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Hässlich, humorlos, besserwisserisch und schwermütig - so sind wir Deutschen . Kein Wunder, dass uns keiner liebt, am wenigsten wir uns selbst. Stimmt das denn? Oder haben wir uns nur so sehr an das"Leiden an Deutschland"gewöhnt, daran, dass Jammern zum guten Ton jedes anständigen deutschen Intellektuellen gehört? Ohne Mitleid, ganz direkt und mit Witz nimmt sich Matthias Matussek unsere Politikverdrossenheit, Investitionsmüdigkeit und unseren Sparzwang vor und entdeckt das Unglaubliche: Deutschland kann begeistern, sich selbst und andere!

Produktbeschreibung
Hässlich, humorlos, besserwisserisch und schwermütig - so sind wir Deutschen . Kein Wunder, dass uns keiner liebt, am wenigsten wir uns selbst. Stimmt das denn?
Oder haben wir uns nur so sehr an das"Leiden an Deutschland"gewöhnt, daran, dass Jammern zum guten Ton jedes anständigen deutschen Intellektuellen gehört?
Ohne Mitleid, ganz direkt und mit Witz nimmt sich Matthias Matussek unsere Politikverdrossenheit, Investitionsmüdigkeit und unseren Sparzwang vor und entdeckt das Unglaubliche: Deutschland kann begeistern, sich selbst und andere!
Autorenporträt
Matthias Matussek (1954) studierte Amerikanistik und Vergleichende Literaturwissenschaften an der FU Berlin. Nach Stationen beim Berliner Abend und beim Stern kam Matussek zum Spiegel, für den er als Korrespondent und Reporter in New York, Berlin, Rio de Janeiro und London war. Im Herbst 2005 kehrte er in die 'Zentrale' nach Hamburg zurück, wo er bis Januar 2008 das Feuilleton leitete, für das er nun als Autor tätig ist. Sein Buch »Wir Deutschen« wurde im Fußballsommer 2006 zum Bestseller.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.05.2006

Endlich in der Heimat
Matthias Matusseks Streitschrift für entspannten Patriotismus

Nichts überrascht mehr an diesem Buch als der entspannte Ton, den sein Autor anschlägt. Denn er schreibt ja über das Verhältnis der Deutschen zu ihrer eigenen Nationalität, über ein Thema also, das sonst nur die verbissensten Mienen und die allerernstesten Akkorde abruft. Matthias Matussek hingegen sieht Deutschland in den Gesten und Gesichtern der Menschen, die er liebt. Am Anfang des Buchs steht die Erinnerung an seinen fünfjährigen Sohn, der "nach einem Transatlantikflug auf der Gangway in Frankfurt auf die Knie ging und theatralisch ausrief: ,Endlich in der Heimat.'" Es endet mit dem Blick auf das Gesicht seiner schlafenden Frau, in dem er die beste Antwort auf die Bitte findet, "einen unverkrampften Satz über Deutschland zu sagen".

Eine andere Klammer des Buchs erklärt den optimistisch ambivalenten Untertitel "Warum uns die anderen gern haben können". Von seiner fassungslosen Wut über die englische Romanautorin Antonia Byatt berichtet Matussek einleitend, die bei einem zu ihren Ehren von der deutschen Botschaft in London veranstalteten Dinner anmerkte, alte Demokratien wie Großbritannien bedürften einer europäischen Verfassung nicht, während sie allemal ein guter Schutz gegen die notorisch unzuverlässigen Deutschen sein könnte.

Der unschlagbare Deutschen-Haß der englischen Medien verfestigt sich über die folgenden dreihundertfünfzig Seiten zu einem Leitmotiv, welches Matussek freilich mit soviel Fremd- und auch Selbstironie ausspielt, daß es drei Seiten vor Schluß widerspruchslos in eine Liebeserklärung umschlagen kann: "Hatte ich schon erwähnt, daß ich unser germanisches Brudervolk auf der Insel immer schon sehr mochte? Es ist Zeit für eine Aussöhnung, und wie immer ist es der Klügere, der hier den ersten Schritt tut: Also Engländer, meinetwegen schnappt euch Schleswig-Holstein. Aber ab jetzt: Keine Hitlertiraden mehr, klar?!"

Es gibt freilich in Deutschland geborene Intellektuelle aus Matusseks Generation der jetzt Fünfzigjährigen, denen die nationale Geschichte so sehr zu einer von den schweigenden Tätern auferlegten Last wurde, daß sie das Land verließen, seine Staatsbürgerschaft aufgaben und bis heute bei jeder Rückkehr für einen - vielleicht obsessiven - Augenblick zu spüren glauben, daß seine Atmosphäre verwunschen bleibt. Für solche Deutsche, über die sich Matussek vor allem lustig macht, ist seine programmatische Unbekümmterheit gewiß eine Herausforderung: "Ich bin nicht tief traumatisiert, denn ich denke nicht oft an die deutsche Schuld und an den Holocaust, und wenn ich es tue, bin ich traurig."

