Kirchenkritik - Ja! Austreten - Nein!
17 prominente katholische Frauen erzählen ehrlich und unerschrocken ihre Kritik an der katholischen Kirche und wieso sie trotzdem bleiben.
Ist die katholische Kirche noch zu retten? Massenhaft sind die Austritte, die Gründe sind bekannt. Und dennoch! Engagierte Katholikinnen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft halten dagegen. Sie erzählen, wie sie trotz ihrer Enttäuschungen, ja ihres Zorns, in innerer Freiheit und aufrechtem Gang ihren Weg in der Kirche finden.
Es sind ermutigende Beispiele entschieden kritischer Frauen, die sich behaupten - und bleiben: »Es braucht gerade jetzt Frauen - und Männer -, die sich selbstbewusst bekennen« (Monika Grütters). Nicht aus Nostalgie und diffusem Weihrauchgefühl, sondern überzeugt, weil ihnen der Glaube viel bedeutet.
Für alle die wissen wollen, was Frauen über die katholische Kirche wirklich denken
Austreten oder Bleiben? Die Autorinnen erzählen, warum sie trotz allem bleiben und die Zukunft der Kirche mitbestimmen
17 Frauen, die Kirche neu denken: Mit Beiträgen von Politikerinnen Ulrike Böhmer und Gesine Schwan, Schriftstellerinnen Nora Gomringer und Felicitas Hoppe, Influencerin Claudia Danzer von Mein Gott diskriminiert nicht, u.v.m.
Der Synodale Weg und Maria 2.0. kämpfen für die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, die Zulassung von Frauen als Priesterinnen, Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare, Frauenquoten und mehr. Zurecht, finden die Autorinnen dieses Buchs. Doch sie entscheiden sich gegen den Kirchenaustritt, weil es auch ihre Kirche ist und sie für eine gleichberechtigte Gemeinschaft im Christentum kämpfen - auch das ist Feminismus.
»Wenn unsere katholische Kirche sich nicht öffnet, sich nicht modernisiert, wird sie große Probleme bekommen. Und sie wird einen großen Teil der jungen Generation verlieren. « (Kathrin Budde)
»Nach der Erstkommunion durften meineBrüder Ministranten werden. Ich nicht. Das habe ich nicht verstanden. Es hieß damals zur Begründung: Du bist 'bloß' ein Mädchen. Aber: Warum bin ich 'bloß'? Innerlich rebellierte ich dagegen. Die Kirche versuchte mich klein zu machen. « (Gerlinde Kretschmann)
17 prominente katholische Frauen erzählen ehrlich und unerschrocken ihre Kritik an der katholischen Kirche und wieso sie trotzdem bleiben.
Ist die katholische Kirche noch zu retten? Massenhaft sind die Austritte, die Gründe sind bekannt. Und dennoch! Engagierte Katholikinnen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft halten dagegen. Sie erzählen, wie sie trotz ihrer Enttäuschungen, ja ihres Zorns, in innerer Freiheit und aufrechtem Gang ihren Weg in der Kirche finden.
Es sind ermutigende Beispiele entschieden kritischer Frauen, die sich behaupten - und bleiben: »Es braucht gerade jetzt Frauen - und Männer -, die sich selbstbewusst bekennen« (Monika Grütters). Nicht aus Nostalgie und diffusem Weihrauchgefühl, sondern überzeugt, weil ihnen der Glaube viel bedeutet.
Für alle die wissen wollen, was Frauen über die katholische Kirche wirklich denken
Austreten oder Bleiben? Die Autorinnen erzählen, warum sie trotz allem bleiben und die Zukunft der Kirche mitbestimmen
17 Frauen, die Kirche neu denken: Mit Beiträgen von Politikerinnen Ulrike Böhmer und Gesine Schwan, Schriftstellerinnen Nora Gomringer und Felicitas Hoppe, Influencerin Claudia Danzer von Mein Gott diskriminiert nicht, u.v.m.
