In this innovative dictionary, German words and proper names are presented which are derived either from the development away from or independent establishment (of forms) of an already-existing, extinct or reconstructed borrowing or loan word (e.g., wägen - wiegen, Triumph - Trumpf, Trinität - Trinidad) or which are made up of identical elements (e.g., bekommen - beikommen).
Im Unterschied zum Hauptziel der etymologischen Wörterbücher intendiert dieses neuartige Wörterbuch nicht, die Verwandtschaft von Wörtern innerhalb einer Wortfamilie schlechthin nachzuweisen, sondern vielmehr die auf eine gemeinsame lexikalische Vorlage zurückführbaren oder als gleiche Wortstrukturen identifizierbaren so genannten etymologischen Dubletten zu ermitteln. Unter diesem Begriff werden Wortpaare und -reihen gefasst, die in erster Linie durch Auseinanderentwicklung und Verselbständigung (von Formen) eines existierenden, ausgestorbenen oder erschlossenen Erb- oder Lehnwortes entstanden (etwa wägen - wiegen, Triumph - Trumpf, Trinität - Trinidad) oder aus etymologisch identischen Elementen komponiert sind (etwa betragen - beitragen). Demselben lexikologischen Phänomen wurde Ende des 19. Jahrhunderts bedeutende Aufmerksamkeit gewidmet, das Interesse daran ließ jedoch nach, sobald das Grundprinzip der Identität durch Aneinanderreihung von Derivaten verletzt wurde. Dies hatte zur Folge, dass man echte etymologische Dubletten wie etwa Staat, Etat und Status gelegentlich als "Verwandte" hinzustellen geneigt war, anstatt die beiden Ersteren als Reflexe von lat. status (woraus auch dt. Status) jeweils im Deutschen und im Französischen anzusehen.
Im vorliegenden Lexikon wird das in Frage kommende Wortmaterial sprachwissenschaftlich eingehend erörtert und - abgesehen von einzelnen Wortartikeln in den traditionellen etymologischen Wörterbüchern - zum ersten Mal lexikographisch aufgeführt. Auf diesem Wege werden dem sprach-, wort- und kulturgeschichtlich interessierten Leser sowie Sprachwissenschaftlern in über 2000 Wörterbuchartikeln insgesamt mehr als 6000 lexikalische "Doppelgänger" verschiedenster Natur präsentiert. Dieses Wörterbuch ist eine hervorragende Ergänzung zum Kluge, dem Standardwörterbuch zur Etymologie des Deutschen.
Im Unterschied zum Hauptziel der etymologischen Wörterbücher intendiert dieses neuartige Wörterbuch nicht, die Verwandtschaft von Wörtern innerhalb einer Wortfamilie schlechthin nachzuweisen, sondern vielmehr die auf eine gemeinsame lexikalische Vorlage zurückführbaren oder als gleiche Wortstrukturen identifizierbaren so genannten etymologischen Dubletten zu ermitteln. Unter diesem Begriff werden Wortpaare und -reihen gefasst, die in erster Linie durch Auseinanderentwicklung und Verselbständigung (von Formen) eines existierenden, ausgestorbenen oder erschlossenen Erb- oder Lehnwortes entstanden (etwa wägen - wiegen, Triumph - Trumpf, Trinität - Trinidad) oder aus etymologisch identischen Elementen komponiert sind (etwa betragen - beitragen). Demselben lexikologischen Phänomen wurde Ende des 19. Jahrhunderts bedeutende Aufmerksamkeit gewidmet, das Interesse daran ließ jedoch nach, sobald das Grundprinzip der Identität durch Aneinanderreihung von Derivaten verletzt wurde. Dies hatte zur Folge, dass man echte etymologische Dubletten wie etwa Staat, Etat und Status gelegentlich als "Verwandte" hinzustellen geneigt war, anstatt die beiden Ersteren als Reflexe von lat. status (woraus auch dt. Status) jeweils im Deutschen und im Französischen anzusehen.
Im vorliegenden Lexikon wird das in Frage kommende Wortmaterial sprachwissenschaftlich eingehend erörtert und - abgesehen von einzelnen Wortartikeln in den traditionellen etymologischen Wörterbüchern - zum ersten Mal lexikographisch aufgeführt. Auf diesem Wege werden dem sprach-, wort- und kulturgeschichtlich interessierten Leser sowie Sprachwissenschaftlern in über 2000 Wörterbuchartikeln insgesamt mehr als 6000 lexikalische "Doppelgänger" verschiedenster Natur präsentiert. Dieses Wörterbuch ist eine hervorragende Ergänzung zum Kluge, dem Standardwörterbuch zur Etymologie des Deutschen.