Um Sätze wie diese zu rechtfertigen, macht Matussek geltend, daß sich die Scharniere der Zeit verändert haben, unter denen die Deutschen ihre Vergangenheit erfahren können. Deutsche Gegenwart ist für dieses Buch nicht einfach die Berliner Republik, sondern spezifischer die Berliner Republik der Regierung von Angela Merkel, in deren Kabinett und Opposition sich eher als die Integration von Ost-Deutschen und West-Deutschen die Neutralisierung ebendieses Unterschieds vollzogen haben soll.

Deutschland sei zum ersten Mal in einer Situation angekommen, wo seine Grenzen und seine zentrale europäische Rolle unbestritten akzeptiert werden. Dieser Eindruck erklärt möglicherweise die Beobachtung eines neuen politischen Stils, in dem nach Matussek Kompetenz und pragmatische Problemorientiertheit über die klassischen ideologischen Grenzziehungen dominieren. Vor allem aber soll die unideologische Gegenwart den Blick auf die Weite nationaler Vergangenheit eröffnen, die nicht mehr blockiert ist vom "Riegel" der zwölf nationalsozialistischen Jahre.

Irrweg der Bildungsnation

Statt auf die im Fall Deutschlands unvermeidlich prekären Definitionen durch Territorialgrenzen oder durch die Kontinuität einer politischen Mission setzt Matussek auf Deutschland als Kulturnation, das heißt: auf die produktive und zivilisierende Sehnsucht nach Einheit eher als auf Einheit als geschichtliche Tatsache. Träger und Agent dieser Sehnsucht und seiner Verwirklichung sei der deutsche "Bildungsbürger" gewesen, verkörpert vor allem vom kulturbegeisterten Beamten, der sich schon immer unterschieden habe vom "citizen" oder "citoyen" in der angloamerikanischen und französischen Tradition und von seiner Forderung nach politischen Rechten zur Durchsetzung von wirtschaftlichen Interessen.

Ob es einen Zusammenhang gibt zwischen der philosophischen, literarischen und musikalischen Tradition und jenen spezifisch deutschen "Sekundärtugenden", zu denen Matussek neben Pünklichkeit, Sauberkeit, Zuverlässigkeit nun gleich auch noch Entspanntheit und Friedfertigkeit zählen möchte, wird nicht deutlich. Was er immer wieder empfiehlt und fordert, ist ja nur eine unverkrampfte Offenheit diesem Erbe gegenüber, weil seine Konkretheit nicht zu ersetzen sei durch das allzu abstrakte Konzept von Europa.

Eher lustlos und unanschaulich fällt dagegen Matusseks Versuch aus, das Bejahen der historisch gewachsenen Nationalidentität zu rechtfertigen als notwendige Bedingung für eine wirtschaftliche und politische Kollektiv-Zukunft. So kann es seinem Leser kaum entgehen, daß das, was ihn vor allem, ja vielleicht allein bewegt, der bildungsbürgerlich-ästhetische Wert eines Lebens in Würde und Stolz ist. Dagegen ist gewiß nichts einzuwenden. Nur verliert angesichts dieser Sehnsucht und der in ihr aufscheinenden Möglichkeit Deutschlands zu einem neuen, anderen Leben Matusseks Blick auf die dunklen, mit dem Begriff der Bildungsnation nicht zu versöhnenden Jahre der Vergangenheit allzuviel von jener analytischen Schärfe, die ihn sonst auszeichnet.

Nichts als "sprachlose Traurigkeit" empfinde er angesichts des Holocaust als einem historischen Geschehen, das in seiner Sicht "ein Teil der Deutschen einem anderen Teil unseres Volkes angetan hat". Mit dieser Formulierung aber verwandelt er das nationalsozialistische Projekt von der "Endlösung" als Industrialisierung des Mordens in die vergleichsweise respektable Struktur eines Bürgerkriegs, wo Angehörige derselben Nationalität in Konflikt stehen. Was jedoch den Selbstanspruch des deutschen Bildungsbürgertums für immer in Frage gestellt hat, war gerade das Akzeptieren einer zur Politik gewordenen Ideologie, welche den Opfern nicht nur ihr Deutschsein, sondern auch ihr Menschsein verweigerte; das Akzeptieren einer Ideologie, welche die Juden, die Roma und die Homosexuellen nicht allein aus der Nation als Gemeinschaft heraussetzte, sondern aus jeglichem Rechtsverhältnis und jeglicher Ethik.

