Der Begriff des "Wirtschaftsstils" fügt den traditionellen, geläufigen Begriffen "Wirtschaftsordnung", "Wirtschaftsweise", "Wirtschaftssystem" eine Bedeutungsnuance hinzu, die die ökonomische Analyse für historische und kulturelle Fragestellungen schärft. Dabei meint "Stil" weniger die innere Homogenität einer Wirtschaftsordnung, als vielmehr ihre geschichtliche Einmaligkeit, ihre Individualität. Das konkrete wirtschaftliche Handeln des einzelnen - wie z. B. Sparverhalten, Tauschgebräuche, Risikobereitschaft, Einsatz neuer Technologien - hängt wesentlich auch vom jeweiligen "Zeitgeist" ab, der die moralische, religiöse und ideologische Verfaßtheit einer Gesellschaft widerspiegelt. Der Wirtschaftswissenschaftler, der das ökonomische Geschehen in seinem konkreten geschichtlichen Zusammenhang verstehen will, muß daher in seinen Beobachtungskatalog auch Themen aufnehmen, die gemeinhin vor allem den Historiker und den Kulturtheoretiker beschäftigen: Mentalitäten, Lebensformen, Technikentwi cklung, soziale und politische Machtpraktiken, Rechtsnormen, Ideengeschichte und Kulturwandel. Wie fruchtbar diese Osmose zwischen Nationalökonomie und Geisteswissenschaften sein kann, belegt die Forschungsarbeit von Bertram Schefold, der in Deutschland zu den kompetentesten Verfechtern dieser interdisziplinären Perspektive zählt. Die in diesem Band versammelten Studien sind markante Beispiele einer folgenreichen Öffnung des ökonomischen Denkens für Interpretationsverfahren und Gegenstände der Kulturwissenschaft.