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Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Auch Kreta-Kennern bietet dieser Band Rezensent H.E.R. zufolge manches Neue und Überraschende. Das Vergnügen, das der Autor seinem Eindruck gemäß beim Aufspüren seiner Geschichte der Insel hatte, übertrug sich beim Lesen auch auf ihn. Denn als Leser wird man vom großen Schatz an historischem Wissen nicht erdrückt, gibt H.E.R. zu Protokoll. Vielmehr profitiere man vom feinen Humor und Understatement. Auch die zurückhaltende Bebilderung des Bandes stößt auf Sympathie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.06.2005

Götter in der Versenkung

Die größte Insel Griechenlands liegt wie ein mächtiger Riegel am Südrand der Ägäis, der Sage nach Geburtsort des Göttervaters Zeus und Schauplatz zahlreicher Mythen. Hierher entführte Zeus in Gestalt eines Stiers die phönizische Königstochter Europa, hier wurden dem Minotaurus Jahr für Jahr junge Menschen geopfert, und Dädalus konstruierte hier die Vogelschwingen, die ihm und seinem Sohn zur Flucht verhelfen sollten. Die Insel von heute, auf der Einheimische und Touristen lebhafte, diesseitige Geschäftigkeit entfalten, scheint mit dem antiken Kreta nichts gemeinsam zu haben. Und doch leben Sagen und Legenden weiter; sie ranken sich um jede Höhle, jede Schlucht, jeden Berg. Man muß sie nur zu finden wissen - so wie Barry Unsworth, der sie in den abgelegensten Regionen aufgespürt und mit der Geschichte der Insel verknüpft hat. Weil er ein echter Brite ist, überträgt sich das Vergnügen, das er beim Aufspüren dieser Geschichten empfunden hat, sogar auf den Leser. Der wird von dem großen Schatz an historischem Wissen nicht erdrückt, und er profitiert vom feinen Humor und Understatement der Darstellung, die die Gegenwart keineswegs ausspart. So führt der Autor den Leser, gewissermaßen zähneknirschend, auch durch die rummelige Sammariaschlucht, freilich nur, um ihm anschließend kaum bekannte, menschenleere und auf andere Art reizvolle Schluchten zu verraten. Das Buch, mit Schwarzweißfotos zurückhaltend bebildert, bietet auch dem Kenner der Insel manches Neue und Überraschende.

H.E.R.

"Wo Zeus das Licht der Welt erblickte - Eine Reise durch Kreta" von Barry Unsworth. Verlag Frederking & Thaler, München 2005. Gebunden, 160 Seiten, fünfzehn Fotos, eine Karte. Gebunden, 18 Euro. ISBN 3-89405-482-4

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.08.2005

BÜCHER FÜR DIE REISE
Kreta - mon amour
Barry Unsworth ist gekränkt. Von den Touristen, die in viel zu großer Zahl durch die Samaria-Schlucht drängeln, derentwegen die Küsten Kretas verbaut werden und die vor allem stets mit sicherem Gespür die Erhabenheit eines Augenblicks zerstören. Doch weiß er nur zu gut, dass er selbst einer von ihnen ist.
Der englische Schriftsteller, der 1992 für „Das Sklavenschiff” mit dem Booker Prize ausgezeichnet worden war, hat überdies auch mit den Einheimischen Schwierigkeiten. In seinen Augen sind sie phlegmatisch und eitel, haben demnach zwei Eigenschaften, die er wenig schätzt. Aber der Schriftsteller in ihm preist an ihnen, dass sie Geschichten lieben: „Ihre Insel ist seit mindestens 8000 Jahren besiedelt, genug Zeit für eine Menge Geschichten und für den langen kreativen Prozess des Ausschmückens, bei dem sich Mythos, Legende und reale Ereignisse miteinander vermischen, ineinander verweben und irgendwann nicht mehr voneinander zu trennen sind.”
Er spürt diesen Geschichten nach, in den Höhlen und Schluchten, in denen Götter geboren sein sollen, an den Küsten und auf den Hochebenen, wo Freiheitskämpfe ausgefochten wurden. Und vermengt sie mit seinen eigenen, schreibt sie fort, stellt Verbindungen her. Gleichzeitig hält er sich zurück, alles niederzuschreiben, was er weiß oder erlebt hat.
Unsworth liebt Kreta. Er liebt diese Insel, bedingungslos und bereit, ihr beinahe alles nachzusehen. Allerdings besteht er auf einer ehrlichen Beziehung. Unsworth schildert in seinem Reisebericht „Wo Zeus das Licht der Welt erblickte” die alltäglichen wie die langfristigen Auswirkungen des Massentourismus’. Was ihn stört, an den Fremden wie auch an den Einheimischen, das will er auch benennen. Aber das verleitet Unsworth nicht zum Lamentieren. Er hat ohnehin seit jeher gewusst, dass Kreta nicht das Paradies ist. Aber eine Wiege der Kultur.
STEFAN FISCHER
BARRY UNSWORTH: Wo Zeus das Licht der Welt erblickte. Eine Reise durch Kreta. Verlag Frederking & Thaler. München 2005. 160 Seiten. 18 Euro.
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