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Kaleb Erdmanns Debütroman vereint die Präzision eines satirischen Posts mit der Dringlichkeit eines Bildungsromans: Ausgzeichnet mit dem Debütpreis der Lit.Cologne
Bruckner und seine Partnerin Vero suchen das richtige Beziehungsmodell, den richtigen Wohnort, den richtigen Job, den richtigen Wohnzimmerschrank, kurz: das richtige Leben. Seit mehr als zehn Jahren sind die beiden ein Paar, jetzt ist ein Baby unterwegs, auf das sich beide freuen. Und das sie zum Nachdenken bringt.
Während beide ihre Zweifel still mit sich verhandeln, bewegen sie sich räumlich in einer Zugodyssee aufeinander
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Produktbeschreibung
Kaleb Erdmanns Debütroman vereint die Präzision eines satirischen Posts mit der Dringlichkeit eines Bildungsromans: Ausgzeichnet mit dem Debütpreis der Lit.Cologne

Bruckner und seine Partnerin Vero suchen das richtige Beziehungsmodell, den richtigen Wohnort, den richtigen Job, den richtigen Wohnzimmerschrank, kurz: das richtige Leben. Seit mehr als zehn Jahren sind die beiden ein Paar, jetzt ist ein Baby unterwegs, auf das sich beide freuen. Und das sie zum Nachdenken bringt.

Während beide ihre Zweifel still mit sich verhandeln, bewegen sie sich räumlich in einer Zugodyssee aufeinander zu: Vero kommt aus Mannheim, wo sie sich von ihrer Langzeit-Affäre trennen wollte - jetzt, wo sie Mutter wird, muss sie schließlich Klarheit schaffen. Nur, warum fühlt sich danach alles noch verworrener an? Gleichzeitig schleppt Bruckner sich von Graz über München zurück nach Stuttgart und kämpft, vor allem nach dem Besuch bei alten Freunden und deren Baby, mit der Frage, wie seinLeben wohl aussähe, wenn er irgendwo anders abgebogen wäre.

Kaleb Erdmann skizziert diesen ebenso stillen wie existenziellen Kampf mit perfekt melancholisch-komischem Gespür und einer außergewöhnlichen Beobachtungsgabe. Die wechselnden Perspektiven und die radikal orale Erzähltradition machen wir sind pioniere zu einem rasanten, lakonischen, aber auch sehr lustigen Roman, der gleichermaßen etwas Tastendes und unendlich Zartes hat.

»Es tut gut, kurz den Kopf in einen anderen Kopf zu halten, der genau die gleichen Fragen ans Leben hat wie man selber, sie aber besser ausformuliert.« Ilona Hartmann

»Dieser Text läuft von Anfang an so heiß, dass einem die Worte beim Lesen beschlagen. Was für ein großartiges Debüt!« Jean-Philippe Kindler

»wir sind pioniere schießt außer Atem direkt aus den Köpfen der Figuren auf die Seite. Ein temporeicher Trip durch selten erzählte Orte, pointiert und eindringlich, dabei immer nah dran und unglaublich komisch.« Svenja Gräfen

»wir sind pioniere ist ein schmaler aber randvoller Roman mit treffenden Beobachtungen über unsere Gegenwart und vor allem über die verschriene Generation der Millennials. [...] So gekonnt humorvoll und voller Drive hat bisher noch keiner diese Konflikte aufgeschrieben.« Kais Harrabi, MDR Kultur
Autorenporträt
Kaleb Erdmann, Jahrgang 1991, studierte Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, sowie Politikwissenschaften und Politische Theorie in München und Frankfurt am Main. Er war Finalist des open mike, wurde für sein Theaterstück Unten für den Retzhofer Dramapreis nominiert und war als Autor und Redakteur Teil verschiedener Fernseh- und Unterhaltungsformate. Sein erster Roman wir sind pioniere wurde mit dem Debütpreis der LitCologne ausgezeichnet. Zuletzt schrieb er für das Berliner Ensemble das Stück Always Carrey On. Kaleb Erdmann lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kathrin Witter liest Kaleb Erdmanns Debütroman über ein Millennial-Paar mit Schmunzeln. Witzig findet sie nicht nur die Erlebnisse der beiden ständig quer durch Deutschland reisenden Figuren mit der Deutschen Bahn, sondern auch die Städtebeschreibungen abseits von Berlin. Dass der Text "frei von Hohn" ist, dafür schelmisch direkt und durchaus auch mitfühlend, gefällt ihr gut. Dem Autor gelingt es, Typisches so darzustellen, dass es spannend ist, freut sich Witter. Die Kürze des Buches ist hier ein Qualitätsmerkmal, findet sie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.08.2024

So geht Liebe heute
Ohne Punkt und Großschreibung: Kaleb Erdmann schickt in seinem preisgekrönten Debütroman "wir sind pioniere" ein Paar auf Deutschlandreise.

Wie gibt man der Atemlosigkeit unserer Zeit eine Form? Kaleb Erdmann hat in seinem Erstling "wir sind pioniere", gerade ausgezeichnet mit dem Debütpreis der lit.Cologne, eine ausgefallene Antwort auf diese Frage gefunden. Der Roman erzählt die Geschichte von Vero und Bruckner, einem Millennial-Paar auf dem Weg in die Elternschaft. "Auf dem Weg" ist wörtlich zu nehmen, denn einer der Kniffe besteht darin, die Protagonisten sehr viel Zug fahren zu lassen. Das erlaubt nicht nur Witzigkeiten über die Deutsche Bahn, sondern vor allem den beiden Protagonisten, hauptsächlich mit sich beschäftigt zu sein, während sie in spärlichem, dafür aber hoch reflektiertem Messenger-Kontakt sind - Liebe heute. Präsentiert wird das kreative Kleinbürgertum, das sich bemüht, die Unstetigkeit der von außen diktierten Lebensumstände durch ein Avantgarde-Gefühl aufzufangen, und dabei gelegentlich den Boden unter den Füßen verliert.

