Fesselnd, komisch, kultig
Ein heißer Sommer. Ferienzeit. Pharmavertreter Juan Pérez Pérez freut sich auf vier Wochen Strand mit seinen Kindern. Doch just vor der Abreise erklären ihm seine Chefs, dass sein Urlaubsziel stattdessen ein FKK-Campingplatz am Meer sei. Juan Pérez Pérez kann sich ihnen nicht widersetzen - denn er hat eine zweite Persönlichkeit, von der sonst niemand weiß: Er ist die Nummer 3 einer internationalen Killer-Organisation. Wie üblich gibt man ihm die Autonummer des Opfers. Das bringt den hochkarätigen Killer in die Bredouille: Es handelt sich um den Wagen seiner Ex, der Mutter seiner Kinder. Warum hat man sie im Visier? Oder soll ihr Lover sterben? Oder will man etwa ihn, die erfolgreiche Nummer 3, ausschalten?
Ein heißer Sommer. Ferienzeit. Pharmavertreter Juan Pérez Pérez freut sich auf vier Wochen Strand mit seinen Kindern. Doch just vor der Abreise erklären ihm seine Chefs, dass sein Urlaubsziel stattdessen ein FKK-Campingplatz am Meer sei. Juan Pérez Pérez kann sich ihnen nicht widersetzen - denn er hat eine zweite Persönlichkeit, von der sonst niemand weiß: Er ist die Nummer 3 einer internationalen Killer-Organisation. Wie üblich gibt man ihm die Autonummer des Opfers. Das bringt den hochkarätigen Killer in die Bredouille: Es handelt sich um den Wagen seiner Ex, der Mutter seiner Kinder. Warum hat man sie im Visier? Oder soll ihr Lover sterben? Oder will man etwa ihn, die erfolgreiche Nummer 3, ausschalten?
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.07.2017Der Likör unserer Wollust
Carlos Salem setzt einen Profikiller in den Sand
Viele Krimiautoren treten als Bedürfnisbefriediger auf. Ihr Publikum möchte etwas Spannendes lesen, also schreiben sie etwas Spannendes. Je zuverlässiger das Buch die gewünschte Wirkung erreicht, desto besser. Carlos Salem, 1959 in Buenos Aires geboren und seit 1988 wohnhaft in Spanien, begnügt sich nicht mit der Befriedigung nur eines Bedürfnisses. Sein Krimi "Wir töten nicht jeden" will auch als Erotikschmöker und Komödie brillieren, dem Leser soll der Schweiß ausbrechen, er soll Lust empfinden und lachen. Da solche Genre-Produkte unter anderem nach ihrem Gebrauchswert beurteilt werden, darf man fragen: Funktioniert der Roman?
Einen ersten Hinweis gibt der überladene Auftakt. Juan Pérez Pérez, offiziell Pharmavertreter, inoffiziell Profikiller, plant als vertrauensbildende Maßnahme einen Urlaub mit den Kindern, bekommt das Reiseziel aber von seinem Arbeitgeber vorgeschrieben - ein FKK-Campingplatz am Meer, Anweisungen folgen. Vor Ort begegnet er hintereinander seiner Exfrau, die nun mit einem hochrangigen Richter liiert ist, seinem besten Freund, dem er vor Jahren versehentlich ein Auge und ein Bein weggeschossen hat, Yolanda, die auf dem Gelände arbeitet und sich umgehend in ihn verliebt, dem Literaturwissenschaftler Andrés Camilleri, der Kalenderblattweisheiten von sich gibt, und einem Kollegen mit dubiosen Absichten. Jede neue Figur macht die Lage unübersichtlicher, so dass Juan schnell darüber nachzudenken beginnt, wer mit wem paktieren könnte und wer wohl erledigt werden soll.
Die Antworten fallen ihm vierzig Seiten vor Schluss ein, was uns zu diesem späten Zeitpunkt die ersten, in homöopathischen Dosen ausgeschütteten Spannungsmomente beschert. Bis dahin schleppt sich das Geschehen von einer Bagatelle zur nächsten. Wenn gerade nichts anliegt (was meistens der Fall ist), perfektioniert Juan das Observieren und Beschreiben: "Ihre Brüste sind wie zwei saftige, goldene Pfirsiche." Camilleri verzichtet auf Obstvergleiche und bemüht stattdessen die Kunstgeschichte, sein Geschwätz allerdings ist nicht weniger blamabel. "Ich würde sie irgendwo zwischen Klimt und Modigliani ansiedeln", sagt er über Yolanda, "sie ist engelhaft zart und gleichzeitig sinnlich, sanft und doch farbenfroh." Dem kann Juan nur zustimmen, an dem Philologen sei ein "phänomenaler Kunstkritiker verloren gegangen".
Solche Exkurse beanspruchen mitunter mehrere Seiten, was besonders in einem Kriminalroman ein riskantes Unterfangen ist, welches man Abschweifungsvirtuosen wie Heinrich Steinfest überlassen sollte. Der Österreicher verklinkert seine vom Plot wegführenden Szenen am liebsten mit unerwarteten Sprachmanövern, Salem bevorzugt Schlüpfrigkeiten. So macht Juan seine Dauererektion laufend zum alles beherrschenden Thema. Warum wird er sie nicht los? Weil hinter jeder Ecke nackte und lüsterne Frauen lauern. Die attraktivste von ihnen ist "schöner als jede TV-Moderatorin", der miese Charakter einer anderen lässt sich angeblich auf ihre ehemals kleine Oberweite zurückführen.
