Werner Stumm Ich möchte den nachfolgenden Vorträgen eine kleine Parabel voranstellen: Am Boden vieler Gewässer, an der SedimentlWasser-Grenzfläche, lebt ein kleiner Wunn (Tubifex). Er ernährt sich mit dem Vorderende und atmet Sauerstoff mit dem Hinterende. Dadurch befindet sich der Wunn gewissennassen in einem Konflikt: Wenn er tiefer in die nährstoffhaltige Schlammschicht eindringt, entzieht er sich der sauerstoffhaltigen Schicht und kann nicht mehr atmen; andererseits kann er atmen, aber sich nicht mehr ernähren, wenn er sich weiter hinauf in die sauerstoffreiche Wasserschicht begibt. Die Biologen haben dieses anschauliche Beispiel einer Antinomie - hier einer Ausspannung eines Organismus zwischen den Lebensschichten der Ernährung und der Atmung - gebraucht, um eine Grundeigenschaft, ein konstitutives Element aller Lebewesen zu verdeutlichen: Bedingungen der Lebenssicherung stehen in unvermeidlicher Wechselwirkung mit Möglichkeiten der Lebensgefährdung. Dieses konstitutive Element nimmt beim Menschen ein besonderes Ausrnass an, so beim Konflikt zwischen Nutzung der Natur und Umweltsicherung. Schon der Unnensch konnte nicht umhin, Ordnung in seiner Umwelt zu zerstören, um eigene Ordnung aufzubauen. Der zivilisierte Mensch ist gezwungen, diese Zerstörung zu vervielfachen, um die Struktur der kulturellen Zivilisation aufzubauen und zu erhalten. Dabei hat sich der Mensch in der Ökosphäre vom physiologisch unwichtigen Konsumenten zum geochemischen Manipulator entwickelt, welcher die externen Energie- und Materieflüsse für seine Zivilisation und für die Ausweitung seiner Dominanz ausnutzt.
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