Betriebsausflüge haben so ihre eigene Geschichte, ja ihre eigene Dynamik. Nicht anders bei der Kölner Werbeagentur Gold Reklame. Der Chef will ein opulentes Programm bieten, damit die Mitarbeiter ihre innerbetrieblichen Aggressivitäten abreagieren können.
Darunter Jo Winkler, der Senior
Werbetexter der Firma, der gerade über einer verdammten Werbereklame für Bio-Milch hockt. O dieses verdammte…mehrBetriebsausflüge haben so ihre eigene Geschichte, ja ihre eigene Dynamik. Nicht anders bei der Kölner Werbeagentur Gold Reklame. Der Chef will ein opulentes Programm bieten, damit die Mitarbeiter ihre innerbetrieblichen Aggressivitäten abreagieren können.
Darunter Jo Winkler, der Senior Werbetexter der Firma, der gerade über einer verdammten Werbereklame für Bio-Milch hockt. O dieses verdammte Winseln der Ware um den Konsumenten. Seit fünfzehn Jahren arbeitet Jo in dieser Werbe-Bude, hat sie quasi mit Werner, der jetzt Chef ist, aufgebaut. Neben seiner Arbeit hat Jo kaum ernsthafte Interessen: einkaufen, fernsehen, Kneipe, hin und wieder eine Frauenbekanntschaft. Auf die Dauer hat das ihn zynisch, überheblich und frauenverachtend gemacht.
Jetzt plötzlich sind gesundheitliche Probleme hinzugekommen. Die Röntgenbilder zeigen einen Schatten auf der Lunge. Kein Wunder, Jo ist Raucher, eine Ablenkung vom täglichen Termin-Terror. Und nun dieser mehrtägige Betriebsausflug mit Dampferfahrt auf dem Rhein, Kegeln in Bad Neuenahr und abschließendem Kasinobesuch. Noch ahnt Jo nicht, dass dies ein Horrortrip wird.
Enno Stahl (Jg. 1962) zeichnet in „Winkler, Werber“ das Psychogramm seines Protagonisten aus dessen Sicht nach. Dabei ist der Autor auf der Suche nach den seelischen Abgründen seines Helden. Der Monologhafte Erzählstil macht dabei Winklers innere Verfassung sichtbar. Stahl bedient sich geschickt eines „Pulsationsstils“, der den Monolog Winklers mal beschleunigt und dann wieder verlangsamt, bis sich das Verdrängte nicht mehr leugnen lässt.
Gleichzeitig gewährt der Roman auch einen Einblick in die Mentalität jener Leute, die für die ökonomische Katastrophe verantwortlich sind, und nun selbst zum Opfer werden. Stahl entlarvt gekonnt und humorvoll die Eitelkeiten, Intrigen, Ängste, die Karrieresucht und das Geltungsbedürfnis dieser Leute. Dabei wird die Wirtschaftskrise von einer Lebenskrise begleitet.
Manfred Orlick