Der Synodale Weg und Maria 2.0. kämpfen für die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, die Zulassung von Frauen als Priesterinnen, Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare, Frauenquoten und mehr. Zurecht, finden die Autorinnen dieses Buchs. Doch sie entscheiden sich gegen den Kirchenaustritt, weil es auch ihre Kirche ist und sie für eine gleichberechtigte Gemeinschaft im Christentum kämpfen - auch das ist Feminismus.
»Wenn unsere katholische Kirche sich nicht öffnet, sich nicht modernisiert, wird sie große Probleme bekommen. Und sie wird einen großen Teil der jungen Generation verlieren. « (Kathrin Budde)
»Nach der Erstkommunion durften meineBrüder Ministranten werden. Ich nicht. Das habe ich nicht verstanden. Es hieß damals zur Begründung: Du bist 'bloß' ein Mädchen. Aber: Warum bin ich 'bloß'? Innerlich rebellierte ich dagegen. Die Kirche versuchte mich klein zu machen. « (Gerlinde Kretschmann)
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Anna-Lena Ripperger nimmt Elisabeth Zolls Buch zum Anlass, sich auf kurzweilige Weise mit dem Thema Kirche und Gesellschaft zu befassen. Die im Band versammelten Stimmen von Frauen, die der katholischen Kirche trotz negativer Erfahrungen die Treue halten, findet Ripperger schon wegen der unterschiedlichen Schreibstile hörenswert. Ob in Interviewform, als Bericht oder als Gedicht - die Texte erzählen der Autorin von Leid- und Gewalterfahrungen und struktureller Benachteiligung. Annette Schavan, Felicitas Hoppe oder Christel Neudeck bieten ihr "ehrliche" Stellungnahmen zu den Schattenseiten der Kirche, aber auch dazu, warum es sich lohnen könnte, in der Kirche zu bleiben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.05.2023Ausharren kann sich lohnen
Der Verlust des Vertrauens in die katholische Kirche geht tief. Viele Frauen fragen sich, was sie zum Bleiben bewegen könnte.
Austreten oder bleiben? Diese Frage beschäftigt in Deutschland viele Katholikinnen und Katholiken. Durch den Missbrauchsskandal und seine schleppende Aufarbeitung ging viel Vertrauen in die Institution Kirche verloren. Am Ende des Reformprojekts "Synodaler Weg" wurden zwar weitreichende Beschlüsse gefasst: dass es Segensfeiern für homosexuelle Paare geben soll oder dass die Bischöfe den Papst bitten sollen, den Ausschluss von Frauen vom Priesteramt zu prüfen. Aber die Reformwilligen mussten bei anderen Forderungen Abstriche machen - was den Vatikan allerdings nicht versöhnlicher stimmte. Rom hat sich mehrmals gegen Vorhaben des Projekts gestellt, zuletzt gegen die Predigt und Taufe durch Laien.
Dabei läuft den deutschen Bischöfen die Zeit davon. 2021 haben fast 360.000 Menschen die katholische Kirche verlassen, so viele wie nie zuvor. Die Zahlen für 2022 werden erst Mitte des Jahres veröffentlicht, aber ein weiterer Anstieg ist wahrscheinlich: Laut einer im Dezember veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung denkt jedes vierte Kirchenmitglied über einen Austritt nach, Katholiken sind dabei mit zwei Dritteln in der Mehrheit.
Die Journalistin Elisabeth Zoll hat dieser Entwicklung einen Sammelband gewidmet. Es geht darin aber nicht um Kirchenmitglieder, die gehen wollen, sondern um die, die bleiben. Genauer: um Frauen, die der katholischen Kirche die Treue halten, trotz der chronischen strukturellen Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts. 18 von ihnen erzählen in "Wir bleiben! Warum sich Frauen nicht aus der katholischen Kirche vertreiben lassen" ihre persönliche Glaubensgeschichte. Es sind namhafte Frauen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, von der früheren Bildungsministerin Annette Schavan über die Schriftstellerin Felicitas Hoppe bis hin zur Cap-Anamur-Mitbegründerin Christel Neudeck. Die Lyrikerin Nora Gomringer hat religiöse Gedichte beigesteuert.