"Dieses Buch ist eigentlich ein Lesebuch - ein sehr prickelndes."
Wolgang Müller in: Muttersprache 9/2005
"Auf dieses Buch werden nun alle zurückgreifen müssen, die sich für die Geschichte der deutschen Lexik, und insbesondere für solche Wortpaare, die gleicher Herkunft sind, d. h. in der linguistischen Terminologie für etymologische Dubletten des Deutschen [interessieren]. Hier finden alle Interessierten ausführliche und zuverlässige Informationen zur Herkunft der etymologischen zusammengehörigen Wortpaare."
Jósef Wiktorowicz in: Studia Niemcoznaxcze 2005
Wolgang Müller in: Muttersprache 9/2005
"Auf dieses Buch werden nun alle zurückgreifen müssen, die sich für die Geschichte der deutschen Lexik, und insbesondere für solche Wortpaare, die gleicher Herkunft sind, d. h. in der linguistischen Terminologie für etymologische Dubletten des Deutschen [interessieren]. Hier finden alle Interessierten ausführliche und zuverlässige Informationen zur Herkunft der etymologischen zusammengehörigen Wortpaare."
Jósef Wiktorowicz in: Studia Niemcoznaxcze 2005
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.09.2004Gott und potz und pocks und botz
Was fehlte: Das Lexikon etymologischer Doubletten
Fällt einem ein Buch in die Hand, das etwas, was Metzlers Lexikon Sprache in 15 Zeilen erklärt, auf ungefähr 450 Seiten präsentiert, dann sagt man sich nach guter Laienart „Gott, o Gott!”, ohne sich zunächst bewusst zu machen, dass man damit schon mitten in der Materie ist. Das Wort Gott gehört nämlich zu den Dubletten, wie sie der bulgarische Germanist Boris Paraschkewow beschreibt und erklärt, also zu den Wortpaaren, die, von unsereinem meist unbemerkt, durch das Band der „etymologischen Duplizität” verbunden sind. Mit Gott nahe verwandt ist nach dieser Systematik das weitaus schäbigere potz, und zwar über die mittel- oder frühneuhochdeutschen Formen gotes, pocks und botz. Dass dem so ist, wusste man zwar auch bisher schon; dass aber nun zusammengeführt wurde, was zusammengehört, ist Kern und Leistung dieses Buches.
Kleiner Appetizer gefällig? Gut, greifen wir uns aus dem Buchstaben „A” das Lemma Arkuballiste heraus, das prima vista nach einer Liste von Arkubalen aussieht, als solches aber keinen Sinn ergibt. Es handelt sich dabei vielmehr um das römische, auch im Mittelalter noch benützte Belagerungsgerät der Bogenschleuder, spätlateinisch arcuballista, das sich über diverse Varianten und in einem Prozess der volksetymologischen Anlehnung zur Armbrust mauserte. Das Gespann Arkuballiste/Armbrust gehört zusammen mit Paarungen wie Apsis/Abseite, Planchette/Blankscheit oder radikal/ratzekahl in die Kategorie der aus psychologischen Gründen herbeigeführten Wortspaltungen, geht insofern nur bedingt als etymologische Dublette durch.
Was es mit solchen Dubletten auf sich hat, erfährt man in der Einleitung, die naturgemäß ziemlich spröde ausfällt, da sie schließlich Licht und Ordnung in das von Haus aus dunkel wuchernde Unterholz der Sprache bringen muss. Nichtsdestoweniger hätte der Verlag - unterstellt, er will Paraschkewows Arbeit nicht nur in der Fachwelt verbreiten - beim Autor darauf hinwirken können, dass er die Sprödigkeit zugunsten besserer Lesbarkeit gedrosselt hätte. Hier sei daraus nur soviel verraten, dass man die etymologischen Dubletten in zwei Subkategorien teilt, die struktur- und die herkunftsgleichen, wobei Letztere die Hauptmenge bilden und nach folgenden Kriterien unterschieden werden: graphosemantisch (das/dass), akzentsemantisch (Ténor/Tenór), phonosemantisch (Bett/Beet) und morphosemantisch (Kraft/kraft).
Um noch kurz im beziehungsweise beim Bett/Beet zu bleiben, so handelt es sich bei diesem Dublettenpaar um ein Musterbeispiel innersprachlicher Wortspaltung. Am Anfang steht das aus dem Dunkel der Sprachgeschichte hervortretende germanische badja- für Lager oder Grundlage. Man erklärt es sich aus der Ähnlichkeit eines aufgelockerten, erhöhten Landstücks mit einem Polsterlager, dass althochdeutsch betti und mittelhochdeutsch bette sowohl Lagerstatt als auch Feld-, Gartenbeet bedeuteten. Seit dem 17. Jahrhundert setzte sich die formale Unterscheidung von Bett und Beet durch, die darauf basiert, dass die beiden Bedeutungen auf die bereits bestehenden Lautvarianten verteilt werden.
