Liverpool, die Heimatstadt des 12-jährigen Jamie, ist bisher von den Schrecken des 2. Weltkriegs verschont geblieben. Als plötzlich jede Nacht Bomben fallen, beschließen Jamies Eltern ihren Sohn mit der 'City of Benares', einem alten Luxusdampfer, nach Kanada evakuieren zu lassen. Jamie ist wütend und zu allem Übel fährt auch noch sein Klassenkamerad Bleeker mit, ein unsympathischer Bursche, der nur Ärger macht. Mitten im Atlantik kommt es zur Katastrophe. Das Schiff wird von einem deutschen U-Boot torpediert und sinkt am 17. September 1940. Nur 19 von den 100 Kindern überleben. Unter ihnen sind auch Jamie und Bleeker - doch in ihrem Leben ist nun nichts mehr, wie es war. Erzählt nach einer authentischen Begebenheit.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.07.1998Sehnsucht nach dem richtigen Leben
James Heneghan erzählt vom Untergang der "City of Benares"
Am 17. September 1940 versank das englische Passagierschiff "City of Benares" auf der Fahrt von Liverpool nach Kanada mitten im Atlantik. Der Torpedo eines deutschen U-Boots hatte es getroffen. Rund 400 Menschen waren an Bord, darunter 100 Kinder, die nach Kanada in Sicherheit gebracht werden sollten. Nur ungefähr ein Drittel der Passagiere und der Besatzung überlebte den Untergang.
Auf dieser "wahren Geschichte", in der übrigens die britische Admiralität eine unerfreuliche Rolle spielte, basiert die spannende Erzählung von James Heneghan. Sie ist in Liverpool angesiedelt, im Kleine-Leute-Milieu der irischen Einwanderer dort, und ihre Helden sind die halbwüchsigen Jungen einer Schulklasse, alle zunächst noch kaum berührt vom Kriegsgeschehen, sondern hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt, ihren Freunden und Rivalen, ihrer Kino-Sehnsucht nach Abenteuern und dem richtigen Leben.
Dieses richtige Leben zeigt sich allerdings bald mit seinem häßlichen Gesicht: Das Bombardement durch die feindliche Luftwaffe wird immer gefährlicher. Jamie und sein ihm ziemlich unangenehmer Klassenkamerad Bleeker gehören zu den Kindern, die nach Kanada evakuiert werden sollen. Die Überfahrt, widerwillig angetreten, wird schließlich zu einem lebensgefährlichen Abenteuer.
Heneghan kann das alles durchaus mitreißend erzählen. Seine Schilderung der Mischung aus Abenteuer-Erwartung, Ängsten und synthetischen Kino-Träumen von männlichem Heldentum in den Köpfen der aufgeweckten Knaben ist glaubhaft, auch wenn zuweilen ein Begriff aus einem Psychologie-Lehrbuch ("Initiationsritus") sich darin verirrt hat. Die lokale Liverpooler Atmosphäre und das Aroma der Zeit, so wie es Halbwüchsige damals aufnehmen konnten, sind hervorragend getroffen. Der dramatische Höhepunkt, der Schiffsuntergang, die Rettung sowie die ihr nachfolgenden Probleme werden ungeschönt erzählt. Ein Buch, das dazu einlädt, "verschlungen" zu werden, aber an das sich viele, die es mit Eile und Anteilnahme gelesen haben, auch später noch gerne erinnern werden.
Die deutsche Fassung weist kleinere Unebenheiten auf: So sollten die Titel amerikanischer Gangsterfilme, die für Jamies innere Balance eine wichtige Rolle spielen, besser im Original wiedergegeben werden, und aus einer Zehnshillingnote wird zwischendurch eine Zehnpfundnote. Sonst aber ist die Übersetzung locker wie die Sprache des Originals. Viele witzige und treffende Formulierungen ("vor Angst Sauerkraut schwitzen") machen die Lektüre vergnüglich, ohne der Erzählung ihren Ernst zu nehmen.
Schilderungen von Schiffsuntergängen genießen gegenwärtig große Popularität. Die Lust am Nachempfinden von Katastrophen ist zwar ein bißchen anrüchig, aber sie kann doch auch eine Art innerer Reinigung bewirken und die Einsicht fördern, wie schade es ist, daß wir offenbar auf Katastrophen angewiesen sind, um die Quellen der Mitmenschlichkeit zu aktivieren. "Wish me luck" bietet eine sehr gut gelungene Mischung aus Spannung, Witz und geradezu unfreiwilliger Nachdenklichkeit.