Schon im Vorwort wird deutlich, dass das Buch kein Lobgesang auf die Institution Kirche sein soll, sondern eine ehrliche Auseinandersetzung mit ihren Licht- und Schattenseiten. Frauen fänden in der katholischen Kirche "mehr als einen Grund für Zorn und Enttäuschung, für Widerspruch und Verweigerung", schreibt Elisabeth Zoll, Missstände verdunkelten die "befreiende Botschaft des Evangeliums". Aber Zoll will eben auch zeigen, dass Ausharren sich lohnen kann - weil es in den christlichen Kirchen immer noch viele Menschen gibt, die durch die Kraft ihres Glaubens versuchen, "eine bessere Welt und ein solidarisches Miteinander zu gestalten".
Viele der Autorinnen sind, wie es die SPD-Politikerin Andrea Nahles formuliert, in die Kirche "reingewachsen" - unabhängig davon, ob sie in den Vierzigerjahren geboren wurden wie Nahles' Parteikollegin Gesine Schwan oder in den Neunzigern wie die Theologin und Netzaktivistin Claudia Danzer. Sie gingen mit der Familie zum Gottesdienst, waren Ministrantinnen oder machten kirchliche Jugendarbeit. Sie erlebten die kirchliche Gemeinschaft als Bereicherung, lernten kritisches Denken in globalen Zusammenhängen und begegneten unterschiedlichen Arten von Spiritualität.
Manche, wie etwa die Grünen-Politikerin Gerlinde Kretschmann oder die Journalistin Johanna Beck, machten aber auch schon früh Bekanntschaft mit einer Kirche, die Mädchen und Frauen diskriminiert oder gar missbraucht. Kretschmann wäre nach der Erstkommunion gerne Ministrantin geworden, aber dieser Dienst war den Jungen vorbehalten. "Die Kirche versuchte mich klein zu machen", sagt sie im Gespräch mit Elisabeth Zoll. Das sei der Anfang eines längeren Entfremdungsprozesses gewesen, der schließlich zu ihrem Austritt geführt habe. Erst Jahre später hat sich Kretschmann, Ehefrau des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, dazu entschlossen, wieder in die katholische Kirche einzutreten - weil es sich damals für sie wieder stimmig anfühlte, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.
Johanna Beck erlebte als Mädchen, wie toxisch religiöser Fundamentalismus sein kann. In der Katholischen Pfadfinderschaft Europas (KPE), einer inzwischen von der Kirche anerkannten Gruppierung, wurde sie von einem Priester sexuell und geistlich missbraucht. Mit 16 Jahren gelang ihr der Ausbruch aus der KPE, mit der sie damals, ebenso wie mit der katholischen Kirche, nie wieder etwas zu tun haben wollte.
Ein eher zufälliger Kirchenbesuch an einem Winterabend wurde zum Wendepunkt: Beck versuchte, sich der Kirche wieder anzunähern - eine durchaus schmerzvolle Erfahrung. Mit der Hilfe ihrer Familie, des Gemeindepfarrers und einer Therapeutin arbeitete sie ihre Geschichte auf und setzt sich heute für andere Missbrauchsbetroffene ein, etwa im Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz. Ihr Glaube habe nun wieder in der katholischen Kirche seine Heimat gefunden, schreibt Beck, und er treibe sie an, "weiterhin für eine evangeliumsgemäßere Kirche zu kämpfen".
Die Hoffnung darauf, dass sich Kirche noch verändern kann, ist einer der Gründe, warum die Autorinnen des Buchs - Frauen aus unterschiedlichen Generationen, mit verschiedenen Berufen und Lebenswegen - sie (vorerst) nicht verlassen, entgegen dem Zeitgeist und trotz der tiefen Enttäuschung über den Missbrauchsskandal, den Umgang mit Frauen und LGBTQIA+-Personen, mit Machtmissbrauch und Reformunfähigkeit.
