern)
(Stern)
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.07.2004Im Minutentakt
Frédéric Beigbeder macht aus dem 11. September einen Roman
Der Verfasser gehört zu den Medienstars der französischen Gegenwartsliteratur. Frédéric Beigbeder war in der Werbung tätig, über die er den Bestseller "39,90" schrieb, dessen gesellschaftliche Wirkung im Rausschmiß des Autors aus seiner Agentur gipfelte. Am Nachmittag des 11. Septembers saß er im Archiv seines Verlags Grasset und gab der Fernsehsendung "Culture Pub" ein Interview über den Literaturbetrieb. "Die Aufgabe des Buches besteht darin, zu zeigen, was man im Fernsehen nicht sieht", soll er gerade zum Journalisten gesagt haben, als über dessen Handy die Nachricht von einem Flugzeugabsturz auf die Twin Towers eintraf. Sie machten weiter. "1 Flugzeug = 1 Unfall. 2 Flugzeuge = 0 Unfall." Aber was geschah, was man nicht schon tausendmal gesehen und oft gelesen hat?
40000 Liter Kerosin verbrannten, es entstand eine Temperatur von zweitausend Grad - Beigbeders Roman ist dokumentiert wie ein Sachbuch. Der Autor schildert den elften September am Beispiel fiktiver und vornehmlich banaler Figuren. Sie befinden sich an diesem Morgen in den Twin Towers und werden so zu außergewöhnlichen Opfern. Dazu inszeniert Beigbeder einen transatlantischen Dialog mit einem französischen Schriftsteller namens Ich, der regelmäßig Gast im Restaurant des Pariser Wolkenkratzers Tour Montparnasse ist.
Jede Minute ein kurzes Kapitel: der Roman beginnt um acht Uhr dreißig und endet zehn Uhr neunundzwanzig. Beigbeder schreibt gut und zynisch; auch ein paar frivole Sexszenen gehören zu seiner Mischung. Jeglicher Antiamerikanismus ist ihm fremd. Der Mann versteht sein Handwerk. Ein kleiner Skandal steckt im Text und hat auch da und dort für Empörung gesorgt. (Es handelt sich um einen Auschwitz-Vergleich.) Frédéric Beigbeders Roman ist eine ideale Ferienlektüre für die Reise im Charter - Buch und Flug werden irgendwie aufregender. Nach der Landung in der Wirklichkeit gibt es wieder Besseres zu tun. Und zu lesen.
JÜRG ALTWEGG
Frédéric Beigbeder: "Windows on the World". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Brigitte Große. Ullstein Verlag, Berlin 2004. 352 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Frédéric Beigbeder macht aus dem 11. September einen Roman
Der Verfasser gehört zu den Medienstars der französischen Gegenwartsliteratur. Frédéric Beigbeder war in der Werbung tätig, über die er den Bestseller "39,90" schrieb, dessen gesellschaftliche Wirkung im Rausschmiß des Autors aus seiner Agentur gipfelte. Am Nachmittag des 11. Septembers saß er im Archiv seines Verlags Grasset und gab der Fernsehsendung "Culture Pub" ein Interview über den Literaturbetrieb. "Die Aufgabe des Buches besteht darin, zu zeigen, was man im Fernsehen nicht sieht", soll er gerade zum Journalisten gesagt haben, als über dessen Handy die Nachricht von einem Flugzeugabsturz auf die Twin Towers eintraf. Sie machten weiter. "1 Flugzeug = 1 Unfall. 2 Flugzeuge = 0 Unfall." Aber was geschah, was man nicht schon tausendmal gesehen und oft gelesen hat?
40000 Liter Kerosin verbrannten, es entstand eine Temperatur von zweitausend Grad - Beigbeders Roman ist dokumentiert wie ein Sachbuch. Der Autor schildert den elften September am Beispiel fiktiver und vornehmlich banaler Figuren. Sie befinden sich an diesem Morgen in den Twin Towers und werden so zu außergewöhnlichen Opfern. Dazu inszeniert Beigbeder einen transatlantischen Dialog mit einem französischen Schriftsteller namens Ich, der regelmäßig Gast im Restaurant des Pariser Wolkenkratzers Tour Montparnasse ist.
Jede Minute ein kurzes Kapitel: der Roman beginnt um acht Uhr dreißig und endet zehn Uhr neunundzwanzig. Beigbeder schreibt gut und zynisch; auch ein paar frivole Sexszenen gehören zu seiner Mischung. Jeglicher Antiamerikanismus ist ihm fremd. Der Mann versteht sein Handwerk. Ein kleiner Skandal steckt im Text und hat auch da und dort für Empörung gesorgt. (Es handelt sich um einen Auschwitz-Vergleich.) Frédéric Beigbeders Roman ist eine ideale Ferienlektüre für die Reise im Charter - Buch und Flug werden irgendwie aufregender. Nach der Landung in der Wirklichkeit gibt es wieder Besseres zu tun. Und zu lesen.
JÜRG ALTWEGG
Frédéric Beigbeder: "Windows on the World". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Brigitte Große. Ullstein Verlag, Berlin 2004. 352 S., geb., 22,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Frederic Beigbeder gehört in Frankreich zusammen mit Catherine Millet und Michel Houellebecq zum "Trio infernal des literarischen Skandals" in Frankreich, führt Jörg Magenau den Autor ein, der mit seiner Schrift "39,90" vor drei Jahren werbewirksam die Werbebranche attackiert und damit seine Schriftstellerkarriere lanciert hatte. Kein geringeres Thema als der 11. September durfte es sein, stellt Magenau fest und staunt, dass der Kapitalismuskritiker doch noch ein paar gute Seiten am westlichen Wirtschaftssystem gefunden und darüberhinaus einen "erzkatholischen" Roman geschrieben hat. "Windows on the world" - so hieß das in den oberen Stockwerken betriebene Restaurant des World Trade Center - ist nach Magenau ein überaus pathetisches und effektheischendes Buch, das sich mit Ironie über alle Widersprüche hinwegsetzt und Profanes mit Kitsch aufwertet. Den Kritiker nervt auch das "ausnehmend blöde" Personal des Romans, das durch das Höllenfeuer der brennenden Türme des WTT zwecks Reinigung ihrer verderbten Seelen geschickt wird. Aber auch das konkrete Ausmalen des Horrorszenarios, wie es den Menschen nach den Anschlägen im WTC ergangen sein könnte, bleibe weit hinter der Wirklichkeit zurück, mutmaßt Magenau. Dass der Autor das ganze als "Luxus-Gaskammer" bezeichnet, ist für ihn ein unverzeihlicher Fehlgriff, dessen sich der Autor wohl selbst bewusst war, denn er habe in Klammern "gestrichen" hinzugefügt und die Bemerkung doch stehen lassen, erklärt der Rezensent. Typisch Beigbeder, stöhnt Magenau - man darf und kann ihn nicht ernst nehmen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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