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Wissen ist keine ordinäre Ware. Es eignet sich nicht dazu, als Privateigentum behandelt zu werden. Seine Inhaber verlieren es nicht, wenn sie es weitergeben; je weiter es verbreitet ist, umso reicher ist die Gesellschaft. Es verlangt geradezu, als Gemeingut behandelt und von vorneherein als Resultat gesamtgesellschaftlicher Arbeit betrachtet zu werden.Wenn Wissen aber als fixes Kapital funktionieren und zur Mehrwertabschöpfung dienen soll - wie der Kapitalismus es will -, so muss es ein patentiertes Monopoleigentum sein, welches seinem Inhaber eine Monopolrente einbringt. Der…mehr

Produktbeschreibung
Wissen ist keine ordinäre Ware. Es eignet sich nicht dazu, als Privateigentum behandelt zu werden. Seine Inhaber verlieren es nicht, wenn sie es weitergeben; je weiter es verbreitet ist, umso reicher ist die Gesellschaft. Es verlangt geradezu, als Gemeingut behandelt und von vorneherein als Resultat gesamtgesellschaftlicher Arbeit betrachtet zu werden.Wenn Wissen aber als fixes Kapital funktionieren und zur Mehrwertabschöpfung dienen soll - wie der Kapitalismus es will -, so muss es ein patentiertes Monopoleigentum sein, welches seinem Inhaber eine Monopolrente einbringt. Der Wissenskapitalismus privatisiert denn auch Gemeingüter wie das Genom von Pflanzen, Tieren und Menschen und greift nach kulturellem Gemeingut, um es als kulturelles Kapital, als 'Humankapital' zu verwerten. In dieser Logik steht die massive Förderung der künstlichen Intelligenz und des künstlichen Lebens: Deren Ziel ist nicht die Wissensgesellschaft, sondern eine posthumane Zivilisation.Von einer Wissensgesellschaft im zukunftsweisenden Sinn, meint André Gorz, wird erst die Rede sein können, wenn sich Wissenschaft und Ökonomie nach gesellschaftspolitischen, ökologischen und kulturellen Zielen richten und nicht nach dem Imperativ der Kapitalverwertung. Dafür gibt es eine noch kleine, aber steigende Anzahl von Befürwortern.
Autorenporträt
André Gorz (1923 2007), geboren in Wien, verbrachte die Kriegsjahre in der Schweiz und ließ sich nach Kriegsende in Paris nieder. Er arbeite mit Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir an der Zeitschrift Les Temps modernes , war Redaktor bei L Express , später bei der Wochenzeitung Le Nouvel Observateur , die er 1964 zusammen mit Jean Daniel gegründet hatte.In seinen Buchpublikationen profiliert sich Gorz als Theoretiker der Arbeiterselbstverwaltung und der politischen Ökologie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.11.2004

Die Zukunft des Wissenskommunismus
André Gorz über das Ende der Arbeitsgesellschaft
Was die klassische Kritische Theorie an Pessimismus pflegte, pflegt André Gorz an Optimismus. Was ihn vorantreibt, ist eine Art optimistischer Überschuss, ganz programmatisch heißt eines seiner Bücher „Wege ins Paradies” (1984). Des Öfteren wird man auch den Eindruck nicht los, als käme der Kommunismus hinterrücks und unzweifelhaft. So auch in seinem neuesten Büchlein, das wohl als Zusammenfassung, aber auch Modifizierung bisheriger Thesen gelesen werden kann.
Eine seiner grundlegenden Annahmen ist die, dass Wissen zur Hauptproduktivkraft geworden ist. Dieses sei „nicht auf eine Quantität abstrakter Arbeit reduzierbar”. Es umfasse eine große Vielfalt verschiedenartiger Fähigkeiten ohne gemeinsamen Maßstab. Wissen könne sehr viel mehr Arbeit einsparen, als sie koste, „und das in gigantischen, noch vor kurzem unvorstellbaren Ausmaßen”. Das bedeute, dass das formale Wissen unermesslich mehr „Wert” zerstöre, als es zu schöpfen vermöge. Es erspare Unmengen von bezahlter gesellschaftlicher Arbeit und verkleinere folglich den (monetären) Tauschwert einer wachsenden Anzahl von Produkten und Dienstleistungen.
„Wie kann die Warengesellschaft weiter bestehen, wenn die Produktion von Waren immer weniger Arbeit verwertet und immer weniger Zahlungsmittel in Umlauf setzt?”, fragt Gorz. Alles formalisierbare Wissen könne als Software praktisch kostenlos vervielfältigt werden und in Universalmaschinen unbeschränkt genützt werden. Je weiter es sich verbreite, umso größer sei sein gesellschaftlicher Nutzen. Sein Warenwert hingegen schwinde mit seiner Verbreitung und tendiere gegen Null: Er wird zu allgemein zugänglichem Gemeingut. „Eine authentische Wissensökonomie wäre ein Wissenskommunismus, in dem sich Tausch- und Geldbeziehungen erübrigen.”
Jedenfalls gibt sich der 1923 als Sohn eines jüdischen Holzhändlers in Wien geborene Autor keinen partiellen Lösungen hin. Das unterscheidet ihn von vielen Zeitgenossen, auch oder gerade weil es heute antiquiert wirkt. André Gorz ist zweifellos ein Übriggebliebener. Möglicherweise bleibt gerade deswegen von ihm etwas übrig.
FRANZ SCHANDL
ANDRÉ GORZ: Wissen, Wert und Kapital. Zur Kritik der Wissensökonomie. Rotpunktverlag, Zürich 2004. 133 Seiten, 15,50 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Schade. Bei seiner ambitionierten Kritik an der "Wissensökomonie", jenen gerade vorherrschenden ökonomischen Trend, der sich durch die künstliche Verknappung von Know-How mittels Lizenzen auf Lebensmittel, Software und Medikamente zu Lasten des armen Teils der Weltbevölkerung und die Abschaffung der Lohnarbeit zu Lasten überforderter Selbstständiger auszeichnet, steht sich der Globalisierungskritiker Andre Gorz am Ende selbst im Weg, bedauert Gottfried Oy. Das liegt an der letztlich "defensiven Position" des Autors gegenüber dem von ihm angeprangerten Wissenskapitalismus, die einem etwas undifferenzierten Schwarz-Weiß-Denken geschuldet ist. Denn Gorz stellt die neuen Arbeitsformen als "Zugriff böser Mächte" dar, die den "Kern der Humanität" bedrohen. Im "verallgemeinerten Selbstunternehmertum" wird "das Spiel mit den Kindern, der Abend im Club oder der Brunch mit Freunden" zur Kreativ-Arbeit entstellt und somit das ganze Leben unter "das Kapital subsumiert". Doch das ist eben nur eine Seite der Medaille, bemerkt Goy. Trotz ihrer momentanen neoliberalen Ausrichtung sollte man nicht vergessen, dass die aktuelle, als inhuman kritisierte Arbeitsökonomie letztlich ein Produkt der sozialen Bewegung in den 70er und 80er Jahren war, um sich gegen die unmenschlichen Bedingungen an den Fabrikfließbändern zur Wehr zu setzten. Diese Ambivalenz fehlt dem Rezensenten in Andre Gorz' Essay.

© Perlentaucher Medien GmbH
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