Im Mittelpunkt dieses Buches steht das HASAG-Lager in Leipzig-Schönefeld, ein Frauenarbeitslager und Außenkommando des Konzentrationslagers Buchenwald, in dem ausschließlich weibliche Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten. Die Lagerinsassinnen waren im Alltag unzähligen Erniedrigungen und Demütigungen ausgesetzt. Um das Leiden und die Entbehrungen verkraften zu können, begannen einige der Frauen, ihre Gedanken und Gefühle heimlich in Gedichten auszudrücken. Die Autorin, die selbst als Häftling im Lager arbeiten musste, hat diese Gedichte gesammelt und in hebräischer und englischer Sprache er Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die hier vorliegende Übersetzung gibt nun auch dem deutschen Publikum einen authentischen Eindruck vom Lageralltag der Frauen zwischen Furcht und Hoffnung. Aufgearbeitet werden zugleich die Bedeutung der Rüstungsproduktion der HASAG-Fabrik, die Organisationsstruktur des Lagers sowie die Beziehungen zwischen Konzernleitung und Lagerkommandantur. Die Verbind ung zwischen wissenschaftlicher Untersuchung und persönlichen Zeugnissen macht dieses Buch zu einem eindrucksvollen Beleg für den Überlebenswillen im Angesicht von Terror und Ausbeutung.
"In deutscher Übersetzung liegt jetzt das Buch "Wir lebten zwischen Granaten und Gedichten" der israelischen Wissenschaftlerin Felicja Karay vor. Die Autorin beschreibt darin das Leben jüdischer Häftlinge, die in den Nazi-Jahren für den Rüstungskonzern HASAG in Leipzig arbeiten mussten - eine davon war sie selbst. "Sogar unter den Bedingungen der Hölle, in der Pause zwischen zwei Todestransporten, lebten die Häftlinge nicht von Brot allein", erinnert sich die damalige Fremdarbeiterin. "Jedesmal, wenn man ihnen ein wenig Raum zum Atmen ließ, wurden Gedichte aus dem Gedächtnis deklamiert, auf jedem durch ein Wunder eroberten Papierstreifen wurden Satiren, Erzählungen, Tagebücher notiert. Das haben Jüdinnen, Polinnen, Französinnen getan..." Sie alle hätten über Literatur und Sprache versucht, ihre Menschenwürde zu bewahren. Folglich berichtet Felicja Karay vor allem über das kulturelle Schaffen der Häftlinge - ohne die Lager-Wirklichkeit zu idealisieren." Leipziger Volkszeitung, 07.01.02