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Dass Soldaten aus der DDR in den Westen flüchteten, weiß jeder. Dass Nato-Soldaten in die DDR überliefen, ist weitgehend unbekannt. Dabei hatten die Deserteure oft gute Gründe. Da ist der anscheinend überzeugte Sozialist William D. Adkins aus Indianapolis, der sich willig in die Arme der Stasi begibt, Karriere macht und am Ende spurlos verschwindet. Richard Coffman sucht in der DDR Asyl, um dem Kriegsgemetzel in Korea zu entgehen - und kehrt dennoch in einem Zinnsarg in die USA zurück. Der Afroamerikaner Charles Lucas will dem Rassismus in der US Army entkommen - und nimmt ein unglückliches…mehr

Produktbeschreibung
Dass Soldaten aus der DDR in den Westen flüchteten, weiß jeder. Dass Nato-Soldaten in die DDR überliefen, ist weitgehend unbekannt. Dabei hatten die Deserteure oft gute Gründe. Da ist der anscheinend überzeugte Sozialist William D. Adkins aus Indianapolis, der sich willig in die Arme der Stasi begibt, Karriere macht und am Ende spurlos verschwindet. Richard Coffman sucht in der DDR Asyl, um dem Kriegsgemetzel in Korea zu entgehen - und kehrt dennoch in einem Zinnsarg in die USA zurück. Der Afroamerikaner Charles Lucas will dem Rassismus in der US Army entkommen - und nimmt ein unglückliches Ende. Peter Köpf widmet sich in seinem packend erzählten Sachbuch diesem vergessenen Kapitel des Ost-West-Konflikts und beleuchtet zehn Schicksale von Deserteuren, die die Stasi 'Freunde' nannte, aber wie Feinde behandelte. Es sind private Geschichten des Kalten Krieges aus einer ungewohnten, neuen Perspektive.
Autorenporträt
Köpf, Peter§Jahrgang 1960, Studium der Politik- und Kommunikationswissenschaften sowie der Neueren Deutschen Literatur in München, 1984-92 Mitarbeiter der Münchener Abendzeitung, Ressorts Feuilleton, Politik und Reportagen, 1992-94 TV-Redakteur; derzeit Chefredakteur der Monatszeitung The Atlantic Times. Mehr unter: www.denk-bar.de. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, u.a. 'Die Lotto-Mafia. Wer beim Glücksspiel wirklich gewinnt' (München 1999), sowie Biographien über Kurt Biedenkopf (Frankfurt 1999), Edmund Stoiber (Hamburg 2001), Die Burdas (Hamburg 2002) und Die Mommsens (Hamburg 2004).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.04.2013

Schönes neues Bautzen?
Soldaten der Nato als Überläufer und Asylanten in der DDR

Bis zum Mauerbau desertierten knapp 6000 Soldaten der DDR-Streitkräfte, die meisten von ihnen in die Bundesrepublik. Dieses Faktum ist bekannt und wissenschaftlich untersucht. Kaum bekannt ist dagegen, dass auch nicht wenige Soldaten aus Nato-Streitkräften in die DDR überliefen und dort um politisches Asyl baten. Diesem Phänomen spürt jetzt der Publizist Peter Köpf für die 1950er Jahre nach. Aus der dreistelligen Zahl der Überläufer hat er zehn Fälle ausgewählt und erzählt deren Geschichten unter Heranziehung von Quellen, vornehmlich Stasi-Akten.

Die Motive für die Flucht waren so unterschiedlich wie die Personen. Einige wollten sich dem möglichen Kriegseinsatz in Korea oder Vietnam oder - als Schwarze - dem in den Vereinigten Staaten verbreiteten Rassismus entziehen. Andere hatten Eheprobleme oder Konflikte mit Vorgesetzten, auch die Furcht vor Sanktionen nach Straftaten löste bisweilen die Flucht aus, fast alle Deserteure erhofften sich in der DDR auch ein besseres Leben.

Nach ihrer Festnahme erfolgte zunächst das Verhör durch sowjetische Behörden, danach wurden die Überläufer dem MfS zur "Filtration" überstellt. Dabei sollten Informationen aus der bisherigen militärischen Tätigkeit sowie die Motivation für die Desertion ausgeforscht werden. Wo immer möglich wurde die Flucht in den DDR-Medien propagandistisch verwendet. Danach verbrachte man die zum Teil mit Familienangehörigen geflohenen Nato-Soldaten nach Bautzen. Dort sollten "die Freunde" beruflich Fuß fassen und durch politische Schulung zu "Kämpfern für den Sozialismus" weitergebildet werden.

In und um die Stadt in der Oberlausitz lebten Mitte der fünfziger Jahre zeitweise über 50 Ausländer, permanent - aber mit mäßigem Erfolg - von der Stasi überwacht. Oft gingen deren Erwartungen nicht in Erfüllung, nur knapp die Hälfte ließ sich integrieren. Viele waren beruflich unzufrieden, hatten als verkrachte Existenzen Beziehungs- oder Alkoholprobleme, auch Konflikte mit der einheimischen Bevölkerung blieben nicht aus. Einige wurden straffällig und zu Haftstrafen verurteilt. Einzelne Deserteure sahen nur im Suizid den Ausweg.

Peter Köpf leuchtet mit seinem gut recherchierten und aus der doppelten Perspektive von Überläufern und dem Ministerium für Staatssicherheit spannend geschriebenen Sachbuch ein bisher dunkles Kapitel des Kalten Krieges aus.

HANS EHLERT

Peter Köpf: Wo ist Lieutenant Adkins? Das Schicksal desertierter NATO-Soldaten in der DDR. Ch.Links Verlag, Berlin 2013. 224 S., 19,90 [Euro].

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