Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Helmut Mayer kann sich nicht ganz mitreißen lassen von Bruno Latours und Nikolaj Schultz' Entwurf einer "ökologischen Klasse"; das heißt der politischen Mehrheit einer Gemeinschaft, die nicht mehr die Produktion, sondern die Erhaltung des menschlichen Lebensraums auf der Erde im Blick hat und politisch anstrebt, wie Mayer erklärt. So findet er den Begriff der Klasse für die Beschreibung einer solchen Hegemonie im Grunde unpassend, auch wenn es für Latours Fähigkeit spricht, sich vermeintlich verstaubtes Werkzeug zu Nutze zu machen. Und auch, wenn die Abwendung von der modernen Unterscheidung zwischen einem menschengemachten und einem natürlichen, wissenschaftlich erfassbaren Bereich, die der kürzlich verstorbene Soziologe Latour zeitlebens vertrat, nur richtig sei, so scheinen dem Kritiker die Vorstellungen einer politischen Ökologie eher als "mitunter rührende Versuche" als handfest. Nichtsdestotrotz schätzt Mayer die grundsätzlichen Überlegungen als Erinnerung daran, dass der Klimawandel wohl kaum anhand einiger "Stellschrauben" zu stoppen sei.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Zweifellos äußert sich im Erfolg von Latours methodischer und begrifflicher 'Entgrenzung des Sozialen' ein Bedürfnis nach einer ökologisch orientierten Politik, das in einer Zeit des zivilisationsbedingten Klimawandels nur zu verständlich ist. Latours Perspektive verdankt sich postmodernen Denkfiguren, überschreitet diese aber mit der Forderung nach politischer Verantwortung.« Milo Rau Neue Zürcher Zeitung