Von 1989 bis 2000 hat Claude Lévi-Strauss für die Zeitung La Repubblica Artikel verfasst, in denen er Ereignisse und Tendenzen der modernen Gesellschaft kommentiert. Er setzt sich mit Themen wie Bevölkerungswachstum, Massentierhaltung sowie Organtransplantation auseinander und reflektiert das Denken Montaignes oder Comtes. Im titelgebenden Essay »Wir sind alle Kannibalen« vergleicht er den Rinderwahnsinn mit der Krankheit Kuru, die sich in Papua-Neuguinea zu Beginn des letzten Jahrhunderts durch eine Form von Kannibalismus seuchenartig verbreitete. Zusammen mit seinem legendären Essay »Der gemarterte Weihnachtsmann« erscheinen diese thematisch vielfältigen Texte erstmals in einem Band versammelt.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.06.2017NEUE TASCHENBÜCHER
Fröhliche
Wissenschaft
Perlen des Feuilletons, funkelnde kleine Erzählungen und Essays hat der Altmeister des französischen Strukturalismus, Claude Lévi-Strauss, von 1989 bis 2000 für die italienische Tageszeitung La Repubblica verfasst. Fasziniert folgt man dem weit gereisten Ethnologen auf seinen Streifzügen durch die globalen Alltagswelten. Ausgangspunkte sind meist tagesaktuelle Stichwörter wie Rinderwahn, Reproduktionsmedizin und Genderitis oder die Winde und Nebel an der Nordwestküste Amerikas, die Weihnachtsmänner auf dem New Yorker Times Square, die Linienführung auf einem Gemälde von Poussin oder die Art und Weise wie Japanerinnen beim Nähen einfädeln: Kein Phänomenon ist zu klein, kein Ding zu unbedeutend, kein Menschenwesen zu fern, um nicht beobachtet und beschrieben, in seinen Bewegungen durch Raum und Zeit verglichen, gedeutet und voneinander geschieden zu werden. Identisch ist auf der Welt nämlich gar nichts, bei allem Hin und Her bringt selbst ein- und dasselbe immer nur etwas anderes hervor. Dem Feldforscher Claude Lévi-Strauss kann man zusehen, wie sinnliche Anschau-ung zu anschaulichem Denken wird.
VOLKER BREIDECKER
Claude Levi-Strauss: Wir sind alle Kannibalen. Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Suhrkamp Verlag, Berlin 2017. 250 Seiten, 16 Euro.
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Perlen des Feuilletons, funkelnde kleine Erzählungen und Essays hat der Altmeister des französischen Strukturalismus, Claude Lévi-Strauss, von 1989 bis 2000 für die italienische Tageszeitung La Repubblica verfasst. Fasziniert folgt man dem weit gereisten Ethnologen auf seinen Streifzügen durch die globalen Alltagswelten. Ausgangspunkte sind meist tagesaktuelle Stichwörter wie Rinderwahn, Reproduktionsmedizin und Genderitis oder die Winde und Nebel an der Nordwestküste Amerikas, die Weihnachtsmänner auf dem New Yorker Times Square, die Linienführung auf einem Gemälde von Poussin oder die Art und Weise wie Japanerinnen beim Nähen einfädeln: Kein Phänomenon ist zu klein, kein Ding zu unbedeutend, kein Menschenwesen zu fern, um nicht beobachtet und beschrieben, in seinen Bewegungen durch Raum und Zeit verglichen, gedeutet und voneinander geschieden zu werden. Identisch ist auf der Welt nämlich gar nichts, bei allem Hin und Her bringt selbst ein- und dasselbe immer nur etwas anderes hervor. Dem Feldforscher Claude Lévi-Strauss kann man zusehen, wie sinnliche Anschau-ung zu anschaulichem Denken wird.
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Claude Levi-Strauss: Wir sind alle Kannibalen. Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Suhrkamp Verlag, Berlin 2017. 250 Seiten, 16 Euro.
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»Dem Feldforscher Claude Lévi-Strauss kann man zusehen, wie sinnliche Anschauung zu anschaulichem Denken wird.« Volker Breidecker Süddeutsche Zeitung 20170607