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"Das Buch einen Interviewband zu nennen, griffe zu kurz. Es ist der kollektive Roman einer außergewöhnlichen Generation, spannend nicht nur wegen der Einzelschicksale, sondern auch wegen der Variabilität des sprachlichen Ausdrucks und der individuellen Temperamente, die zu Wort kommen." Anna Mitgutsch, Der Standard, 29.1.1996
In mehr als 700 Interviewausschnitten berichtet dieses Buch facettenreich vom Lebensweg und kulturellen Selbstverständnis der letzten deutschsprachigen Juden in Israel. Dabei entsteht eine bewegende Chronik des 20. Jahrhunderts.
In Israel leben heute noch einige
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Produktbeschreibung
"Das Buch einen Interviewband zu nennen, griffe zu kurz. Es ist der kollektive Roman einer außergewöhnlichen Generation, spannend nicht nur wegen der Einzelschicksale, sondern auch wegen der Variabilität des sprachlichen Ausdrucks und der individuellen Temperamente, die zu Wort kommen."
Anna Mitgutsch, Der Standard, 29.1.1996

In mehr als 700 Interviewausschnitten berichtet dieses Buch facettenreich vom Lebensweg und kulturellen Selbstverständnis der letzten deutschsprachigen Juden in Israel. Dabei entsteht eine bewegende Chronik des 20. Jahrhunderts.

In Israel leben heute noch einige tausend Menschen mit deutscher Muttersprache, die als Kinder, Jugendliche und jüngere Erwachsene in den 30er Jahren eingewandert sind. Sie sind die Letzten einer Generation von Emigranten aus Deutschland, Österreich und der CSR, die vor den Nazis nach Palästina flohen. Heute 60 bis 100 Jahre alt, sind sie einerseits von europäischen Traditionen, andererseits von ihrem Leben in Palästina/Israel geprägt.
In diesem Buch kommen die "Jeckes", wie die deutschen Juden in Israel halb spöttisch, halb liebevoll genannt werden, selbst zu Wort. Sie berichten über ihre Kindheit und Jugend in Deutschland, über ihre Flucht aus Europa und ihr Einleben in Palästina, über ihren kulturellen und weltanschaulichen Standort, über das Schicksal ihrer Familien und über ihr heutiges Verhältnis zur früheren Heimat.

Die Spontanität der mehrstündigen Einzelgespräche, aufgenommen zwischen 1989 und 1994, wurde weitgehend bewahrt. So lesen sich die über 700 Texte als lebendige, spannende und äußerst individuelle Selbstportraits einer Generation, mit der eine geschichtliche Epoche zu Ende geht.
Autorenporträt
Miryam Du-nour, aus einer Prager Zionistenfamilie stammend, promovierte in Hebraistik in Jerusalem und war als Übersetzerin sowie als Dozentin für Übersetzungswissenschaften an der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.1996

Kostbares Zeugnis
Jüdische Emigranten sprechen über ihre Heimat

Anne Betten, Miryam Du-nour (Herausgeber): Wir sind die Letzten. Fragt uns aus. Gespräche mit Emigranten der dreißiger Jahre in Israel. Bleicher Verlag, Gerlingen 1995. 456 Seiten, 49,80 Mark.

Es gibt gewiß Israelis - auch Politiker im jetzt regierenden Likud-Block -, die nicht mit Deutschen sprechen wollen. Die Israelis, die aus Deutschland stammen und oft durch die Hölle gingen, gehören in der Regel nicht dazu. Man hat ihnen Deutschland und damit vielfach die Heimat entrissen; Sprache, Gesang und Kultur. Entwurzelt mußten sie in einem fernen Wüstenland neue Wurzeln schlagen. "Wir sind die Letzten. Fragt uns aus. Wir sind zuständig. Wir tragen den Zettelkasten mit den Steckbriefen unserer Freunde wie einen Bauchladen vor uns her", schreibt Hans Sahl in einem Gedicht, das dem Buch aus Gesprächen mit 150 Überlebenden seinen Titel gab. Gepflegt ist ihr Deutsch. Sie sind oft gebildeter als Deutsche heute. Sie sind Deutsche geblieben und haben sich mittlerweile dazu noch die jüdisch-israelische Kultur angeeignet. In der Regel lesen sie lieber deutsche Bücher als solche in neuhebräischer Übersetzung.

Nur die Glücklichen kommen in diesem Band zu Sprache. Von den Umgekommenen bleibt nur Erinnerung. Im zweiten Kapitel berichten die Zeugen von der Einsamkeit im neuen Land, der Angst um die Zurückgebliebenen und noch immer der Hoffnung, es werde vielleicht doch bald der Spuk vorbei sein. Als das Schiff von Erna Jacob endlich im ägyptischen Hafen Alexandria anlegte, sah sie eine deutsche Flagge auf Halbmast und rief glücklich: "Kinder, Hitler ist tot. Wir können wieder zurück." Aber da war nur der Zeppelin abgestürzt. Sie mußten sich anpassen und weiterleben. David Bar-Levi (Heinz Levisohn) konnte nicht Jura fertigstudieren, auch nicht Lehrer werden; ihm fehlte das Ivrit. So verkaufte er erst Eier, dann war er elf Jahre lang Kellner, heute sagt er: ". . . ich möchte das gar nicht missen."

Da sind die bekannteren Gesprächspartner wie die Historiker Yehoshua Arieli oder Josef Walk, der Kartograph Naftali Kadmon, Autoren wie Mirjiam Michaelis und Yehuda Amichai oder Politiker wie Josef Burg, Journalisten wie Alice Schwarz-Gardos und Walter Zadek; Kinder oder Enkel bekannter Deutscher wie Emannuel Strauss, dessen Großvater Martin Buber hieß, oder Eva Michaelis-Stern, die die Schriften ihrer Eltern, des Psychologenehepaars William und Clara Stern, mitherausgibt.

Es gibt auch Unbekannte wie Gertrud Fraenkel, die vor 102 Jahren in Mainz geboren wurde. Wach und aufmerksam reicht sie den Kaffee in ihrem kleinen Stübchen im "Moses-Elternheim" in Jerusalem an der Bethlehem-Straße. Der Bundespräsident schickte ihr Glückwünsche; deutsche Botschafter sind bei ihr zu Gast. Seit 1936 lebt sie in Palästina, vor allem als medizinische Assistentin ihres Mannes. Zu ihrer Erinnerung zählt die an den Kaiser, der alljährlich an ihrem Mainzer Elternhaus vorbeikam, gehören Revolution und Kriege, Verfolgung und Neubeginn, bald 50 Jahre Israel. Ihre Heimat steckt in ihr, und so geht es vielen, die in diesem Buch kostbares Zeugnis ablegen. JÖRG BREMER

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