Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 1,50 €
  • Broschiertes Buch

Jerusalem 2002: Die 17jährige Palästinenserin Amal Rifa'i und die gleichaltrige Odelia Ainbinder leben in derselben Stadt, aber Welten voneinander entfernt. Vor drei Jahren begegneten sie sich auf einer Reise in die Schweiz, die von der Friedensorganisation "Peace Child Israel" initiiert wurde. Die Mädchen fanden sich sympathisch, doch kulturelle Missverständnisse und der erneute Ausbruch der Intifada verhinderten, dass zwischen ihnen eine Freundschaft entstand. Beide Mädchen sind froh, als die Journalistin Sylke Tempel den Kontakt zwischen ihnen wieder herstellt.
Zwei Mädchen, zwei Welten,
…mehr

Produktbeschreibung
Jerusalem 2002: Die 17jährige Palästinenserin Amal Rifa'i und die gleichaltrige Odelia Ainbinder leben in derselben Stadt, aber Welten voneinander entfernt. Vor drei Jahren begegneten sie sich auf einer Reise in die Schweiz, die von der Friedensorganisation "Peace Child Israel" initiiert wurde. Die Mädchen fanden sich sympathisch, doch kulturelle Missverständnisse und der erneute Ausbruch der Intifada verhinderten, dass zwischen ihnen eine Freundschaft entstand. Beide Mädchen sind froh, als die Journalistin Sylke Tempel den Kontakt zwischen ihnen wieder herstellt.
Zwei Mädchen, zwei Welten, ein gemeinsamer Traum
Odelia und Amal, beide 18, wachsen in Jerusalem auf nah beieinander, doch in völlig unterschiedlichen Welten. Die eine kann reisen, zieht in eine WG und hat beruflich die freie Auswahl. Die andere darf nicht einmal einkaufen, wo sie will, und hat keine Chance auf ihren Traumjob. Die eine ist Israelin, die andere Palästinenserin ...
Autorenporträt
Sylke Tempel, geboren 1963 in Bayreuth, studierte Geschichte, Politische Wissenschaften und Judaistik. Nach ihrer Promotion wurde sie Nahostkorrespondentin der "Woche", später Redakteurin der "Jüdischen Allgemeinen". Seit 2008 ist sie Chefredakteurin der Zeitschrift "Internationale Politik". Zahlreiche Buchveröffentlichungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2003

Keine wunderbare Freundschaft
Eine palästinensisch-israelische Begegnung in Jerusalem

Man hält es kaum für möglich: Aus Jerusalem kommt ausgerechnet in diesen Tagen ein ermutigendes Buch - nicht nur für Jugendliche. Die Journalistin Sylke Tempel konnte zwei achtzehn Jahre alte Mädchen in ein erstaunlich offenes Gespräch miteinander bringen, das auf seltene Weise klarmacht, um was es in dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern für die Menschen geht.

Die Palästinenserin Amal Rifa'i aus dem Osten der Stadt und die Israelin Odelia Ainbinder aus dem Westteil haben sich im Sommer 2000 auf einer Reise in die Schweiz kennengelernt, zu der eine Philanthropin jüdische und arabische Jugendliche aus Israel eingeladen hatte. Gleich nach ihrer Rückkehr brach die Al-Aqsa-Intifada aus. Der Kontakt zwischen den beiden Mädchen brach ab, und ohne die Bemühungen der Auslandskorrespondentin Sylke Tempel wäre er nicht erneuert worden - ein Beispiel dafür, daß sich die Nahost-Probleme ohne die Hilfe neutraler Vermittler kaum lösen lassen.

Das klug konzipierte Buch enthält Texte verschiedener Art: Briefe der beiden jungen Frauen während der schwierigen Annäherungsphase; Gedanken, die sie sich in schriftlichen Monologen machen; Geschichten ihrer Familien, wie sie von Eltern und Großeltern erzählt werden; schließlich direkte Gespräche. Ergänzt werden die Texte durch gut präsentierte Informationen über den Nahost-Konflikt.