Glanz des Feuilletons

Am Ende einer bemerkenswerten Beschreibung des Stadtbilds von Wolfsburg stößt Matussek auf den Grundstein des Volkswagenwerks, "darin eingemeißelt die Jahreszahl 1938 und das Hakenkreuz. Es ist der Grundstein des Volkswagenwerks", kommentiert er. "Es ist nicht der Grundstein Deutschlands." Auf diese Weise kann man im vereinigten Deutschland der Berliner Republik die Geschichte der Nation sehen und formen, und vielleicht ist es ja richtig und wirklich an der Zeit, den neuen Generationen ein Bild von der eigenen Identität weiterzugeben, das nicht gänzlich überschattet ist durch den Riegel der Shoa und durch die moralische Selbstgerechtigkeit von Selbstgeißelungen.

Andererseits kann das Recht auf neue Entspanntheit wohl nicht einfach ein Effekt der mehr als sechzig Jahre sein, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs vergangen sind, und schon gar nicht ein Ergebnis der Wiedervereinigung als politischem Faktum. Was Deutschlands Zukunft von der Gegenwart einer mit Schande beladenen Vergangenheit befreit hat, das waren säkulare Akte und Haltungen, die der theologischen Logik von "Erlösung" entsprachen. Es war die Bereitschaft weniger Deutscher, Verantwortung für Verbrechen zu übernehmen, an denen sie nicht beteiligt waren.

Einige von ihnen gehören zu den Helden von Matusseks Buch, obwohl ihm ihre politischen Positionen denkbar fern sind. Willy Brandt bewundert er für die Geste des stummen Kniefalls im Warschauer Getto und den Dichter Heiner Müller für seinen auf die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts reagierenden gnadenlosen Pessimismus. Aber auch Deutschen wie Matusseks Vater, der sich in den Nachkriegsjahrzehnten als Bildungsbürger und konservativer Politiker offenbar für einen Neuanfang ohne Selbstschonung engagierte, verdankt die Berliner Republik ihre Möglichkeit und ihr moralisches Recht auf eine Bejahung der Nationalidentität. In eine solche Familie geboren zu sein ist schieres Glück, so, wie Matussek offenbar auch das Glück hatte, unter den deutsch-jüdischen Emigranten in Manhattan nur auf versöhnliche Freunde zu stoßen.

Und wovon ist im Blick auf Deutschland nicht die Rede in diesem fakten- und erlebnisreichen Buch, dessen größtes Verdienst darin liegen mag, daß es trotz - oder vielleicht wegen - der optimistischen Grundeinstellung des Autors seine Leser verpflichtet, die alten, ernstesten deutschen Fragen aus einer neuen Perspektive zu stellen und durchzudenken? Abwesend ist zum Beispiel der alte und wohl immer noch lebendige Traum der deutschen Kulturnation vom europäischen Westen und Süden, von Frankreich, Spanien, Griechenland und Italien als Projektionsflächen kollektiver Sehnsucht. Der deutsche Kosmopolit Matussek bewundert mehr den Patriotismus der Amerikaner und der Schweizer, und an Brasilien erinnert er sich mit warmer Sympathie. Aber diese geographische Verschiebung ist nur eine von vielen exzentrischen Gesten, die seinem Buch alle Schwere nehmen.

Ob man seine Positionen teilt oder nicht, Matusseks Buch ist eine inspirierende Lektüre, und in seiner Mischung aus Bildung und Engagement zeigt es sich als ein typisches Produkt des deutschen Feuilletons, das im internationalen Vergleich zu den Glanzlichtern der Berliner Republik gehört. Vielleicht waren Zeitungen seit der Zeit von Heinrich Heine, Ludwig Börne und Karl Marx nie mehr so belebend und zentral in der deutschen Kultur wie heute. Denn im Feuilleton vor allem hat jene bildungsbürgerliche Tradition, auf die Matussek setzt, ihre Verjüngung erfahren und eine Kontinuität gefunden. Das sollten auch und gerade jene Leser anerkennen, deren Patriotismus die Unbekümmertheit noch immer abgeht.

HANS ULRICH GUMBRECHT

Matthias Matussek: "Wir Deutschen". Warum uns die anderen gern haben können. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006. 352 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Michael Naumann gefällt es, wie Matthias Matussek mit markigen Aussagen die Auseinandersetzung sucht und die Political Correctness mit polemischer Verve durchkreuzt. Naumann findet diesen "Vulkanausbruch von Vaterlandsliebe" zwar manchmal so heftig, dass es schon weh tut, gesteht Matussek aber wegen dessen Offenheit in Bezug auf die eigene politische Sozialisation vom Maoismus zum Neokonservativen eine solide Glaubwürdigkeit zu. Matusseks Vorbild sei der Satiriker Heine, zu dem er laut Naumann an einigen Stellen sogar beinahe aufschließen kann. In dieser Lautstärke wird das Loblied auf das Heimatland wohl nicht lange erschallen, meint der Rezensent, und auch der Autor wird sich aus dem eigenen Fenster beizeiten wieder ein wenig zurücklehnen, aber dieses "schön unordentliche" und überdeutliche Buch begrüßt er im Großen und Ganzen doch.

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