Nur an wenigen Stellen hätte man sich ein strengeres Lektorat gewünscht, um die teils stark assoziative Annäherung an das Thema etwas einzuhegen. Gleichzeitig sorgen die ganz unterschiedlichen Stile der Autorinnen für Abwechslung beim Lesen - ebenso wie die eingestreuten Beiträge in Interviewform und Gomringers Gedichte mit ihrem besonderen, gebethaften Klang. Zolls Sammelband ist eine kurzweilige Einladung, über den Zustand von Kirche und Gesellschaft nachzudenken - und über die eigene Geschichte inner- oder außerhalb der Kirche. ANNA-LENA RIPPERGER
Elisabeth Zoll: Wir bleiben! Warum sich Frauen nicht aus der katholischen Kirche vertreiben lassen.
S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2023. 183 S., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Verlust des Vertrauens in die katholische Kirche geht tief. Viele Frauen fragen sich, was sie zum Bleiben bewegen könnte.
Austreten oder bleiben? Diese Frage beschäftigt in Deutschland viele Katholikinnen und Katholiken. Durch den Missbrauchsskandal und seine schleppende Aufarbeitung ging viel Vertrauen in die Institution Kirche verloren. Am Ende des Reformprojekts "Synodaler Weg" wurden zwar weitreichende Beschlüsse gefasst: dass es Segensfeiern für homosexuelle Paare geben soll oder dass die Bischöfe den Papst bitten sollen, den Ausschluss von Frauen vom Priesteramt zu prüfen. Aber die Reformwilligen mussten bei anderen Forderungen Abstriche machen - was den Vatikan allerdings nicht versöhnlicher stimmte. Rom hat sich mehrmals gegen Vorhaben des Projekts gestellt, zuletzt gegen die Predigt und Taufe durch Laien.
Dabei läuft den deutschen Bischöfen die Zeit davon. 2021 haben fast 360.000 Menschen die katholische Kirche verlassen, so viele wie nie zuvor. Die Zahlen für 2022 werden erst Mitte des Jahres veröffentlicht, aber ein weiterer Anstieg ist wahrscheinlich: Laut einer im Dezember veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung denkt jedes vierte Kirchenmitglied über einen Austritt nach, Katholiken sind dabei mit zwei Dritteln in der Mehrheit.
Die Journalistin Elisabeth Zoll hat dieser Entwicklung einen Sammelband gewidmet. Es geht darin aber nicht um Kirchenmitglieder, die gehen wollen, sondern um die, die bleiben. Genauer: um Frauen, die der katholischen Kirche die Treue halten, trotz der chronischen strukturellen Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts. 18 von ihnen erzählen in "Wir bleiben! Warum sich Frauen nicht aus der katholischen Kirche vertreiben lassen" ihre persönliche Glaubensgeschichte. Es sind namhafte Frauen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, von der früheren Bildungsministerin Annette Schavan über die Schriftstellerin Felicitas Hoppe bis hin zur Cap-Anamur-Mitbegründerin Christel Neudeck. Die Lyrikerin Nora Gomringer hat religiöse Gedichte beigesteuert.
Schon im Vorwort wird deutlich, dass das Buch kein Lobgesang auf die Institution Kirche sein soll, sondern eine ehrliche Auseinandersetzung mit ihren Licht- und Schattenseiten. Frauen fänden in der katholischen Kirche "mehr als einen Grund für Zorn und Enttäuschung, für Widerspruch und Verweigerung", schreibt Elisabeth Zoll, Missstände verdunkelten die "befreiende Botschaft des Evangeliums". Aber Zoll will eben auch zeigen, dass Ausharren sich lohnen kann - weil es in den christlichen Kirchen immer noch viele Menschen gibt, die durch die Kraft ihres Glaubens versuchen, "eine bessere Welt und ein solidarisches Miteinander zu gestalten".