Kartoffel parterre
Wie weit sich derlei etymologische Verwandtschaften verzweigen, kann man an Wörtern wie dürr demonstrieren. Dessen indogermanisches Wurzelwerk zu schildern, würde hier zu weit führen, doch erblüht daraus auch das lateinische terra, das es im Deutschen ja zum renommierten Fremdwort (in Terra incognita oder Terracotta) gebracht hat. Der Genitiv Singular von terra lautet terrae, und der wiederum verbirgt sich raffiniertest in der guten alten Kartoffel, die sich über Tartoffel/tartufolo aus dem spätlateinischen terrae tuber („Erdknolle”) herleiten lässt und ihr anlautendes „K” einer Dissimilation verdankt. Damit ist die Sache noch keineswegs zu Ende, man denke nur an das französische parterre.
Wo der Landmann auftaucht, ist auch der Landsmann nicht weit, nur dass dem Landmann seine zweite Bedeutung („Bewohner eines Landes, eines Gebiets”) ab Mitte des 16. Jahrhunderts abhanden zu kommen begann. Sie wuchs dem Landsmann zu, sodass durch sekundäre Semantisierung des Fugen-s etymologisch adäquate Dubletten entstanden. So jedenfalls erklärt es der Fachmann, dem seine Bedeutungen samt und sonders erhalten blieben, weswegen er der Dublette Fachsmann entraten kann. Zu dem Paar Landmann/Landsmann gibt es eine Reihe von Parallelen, etwa die Volks-/Völkerkunde oder den Kinds-/Kinderkopf.
Das abschließende Register führt auf Spuren, die man sonst vielleicht nicht gefunden hätte. Eins der ersten Stichwörter ist der biblische Absalom, bei dem auf die Artikel Axel, Abt und Schalom verwiesen wird. Die Verbindung zu Abt und Schalom erscheint schlüssig, weil der Name Absalom ja „Vater des Friedens” bedeutet. Der Axel hingegen gewinnt seinen Sinn daraus, dass es sich bei diesem schwedischen Vornamen um einen verstümmelten Absalom handelt. Da Davids Sohn Absalom, wie man aus der Schrift weiß, mit seinen schönen langen Haaren in einer Eiche hängen blieb und zu Tode kam, kann man allen Axels nur raten, regelmäßig zum Friseur zu gehen.
HERMANN UNTERSTÖGER
BORIS PARASCHKEWOW: Wörter und Namen gleicher Herkunft und Struktur. Lexikon etymologischer Dubletten im Deutschen. De Gruyter Verlag, Berlin und New York 2004. Rund 450 Seiten, gebunden 88 Euro, Broschur 39,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Was fehlte: Das Lexikon etymologischer Doubletten
Fällt einem ein Buch in die Hand, das etwas, was Metzlers Lexikon Sprache in 15 Zeilen erklärt, auf ungefähr 450 Seiten präsentiert, dann sagt man sich nach guter Laienart „Gott, o Gott!”, ohne sich zunächst bewusst zu machen, dass man damit schon mitten in der Materie ist. Das Wort Gott gehört nämlich zu den Dubletten, wie sie der bulgarische Germanist Boris Paraschkewow beschreibt und erklärt, also zu den Wortpaaren, die, von unsereinem meist unbemerkt, durch das Band der „etymologischen Duplizität” verbunden sind. Mit Gott nahe verwandt ist nach dieser Systematik das weitaus schäbigere potz, und zwar über die mittel- oder frühneuhochdeutschen Formen gotes, pocks und botz. Dass dem so ist, wusste man zwar auch bisher schon; dass aber nun zusammengeführt wurde, was zusammengehört, ist Kern und Leistung dieses Buches.
Kleiner Appetizer gefällig? Gut, greifen wir uns aus dem Buchstaben „A” das Lemma Arkuballiste heraus, das prima vista nach einer Liste von Arkubalen aussieht, als solches aber keinen Sinn ergibt. Es handelt sich dabei vielmehr um das römische, auch im Mittelalter noch benützte Belagerungsgerät der Bogenschleuder, spätlateinisch arcuballista, das sich über diverse Varianten und in einem Prozess der volksetymologischen Anlehnung zur Armbrust mauserte. Das Gespann Arkuballiste/Armbrust gehört zusammen mit Paarungen wie Apsis/Abseite, Planchette/Blankscheit oder radikal/ratzekahl in die Kategorie der aus psychologischen Gründen herbeigeführten Wortspaltungen, geht insofern nur bedingt als etymologische Dublette durch.