Bei alledem werden die Schwierigkeiten nie verdrängt; es herrscht im Gegenteil eine große Offenheit zwischen den beiden Gesprächspartnerinnen. Ein wichtiger Unterschied wird gleich zu Anfang deutlich: Odelia heißt auch in der Buchfassung Odelia, während die Palästinenserin Amal unter Pseudonym auftritt und auf dem Einband des Buches nur von hinten zu sehen ist. Erklärt wird das von Amals Vater. "Was ist", fragt er, "wenn sie verhaftet wird wegen dem, was sie sagt? Und was ist, wenn jemand sie aus der Polizeiwache kommen sieht und denkt, sie ist eine Kollaborateurin?" Man muß das doppelt lesen - als Angst vor den Israelis, aber auch als Angst vor Palästinensern, die einen Annäherungsversuch sehr leicht übelnehmen.

Die Bedingungen der Besatzung verändern die Menschen auf beiden Seiten. Odelia gehört einer sozialistischen Jugendbewegung an, und sie wünscht sich nichts sehnlicher als Frieden zwischen den beiden Völkern. Von sich selbst aber sagt sie: "Ich habe nie viel über Politik und den Konflikt hier geredet. Bis ich mich für dieses Buch hingesetzt und darüber nachgedacht habe, hatte ich keine Ahnung, daß ich all diese Gedanken und Ideen dazu habe." Das ist merkwürdig und zugleich aufschlußreich. Die sozialistischen Jugendbewegungen in Israel waren immer politisch motiviert, unter dem Gewicht eines kollektiven Rechtsrucks aber geben sie heute - das haben die letzten Wahlen auf dem linken Flügel deutlich gezeigt - einen Teil der eigenen Tradition preis.

"Das geht mir genauso", antwortet Amal: Auch ihr ist vieles erst während der Beteiligung an dem Buchprojekt klar geworden. Doch bei ihr hat das andere Gründe. Amal ist eine Muslimin, die nach den Traditionen ihrer Religion lebt - in den Gesprächen geht es auch um die Tatsache, daß sie mit achtzehn Jahren bereits verlobt ist. Der Austausch mit Odelia läßt den Leser an einem schwierigen Erkenntnisprozeß teilnehmen. "In der Schule brachte man uns bei", erzählt sie, "daß die ersten Zionisten sich überhaupt nicht um ihre Religion scherten, sondern nur an der Errichtung ihres Staates interessiert waren. Das ganze Gerede über den Tempel in Jerusalem und die Klagemauer erscheint mir ein wenig aufgesetzt." Amal macht hier einen schmerzlichen Widerspruch sichtbar. Gerade das israelische Friedenslager muß sich von den biblischen Prämissen des Zionismus lösen, wenn man weiterkommen will; doch genau das macht Amal jetzt als eine Schwachstelle der Gegenseite aus.

"Es war nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft", sagt Sylke Tempel in ihrer Einleitung eher vorsichtig. Dennoch darf man dieses Buch als Musterbeispiel eines Vorgangs lesen, ohne den im Krisenherd Jerusalem nichts auszurichten ist. Nur das Gespräch der beiden (noch) fremden Seiten kann den Bewußtseinsprozeß in Gang setzen, der aller Veränderung eines unerträglichen Zustandes vorausgehen muß.

Amal und Odelia leisten dazu ihren Beitrag. Er ist ein wohltuendes Gegengewicht zu den aufgeregten Stimmen in anderen Jugendbüchern, etwa dem der jungen Randa Ghazy, die Palästina nur aus dem Fernsehen kennt (F.A.Z. vom 1. Februar) und einen sehr pessimistischen Ton anschlägt. Odelia Ainbinder und Amal Rifa'i geben dagegen einer leisen Hoffnung Raum.

JAKOB HESSING

Amal Rifa'i und Odelia Ainbinder, mit Sylke Tempel: "Wir wollen beide hier leben". Eine schwierige Freundschaft in Jerusalem. Rowohlt Verlag, Berlin 2003. 175 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 13 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
Ein beeindruckender Briefwechsel Spiegel