Viele der Autorinnen sind, wie es die SPD-Politikerin Andrea Nahles formuliert, in die Kirche "reingewachsen" - unabhängig davon, ob sie in den Vierzigerjahren geboren wurden wie Nahles' Parteikollegin Gesine Schwan oder in den Neunzigern wie die Theologin und Netzaktivistin Claudia Danzer. Sie gingen mit der Familie zum Gottesdienst, waren Ministrantinnen oder machten kirchliche Jugendarbeit. Sie erlebten die kirchliche Gemeinschaft als Bereicherung, lernten kritisches Denken in globalen Zusammenhängen und begegneten unterschiedlichen Arten von Spiritualität.
Manche, wie etwa die Grünen-Politikerin Gerlinde Kretschmann oder die Journalistin Johanna Beck, machten aber auch schon früh Bekanntschaft mit einer Kirche, die Mädchen und Frauen diskriminiert oder gar missbraucht. Kretschmann wäre nach der Erstkommunion gerne Ministrantin geworden, aber dieser Dienst war den Jungen vorbehalten. "Die Kirche versuchte mich klein zu machen", sagt sie im Gespräch mit Elisabeth Zoll. Das sei der Anfang eines längeren Entfremdungsprozesses gewesen, der schließlich zu ihrem Austritt geführt habe. Erst Jahre später hat sich Kretschmann, Ehefrau des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, dazu entschlossen, wieder in die katholische Kirche einzutreten - weil es sich damals für sie wieder stimmig anfühlte, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.
Johanna Beck erlebte als Mädchen, wie toxisch religiöser Fundamentalismus sein kann. In der Katholischen Pfadfinderschaft Europas (KPE), einer inzwischen von der Kirche anerkannten Gruppierung, wurde sie von einem Priester sexuell und geistlich missbraucht. Mit 16 Jahren gelang ihr der Ausbruch aus der KPE, mit der sie damals, ebenso wie mit der katholischen Kirche, nie wieder etwas zu tun haben wollte.
Ein eher zufälliger Kirchenbesuch an einem Winterabend wurde zum Wendepunkt: Beck versuchte, sich der Kirche wieder anzunähern - eine durchaus schmerzvolle Erfahrung. Mit der Hilfe ihrer Familie, des Gemeindepfarrers und einer Therapeutin arbeitete sie ihre Geschichte auf und setzt sich heute für andere Missbrauchsbetroffene ein, etwa im Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz. Ihr Glaube habe nun wieder in der katholischen Kirche seine Heimat gefunden, schreibt Beck, und er treibe sie an, "weiterhin für eine evangeliumsgemäßere Kirche zu kämpfen".
Die Hoffnung darauf, dass sich Kirche noch verändern kann, ist einer der Gründe, warum die Autorinnen des Buchs - Frauen aus unterschiedlichen Generationen, mit verschiedenen Berufen und Lebenswegen - sie (vorerst) nicht verlassen, entgegen dem Zeitgeist und trotz der tiefen Enttäuschung über den Missbrauchsskandal, den Umgang mit Frauen und LGBTQIA+-Personen, mit Machtmissbrauch und Reformunfähigkeit.
Nur an wenigen Stellen hätte man sich ein strengeres Lektorat gewünscht, um die teils stark assoziative Annäherung an das Thema etwas einzuhegen. Gleichzeitig sorgen die ganz unterschiedlichen Stile der Autorinnen für Abwechslung beim Lesen - ebenso wie die eingestreuten Beiträge in Interviewform und Gomringers Gedichte mit ihrem besonderen, gebethaften Klang. Zolls Sammelband ist eine kurzweilige Einladung, über den Zustand von Kirche und Gesellschaft nachzudenken - und über die eigene Geschichte inner- oder außerhalb der Kirche. ANNA-LENA RIPPERGER
Elisabeth Zoll: Wir bleiben! Warum sich Frauen nicht aus der katholischen Kirche vertreiben lassen.
S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2023. 183 S., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Insgesamt ist das Buch wegen der übersichtlichen Texte kurzweilig, interessant, auch flüssig geschrieben und daher lesenswert."
Norbert Schäfer PRO 20230314
Norbert Schäfer PRO 20230314