Die Perspektive wechselt kapitelweise zwischen Vero und Bruckner. Letzterer hat am "Mannheimer Popinstitut" (einer leicht verfremdeten Popakademie Baden-Württemberg) studiert, und das dystopisch-reale Tech-Projekt eines Kommilitonen begleitet ihn in Form von allerorts aufgestellten riesigen Bildschirmen auf seiner Reise. Die führt ihn von Graz, wo er sich mit Vertretern eines Energydrink-Start-ups traf, über München und Dinkelscherben, wo der ICE eine Panne hat, nach Stuttgart zu Vero.

Etwas "Faserland" schwingt mit auf dieser Deutschlandreise, bei der die Städtebeschreibungen besonders große Freude bereiten. Statt exzessiver Dekadenz inmitten von Luxus bewegt man sich hier allerdings in allgemeiner Mittelmäßigkeit, die sich schon darin ausdrückt, dass Berlin als Epizentrum dieses Milieus keine Rolle spielt. Dass sich die entsprechenden Lebensformen deutschlandweit allerorts finden - außer vielleicht in München -, relativiert dabei en passant wiederum das sich als Vorreiter so wichtig nehmende Berlin.

Vero, die kellnernde Architektin, ist in der Zwischenzeit unterwegs von Stuttgart nach Mannheim zu ihrer Langzeit-Affäre Keno, um diese angesichts ihrer Schwangerschaft zu beenden. Zwar hatte sie schon per Videocall Schluss gemacht, doch ein so emotionales Unterfangen scheint doch mehr Nähe zu verlangen, als die bürokratisch geführte offene Beziehung suggerierte. Mit der Affäre muss sie auch ihr zweigeteiltes Leben zwischen Mannheimer Technopartys und Erwachsensein in Stuttgart verabschieden - eine Spaltung, die sich aufdrängt als der eigentliche Grund des amourösen Doppelspiels, für das Keno, ein amphetaminabhängiger Jörg-Fauser-Fan, eben das passende Material abgibt. Vero ist in ihrer Liebe zur Nichtfestlegung vielleicht noch etwas mehr Pionierin der flexiblen Gegenwart als Bruckner, doch der psychoanalytisch geschulte Blick erkennt in dessen Objektwahl dasselbe Bedürfnis.

Roman und Leben der Protagonisten funktionieren etwa so wie die Vergnügungs-Rutschfahrt des werdenden Vaters in den Grazer Schlossberg hinein: Gedanken über die zukünftige prekäre Existenz im nahezu freien Fall, dabei aber halbwegs sicher verpackt in einen großen Filzsack. Erdmanns durchgehender Verzicht auf Interpunktion und Majuskel machen das Tempo dieser Fahrt literarisch erfahrbar. Hier ist kein Halten, und die einzige Figur, die einen Moment zum Atemholen gefunden hat, ist eine ulkige Managerin, die künftig Labradore züchten will.

Das könnte nach karikaturesker Vereinfachung klingen, doch der Ton ist frei von Hohn: Es ist eher eine schelmische Direktheit, die das Geschehen begleitet, und selbst da, wo ein Gericht aus Linsen, Feta und Fertigpesto auf den Tisch kommt, nicht frei von Mitgefühl ist. Das Typische darzustellen, ohne dass es langweilig wird, nur weil es typisch ist, gelingt Erdmann dank einem nahezu programmatischen Minimalismus; das Buch ist entsprechend schmal. Erdmann beweist, dass Lebendigkeit nicht ein Produkt von Fülle sein muss, sondern Reduktion ein hohes Maß an Anschaulichkeit hervorzubringen vermag. Das klingt dann, wenn Bruckner über sein Leben nachdenkt, etwa so: "wenn ich schon mit der ganzen nido blamage nicht abschließen kann weil an jeder scheiß ecke diese schizoide orwellsche horrordystopie rumsteht (. . .) dann könnte doch wenigstens privat ein bisschen closure ein bisschen schließung ein bisschen abschließung drin sein aber nein natürlich nicht selbstverständlich nicht die gartentore stehen weit offen und jeder kommt nach lust und laune rein und fickt meine freundin". Diese formale Eigensinnigkeit hebt den Roman nicht nur von einem Großteil derjenigen Gegenwartsliteratur ab, die Moritz Baßler als "Midcult" bezeichnet hat, sondern auch von inhaltlich Verwandtem wie Leif Randts "Allegro Pastell" oder Thomas von Steinaeckers "Die Privilegierten".

Man mag es übertrieben finden, dass Bruckner schließlich in seinem eigenen Urin und Vero im gemeinsamen Wohnzimmer inmitten einer eingestürzten Regalwand steht - im selben Raum halten sich die beiden übrigens nie auf -, doch dieses Totalchaos ist dann doch ein recht adäquates Bild unserer Zeit. Die aber immerhin auch augenzwinkernde Klugheiten wie dieses Buch von Kaleb Erdmann hervorbringt. KATHRIN WITTER

Kaleb Erdmann: "wir sind pioniere". Roman.

Ullstein Verlag, Berlin 2024.

176 S.,geb., 20,- Euro

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
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