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In seinem großen Erfolg 'Die Unruhe der Welt' ging Ralf Konersmann der Frage nach, wie die abendländische Kultur die Unruhe zu lieben gelernt hat. In seinem neuen 'Wörterbuch der Unruhe' erweitert er nun auf Basis ungenutzter Quellen und neuer Schwerpunkte seine Untersuchungen und unternimmt essayistische Streifzüge zu den Orten, an denen die Unruhe Gestalt annimmt und sich uns als normalste Sache der Welt präsentiert: von »Arbeit« über »Coolness« und »Unbehagen« bis zur »Zerstreutheit«. Es sind funkelnde, brillant formulierte Begriffsreportagen zu der Frage, welcher Argumentationslinien und…mehr

Produktbeschreibung
In seinem großen Erfolg 'Die Unruhe der Welt' ging Ralf Konersmann der Frage nach, wie die abendländische Kultur die Unruhe zu lieben gelernt hat. In seinem neuen 'Wörterbuch der Unruhe' erweitert er nun auf Basis ungenutzter Quellen und neuer Schwerpunkte seine Untersuchungen und unternimmt essayistische Streifzüge zu den Orten, an denen die Unruhe Gestalt annimmt und sich uns als normalste Sache der Welt präsentiert: von »Arbeit« über »Coolness« und »Unbehagen« bis zur »Zerstreutheit«. Es sind funkelnde, brillant formulierte Begriffsreportagen zu der Frage, welcher Argumentationslinien und Überredungsstrategien sich die Unruhe bedient, um uns so sehr für sich einzunehmen. Das 'Wörterbuch' - so kann man sagen - ergänzt den Blick auf die Unruhe der Welt um den Blick auf die Welt der Unruhe.

»Es gibt nichts Beruhigenderes als ein Wörterbuch.«
Roland Barthes
Autorenporträt
 Ralf Konersmann, geboren 1955, ist Professor für Philosophie und Publizist. Bis März 2021 war er Direktor des Philosophischen Seminars an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Er ist Wissenschaftlicher Beirat mehrerer philosophischer Zeitschriften und war Gründungsmitglied der Hamburger Akademie der Wissenschaften sowie Mitherausgeber des 'Historischen Wörterbuchs der Philosophie'. Im S. Fischer Verlag hat er zuletzt das 'Wörterbuch der Unruhe' (2017) veröffentlicht, für das er den Tractatus-Essaypreis des Philosophicum Lech verliehen bekommen hat, sowie den großen Erfolg 'Die Unruhe der Welt' (2015).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2017

Zufriedenheit ist verdächtig
Ralf Konersmann zeigt in einem Wörterbuch, wie die Unruhe zur Pflicht wurde

Das Schlimme an der Unruhe ist, dass man sie nicht therapieren kann. Gegen ihre Symptome gibt es zahlreiche Mittel: Yoga, Faulheit, Wochenende und so weiter. Doch das sind alles Rezepte, die die Norm selbst, auf die sie reagieren, nicht in Frage stellen, sondern bloß bestätigen: den Anspruch, bis ins Alter tätig, beweglich, neugierig zu bleiben. Man ruht sich aus, um danach wieder um so beherzter unruhig sein zu können. Schon der Ehrgeiz, den Zustand der Unruhe überhaupt zu verändern, zeugt von der Mentalität, die er überwinden will.

Wie ist diese Norm nur über uns gekommen, wie ist sie so geläufig und unausweichlich geworden, dass wir ihr gar nicht entrinnen können? Das ist eine Frage nicht für einen Lebensratgeber und auch nicht für einen Soziologen oder Historiker, der sie mit irgendwelchen von außen einbrechenden Mächten (Industrialisierung, Kapitalismus, Digitalisierung zum Beispiel) zu beantworten versucht. Das ist die Frage für einen Philosophen, der unerschrocken genug ist, Gedanken zu Ende zu denken und nicht voreilig gegeneinander auszuspielen. Ein solcher Philosoph ist Ralf Konersmann, der die Entwicklung der Unruhe nun mit einer bewundernswerten Konsequenz, Präzision und Eleganz entschlüsselt hat.

Anders als beim chronologischen Ansatz der schon vor zwei Jahren erschienenen Studie "Die Unruhe der Welt" kreist Konersmann das Thema im "Wörterbuch der Unruhe" jetzt über alphabetisch geordnete Begriffsreportagen ein. Das Stichwort "Unbehagen" zum Beispiel führt ihn auf die Spur des moralischen Drucks, unter dem seit Robespierre alle Zufriedenheit steht. John Locke hatte Ende des 17. Jahrhunderts das Handeln auf den Zustand einer zu verändernden "uneasiness" zurückgeführt (und nicht wie bisher auf ein Ziel wie das Gute oder die Liebe). Von dort war es nur ein kleiner Schritt zur Verdächtigung des Behagens und der von ihm ausgehenden Untätigkeit als moralische, politische und existentielle Unempfindlichkeit. Freud bringt diese Pflicht zur Unzufriedenheit dann mit der Wendung "Unbehagen in der Kultur" auf den Punkt: Wo Kultur ist, da ist auch Unbehagen.

In anderen Stichworten wird die spätantike "Muße" als ein Modell geistiger Freiheit entschlüsselt oder das Lob des "Faulseins" als romantischer Protest (Schlegel: eine "göttliche Kunst") gegen die Arbeitsgesellschaft. Man merkt, es geht hier um viel mehr als bloß um gelehrtes historisches Wissen; es geht um Lebenseinstellungen, die ihrer Selbstverständlichkeit entrissen und dadurch erst wieder diskutierbar werden. Ihre Analyse ist für Konersmann daher auch eine Fallstudie: Kann das Denken die Welt, in die es eingesponnen ist, überschreiten? Die unsystematische Form des Wörterbuchs erweist sich als glückliche Wahl, um die von einem Ende her gar nicht aufzulösende Verflochtenheit der Motive zu rekonstruieren. Als "zeitgemäße Gestalt der Aufklärung" bezeichnet der Autor sein Verfahren der Genealogie. Zu Recht, ihm ist ein großer Wurf gelungen.

Mark Siemons

Ralf Konersmann: "Wörterbuch der Unruhe". S. Fischer, 351 Seiten, 24 Euro

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ein Schatzkästchen, in dem man kramt, um sich zu amüsieren, um sich zu bilden, um mal richtig schön Pause zu machen. Karin Klis Freie Presse 20170728