Ein Offenbarungseid auch die Liebesszenen: "Da nehme ich sie in meine Arme, und wir machen dort weiter, wo wir vor Stunden aufgehört haben, atmen das Prickeln unserer Haut und schlürfen voller Hingabe den Likör unserer Wollust." Den absoluten Nullpunkt erreicht Salem, wenn er zusätzlich mit nicht zitierfähigem Sprachkleingeld klimpert und damit einen Ton produziert, der beliebiger und unpersönlicher nicht sein könnte. Etliche der Peinlichkeiten, so steht zu befürchten, sind der Versuch einer Parodie, die jedoch nicht mehr vom Parodierten zu unterscheiden ist und uns am Ende nur daran erinnert, dass es keinen richtigen Humor im falschen gibt. Was ist also von diesem Roman zu halten, der so gerne packend, aufreizend und witzig sein will? Abstand.
KAI SPANKE
Carlos Salem:
"Wir töten nicht jeden".
Kriminalroman.
Aus dem Spanischen
von Ilse Layer. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2017.
288 S., br., 9,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Carlos Salem setzt einen Profikiller in den Sand
Viele Krimiautoren treten als Bedürfnisbefriediger auf. Ihr Publikum möchte etwas Spannendes lesen, also schreiben sie etwas Spannendes. Je zuverlässiger das Buch die gewünschte Wirkung erreicht, desto besser. Carlos Salem, 1959 in Buenos Aires geboren und seit 1988 wohnhaft in Spanien, begnügt sich nicht mit der Befriedigung nur eines Bedürfnisses. Sein Krimi "Wir töten nicht jeden" will auch als Erotikschmöker und Komödie brillieren, dem Leser soll der Schweiß ausbrechen, er soll Lust empfinden und lachen. Da solche Genre-Produkte unter anderem nach ihrem Gebrauchswert beurteilt werden, darf man fragen: Funktioniert der Roman?
Einen ersten Hinweis gibt der überladene Auftakt. Juan Pérez Pérez, offiziell Pharmavertreter, inoffiziell Profikiller, plant als vertrauensbildende Maßnahme einen Urlaub mit den Kindern, bekommt das Reiseziel aber von seinem Arbeitgeber vorgeschrieben - ein FKK-Campingplatz am Meer, Anweisungen folgen. Vor Ort begegnet er hintereinander seiner Exfrau, die nun mit einem hochrangigen Richter liiert ist, seinem besten Freund, dem er vor Jahren versehentlich ein Auge und ein Bein weggeschossen hat, Yolanda, die auf dem Gelände arbeitet und sich umgehend in ihn verliebt, dem Literaturwissenschaftler Andrés Camilleri, der Kalenderblattweisheiten von sich gibt, und einem Kollegen mit dubiosen Absichten. Jede neue Figur macht die Lage unübersichtlicher, so dass Juan schnell darüber nachzudenken beginnt, wer mit wem paktieren könnte und wer wohl erledigt werden soll.
Die Antworten fallen ihm vierzig Seiten vor Schluss ein, was uns zu diesem späten Zeitpunkt die ersten, in homöopathischen Dosen ausgeschütteten Spannungsmomente beschert. Bis dahin schleppt sich das Geschehen von einer Bagatelle zur nächsten. Wenn gerade nichts anliegt (was meistens der Fall ist), perfektioniert Juan das Observieren und Beschreiben: "Ihre Brüste sind wie zwei saftige, goldene Pfirsiche." Camilleri verzichtet auf Obstvergleiche und bemüht stattdessen die Kunstgeschichte, sein Geschwätz allerdings ist nicht weniger blamabel. "Ich würde sie irgendwo zwischen Klimt und Modigliani ansiedeln", sagt er über Yolanda, "sie ist engelhaft zart und gleichzeitig sinnlich, sanft und doch farbenfroh." Dem kann Juan nur zustimmen, an dem Philologen sei ein "phänomenaler Kunstkritiker verloren gegangen".
Solche Exkurse beanspruchen mitunter mehrere Seiten, was besonders in einem Kriminalroman ein riskantes Unterfangen ist, welches man Abschweifungsvirtuosen wie Heinrich Steinfest überlassen sollte. Der Österreicher verklinkert seine vom Plot wegführenden Szenen am liebsten mit unerwarteten Sprachmanövern, Salem bevorzugt Schlüpfrigkeiten. So macht Juan seine Dauererektion laufend zum alles beherrschenden Thema. Warum wird er sie nicht los? Weil hinter jeder Ecke nackte und lüsterne Frauen lauern. Die attraktivste von ihnen ist "schöner als jede TV-Moderatorin", der miese Charakter einer anderen lässt sich angeblich auf ihre ehemals kleine Oberweite zurückführen.
Ein Offenbarungseid auch die Liebesszenen: "Da nehme ich sie in meine Arme, und wir machen dort weiter, wo wir vor Stunden aufgehört haben, atmen das Prickeln unserer Haut und schlürfen voller Hingabe den Likör unserer Wollust." Den absoluten Nullpunkt erreicht Salem, wenn er zusätzlich mit nicht zitierfähigem Sprachkleingeld klimpert und damit einen Ton produziert, der beliebiger und unpersönlicher nicht sein könnte. Etliche der Peinlichkeiten, so steht zu befürchten, sind der Versuch einer Parodie, die jedoch nicht mehr vom Parodierten zu unterscheiden ist und uns am Ende nur daran erinnert, dass es keinen richtigen Humor im falschen gibt. Was ist also von diesem Roman zu halten, der so gerne packend, aufreizend und witzig sein will? Abstand.
KAI SPANKE
Carlos Salem:
"Wir töten nicht jeden".
Kriminalroman.
Aus dem Spanischen
von Ilse Layer. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2017.
288 S., br., 9,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Haarsträubende Story, schräge Typen und ein großer Spaß."
P.M. - Crime Investigation Time Juli 2011
P.M. - Crime Investigation Time Juli 2011