WIlFRIED VON BREDOW.
James Heneghan: "Wish me luck". Aus dem Englischen von Andreas Steinhöfel. Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 1998. 237 S., geb. 22,- DM. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
James Heneghan erzählt vom Untergang der "City of Benares"
Am 17. September 1940 versank das englische Passagierschiff "City of Benares" auf der Fahrt von Liverpool nach Kanada mitten im Atlantik. Der Torpedo eines deutschen U-Boots hatte es getroffen. Rund 400 Menschen waren an Bord, darunter 100 Kinder, die nach Kanada in Sicherheit gebracht werden sollten. Nur ungefähr ein Drittel der Passagiere und der Besatzung überlebte den Untergang.
Auf dieser "wahren Geschichte", in der übrigens die britische Admiralität eine unerfreuliche Rolle spielte, basiert die spannende Erzählung von James Heneghan. Sie ist in Liverpool angesiedelt, im Kleine-Leute-Milieu der irischen Einwanderer dort, und ihre Helden sind die halbwüchsigen Jungen einer Schulklasse, alle zunächst noch kaum berührt vom Kriegsgeschehen, sondern hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt, ihren Freunden und Rivalen, ihrer Kino-Sehnsucht nach Abenteuern und dem richtigen Leben.
Dieses richtige Leben zeigt sich allerdings bald mit seinem häßlichen Gesicht: Das Bombardement durch die feindliche Luftwaffe wird immer gefährlicher. Jamie und sein ihm ziemlich unangenehmer Klassenkamerad Bleeker gehören zu den Kindern, die nach Kanada evakuiert werden sollen. Die Überfahrt, widerwillig angetreten, wird schließlich zu einem lebensgefährlichen Abenteuer.
Heneghan kann das alles durchaus mitreißend erzählen. Seine Schilderung der Mischung aus Abenteuer-Erwartung, Ängsten und synthetischen Kino-Träumen von männlichem Heldentum in den Köpfen der aufgeweckten Knaben ist glaubhaft, auch wenn zuweilen ein Begriff aus einem Psychologie-Lehrbuch ("Initiationsritus") sich darin verirrt hat. Die lokale Liverpooler Atmosphäre und das Aroma der Zeit, so wie es Halbwüchsige damals aufnehmen konnten, sind hervorragend getroffen. Der dramatische Höhepunkt, der Schiffsuntergang, die Rettung sowie die ihr nachfolgenden Probleme werden ungeschönt erzählt. Ein Buch, das dazu einlädt, "verschlungen" zu werden, aber an das sich viele, die es mit Eile und Anteilnahme gelesen haben, auch später noch gerne erinnern werden.
Die deutsche Fassung weist kleinere Unebenheiten auf: So sollten die Titel amerikanischer Gangsterfilme, die für Jamies innere Balance eine wichtige Rolle spielen, besser im Original wiedergegeben werden, und aus einer Zehnshillingnote wird zwischendurch eine Zehnpfundnote. Sonst aber ist die Übersetzung locker wie die Sprache des Originals. Viele witzige und treffende Formulierungen ("vor Angst Sauerkraut schwitzen") machen die Lektüre vergnüglich, ohne der Erzählung ihren Ernst zu nehmen.
Schilderungen von Schiffsuntergängen genießen gegenwärtig große Popularität. Die Lust am Nachempfinden von Katastrophen ist zwar ein bißchen anrüchig, aber sie kann doch auch eine Art innerer Reinigung bewirken und die Einsicht fördern, wie schade es ist, daß wir offenbar auf Katastrophen angewiesen sind, um die Quellen der Mitmenschlichkeit zu aktivieren. "Wish me luck" bietet eine sehr gut gelungene Mischung aus Spannung, Witz und geradezu unfreiwilliger Nachdenklichkeit.
WIlFRIED VON BREDOW.
James Heneghan: "Wish me luck". Aus dem Englischen von Andreas Steinhöfel. Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 1998. 237 S., geb. 22,- DM. Ab 12 J.
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