Was es mit solchen Dubletten auf sich hat, erfährt man in der Einleitung, die naturgemäß ziemlich spröde ausfällt, da sie schließlich Licht und Ordnung in das von Haus aus dunkel wuchernde Unterholz der Sprache bringen muss. Nichtsdestoweniger hätte der Verlag - unterstellt, er will Paraschkewows Arbeit nicht nur in der Fachwelt verbreiten - beim Autor darauf hinwirken können, dass er die Sprödigkeit zugunsten besserer Lesbarkeit gedrosselt hätte. Hier sei daraus nur soviel verraten, dass man die etymologischen Dubletten in zwei Subkategorien teilt, die struktur- und die herkunftsgleichen, wobei Letztere die Hauptmenge bilden und nach folgenden Kriterien unterschieden werden: graphosemantisch (das/dass), akzentsemantisch (Ténor/Tenór), phonosemantisch (Bett/Beet) und morphosemantisch (Kraft/kraft).
Um noch kurz im beziehungsweise beim Bett/Beet zu bleiben, so handelt es sich bei diesem Dublettenpaar um ein Musterbeispiel innersprachlicher Wortspaltung. Am Anfang steht das aus dem Dunkel der Sprachgeschichte hervortretende germanische badja- für Lager oder Grundlage. Man erklärt es sich aus der Ähnlichkeit eines aufgelockerten, erhöhten Landstücks mit einem Polsterlager, dass althochdeutsch betti und mittelhochdeutsch bette sowohl Lagerstatt als auch Feld-, Gartenbeet bedeuteten. Seit dem 17. Jahrhundert setzte sich die formale Unterscheidung von Bett und Beet durch, die darauf basiert, dass die beiden Bedeutungen auf die bereits bestehenden Lautvarianten verteilt werden.
Kartoffel parterre
Wie weit sich derlei etymologische Verwandtschaften verzweigen, kann man an Wörtern wie dürr demonstrieren. Dessen indogermanisches Wurzelwerk zu schildern, würde hier zu weit führen, doch erblüht daraus auch das lateinische terra, das es im Deutschen ja zum renommierten Fremdwort (in Terra incognita oder Terracotta) gebracht hat. Der Genitiv Singular von terra lautet terrae, und der wiederum verbirgt sich raffiniertest in der guten alten Kartoffel, die sich über Tartoffel/tartufolo aus dem spätlateinischen terrae tuber („Erdknolle”) herleiten lässt und ihr anlautendes „K” einer Dissimilation verdankt. Damit ist die Sache noch keineswegs zu Ende, man denke nur an das französische parterre.
Wo der Landmann auftaucht, ist auch der Landsmann nicht weit, nur dass dem Landmann seine zweite Bedeutung („Bewohner eines Landes, eines Gebiets”) ab Mitte des 16. Jahrhunderts abhanden zu kommen begann. Sie wuchs dem Landsmann zu, sodass durch sekundäre Semantisierung des Fugen-s etymologisch adäquate Dubletten entstanden. So jedenfalls erklärt es der Fachmann, dem seine Bedeutungen samt und sonders erhalten blieben, weswegen er der Dublette Fachsmann entraten kann. Zu dem Paar Landmann/Landsmann gibt es eine Reihe von Parallelen, etwa die Volks-/Völkerkunde oder den Kinds-/Kinderkopf.
Das abschließende Register führt auf Spuren, die man sonst vielleicht nicht gefunden hätte. Eins der ersten Stichwörter ist der biblische Absalom, bei dem auf die Artikel Axel, Abt und Schalom verwiesen wird. Die Verbindung zu Abt und Schalom erscheint schlüssig, weil der Name Absalom ja „Vater des Friedens” bedeutet. Der Axel hingegen gewinnt seinen Sinn daraus, dass es sich bei diesem schwedischen Vornamen um einen verstümmelten Absalom handelt. Da Davids Sohn Absalom, wie man aus der Schrift weiß, mit seinen schönen langen Haaren in einer Eiche hängen blieb und zu Tode kam, kann man allen Axels nur raten, regelmäßig zum Friseur zu gehen.
HERMANN UNTERSTÖGER
BORIS PARASCHKEWOW: Wörter und Namen gleicher Herkunft und Struktur. Lexikon etymologischer Dubletten im Deutschen. De Gruyter Verlag, Berlin und New York 2004. Rund 450 Seiten, gebunden 88 Euro, Broschur 39,95 Euro.
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