„Mein Kopf schien voller Fragen zu sein, allesamt Tore, hinter denen sich die Erkenntnisse türmten, zu denen ich bisher nicht gelangt war.“ (Zitat Seite 254)
Ein altes Gutshaus im Dorf Plenskow, Ende der 80er Jahre als Ambulatorium genutzt, zieht den jungen Arzt Nikita Wander sofort in seinen
Bann. Doch es ist sein jüngerer Bruder Konrad, ebenfalls Arzt, der Nikitas große Liebe geheiratet und…mehr„Mein Kopf schien voller Fragen zu sein, allesamt Tore, hinter denen sich die Erkenntnisse türmten, zu denen ich bisher nicht gelangt war.“ (Zitat Seite 254)
Ein altes Gutshaus im Dorf Plenskow, Ende der 80er Jahre als Ambulatorium genutzt, zieht den jungen Arzt Nikita Wander sofort in seinen Bann. Doch es ist sein jüngerer Bruder Konrad, ebenfalls Arzt, der Nikitas große Liebe geheiratet und mir ihr inzwischen drei Kinder hat, der auch das Gutshaus kauft. Gemeinsam renovieren sie das Haus und Marion eröffnet ihr Café „Granatapfel“. Das Café läuft gut, doch es muss noch viel Geld in die Erhaltung des Hauses investiert werden. Aus manchen Bewohnern Plenskows werden Freunde, andere bleiben abweisend und die Ablehnung gegenüber den neuen Besitzern des Gutshauses vergrößert sich mit den Jahren noch. Die Familie hält zusammen, doch wird das genügen?
In diesem Roman von Barbara Handke geht es um das Gefüge innerhalb einer Großfamilie, den Zusammenhalt, aber auch die Differenzen dieser Zweckgemeinschaft. Die Geschichte hat jedoch auch die Probleme zwischen Eltern und Kindern, schwierige Schwiegermütter, und Kinder, die ihren eigenen Platz im Leben suchen, zum Thema. Dazu kommt ein altes, teilweise verfallenes Gutshaus in einem Ort in Mecklenburg-Vorpommern. Eines jener Objekte, die es zahlreich gibt und die bis heute noch Menschen zum Träumen bringen, die sich der Realität nicht immer bewusst sind. Diese Problematik wird hier sehr gut geschildert.
Die Autorin schreibt in der Ich-Form, aus der Sicht von Nikita Wander. Die Geschichte spannt sich über den Zeitraum 1993 – 2002, mit einem Ausklang 2003. Die erzählende Sprache liest sich leicht und flüssig. Interessant ist, wie einzelne Stimmungen zwischen den Menschen durch Metapher der sie umgebenden Natur dargestellt und betont werden.
Mich beeindruckte die Geschichte des Dorfes und seiner Bewohner, sowie die Geschichte der Familie als Gesamtbild, ich habe keinen der Charaktere als besonders liebenswert und Hauptprotagonist empfunden. Alle handelnden Personen haben ihre Eigenheiten, die positive Ausnahme sind die drei Kinder von Konrad und Marion: Selma, Laure und Jakob. Marion ist eine Frau, die es versteht, alle Menschen zu ihrer Unterstützung einzusetzen, besonders Nikita, ihren Schwager, der dadurch kaum in der Lage ist, endlich sein eigenes Leben zu leben. Heimlich träumt er noch immer von der gemeinsamen Zukunft mit Marion und erst der Ärztin Dr. Elsa Dahle gelingt es, Nikita, inzwischen Mitte 40, langsam von Plenskow zu lösen.
Nikita Wander könnte man als typische Figur des Antihelden bezeichnen. Da seine große Liebe Marion zur Familie gehört, kann er sich nicht von ihr lösen und sie nützt das aus. Nikita, der beim Hauskauf finanziell mithilft, Nikita, der auch sonst für sämtliche anfallenden Arbeiten nach Plenskow gerufen wird und dem Ruf folgt. Sein eigenes Leben stagniert und hat gar keine Zeit, sich zu entfalten. Bei einem Weihnachtsfest vergleicht die junge Selma die Mitglieder der Familie mit Blumen und anderen Pflanzen. Sie tut dies ohne Hintergedanken, mit ihrer kindlichen Begeisterung für Botanik. Nikita ist für sie eine Mispel und damit beschreibt die Autorin perfekt seinen Platz in Plenskow.
Ein Roman über den Traum vom Leben auf dem Land, dem Charme eines alten Hauses und über die Befindlichkeiten einer Großfamilie. Ein Abschnitt von zehn Jahren im Leben dieser Menschen. Die Geschichte liest sich wie ein Tagebuch, mehr beschreibend als spannend.