The dictionary presents the argot of German cyptolects, which have been documented in the last 20 years as part of the resurrection of research in jargons. We are dealing here with the dialects of what is known as Rotwelsch (thievesâ?? cant) which could function as cryptolects by integrating words from donors such as Jewish German, Romany, Romance and Slavonic languages and medieval thievesâ?? cant. The dictionary is based on surveys of speakers and written sources and is ordered by word families. Each article presents a headword together with written variants, meanings, examples of usage, and information on the source of the words.
Das Wörterbuch bietet den Verdunkelungswortschatz von deutschen Geheimsprachen, die in den letzten 20 Jahren im Zuge der Neubelebung der Sondersprachenforschung dokumentiert worden sind. Dabei handelt es sich um sogenannte Rotwelsch-Dialekte, die durch die Integration von Wörtern aus Spendersprachen wie etwa dem Jüdisch-Deutschen, Romanes, romanischen und slavischen Sprachen sowie dem mittelalterlichen Rotwelsch als Geheimsprachen funktionieren konnten. Das Wörterbuch beruht auf Sprecherbefragungen und schriftlichen Quellen und ist nach Wortfamilien geordnet. Die einzelnen Artikel bieten neben dem Kopflemma schreibsprachliche Varianten, Bedeutungsangaben, Verwendungsbeispiele und Angaben zur Herkunft der Wörter.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Das Wörterbuch bietet den Verdunkelungswortschatz von deutschen Geheimsprachen, die in den letzten 20 Jahren im Zuge der Neubelebung der Sondersprachenforschung dokumentiert worden sind. Dabei handelt es sich um sogenannte Rotwelsch-Dialekte, die durch die Integration von Wörtern aus Spendersprachen wie etwa dem Jüdisch-Deutschen, Romanes, romanischen und slavischen Sprachen sowie dem mittelalterlichen Rotwelsch als Geheimsprachen funktionieren konnten. Das Wörterbuch beruht auf Sprecherbefragungen und schriftlichen Quellen und ist nach Wortfamilien geordnet. Die einzelnen Artikel bieten neben dem Kopflemma schreibsprachliche Varianten, Bedeutungsangaben, Verwendungsbeispiele und Angaben zur Herkunft der Wörter.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Wolfgang Krischke feiert das Buch des Germanisten Klaus Siewert und seiner Studenten als rares Ergebnis der "Königsdisziplin der Philologen", der lexikografischen Langzeitstudie. Das Nachschlagewerk mit 30.000 Wörtern des Rotwelsch führt Krischke nicht nur die vielen Dialekte dieser Geheimsprache vor Augen, sondern erinnert ihn auch an vergessene Wörter aus seiner Jugend wie "knülle". Krischke lauscht dem Rotwelsch in Aktion ("der sperrt die flippflappen op, schmus nobes!" - "der sperrt die Ohren auf, sei lieber ruhig!") und erfreut sich an den Früchten einer 30 Jahre langen Forschungsarbeit. Dazu gehören Befragungen der letzten Rotwelsch-Sprecher und Quellenstudien sowie Angaben zur Semantik, Grammatik und Etymologie. Eine Arbeit von unschätzbarem sprachkulturellem Wert, findet Krischke.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.08.2024Geheimhaltung gegenüber der Obrigkeit war das Ziel
Der sperrt die flippflappen op: Klaus Siewert legt ein eindrucksvolles Wörterbuch über Rotwelschdialekte vor.
"Meine liebe Frau! Soeben Deine Post mit großer Freude erhalten . . . Viele Grüße an Schofel und Bock!" So steht es auf einer Postkarte, die ein deutscher Kriegsgefangener 1946 aus der Sowjetunion ins heimatliche Lützenhardt im Schwarzwald schickte. Mit dem scheinbaren Gruß an zwei Verwandte oder Freunde tarnte der Schreiber die Mitteilung seiner elenden Lage: "Schofel" bedeutet "schlecht" und "Bock" "Hunger". Beide Wörter gehören zum Rotwelschen und sind auch in der deutschen Umgangssprache heimisch geworden: Als "schofel", dem ein jiddisches Wort mit hebräischer Wurzel zugrunde liegt, bezeichnen wir jemanden, der sich schäbig verhält, und "Bock", das aus dem Romanes, der Sprache der Roma und Sinti, stammt, findet sich in der Wendung "auf etwas Bock haben". Auch wenn wir "Stuss" reden, etwas "ausbaldowern", "Bammel haben" oder der nötige "Kies" fehlt, sprechen wir Rotwelsch.
Etwa 400 solcher Wörter gehören zum deutschen Allgemeinwortschatz. Dem Daseinszweck des Rotwelschen, dessen Anfänge im dreizehnten Jahrhundert liegen, läuft das eigentlich direkt zuwider. Denn diese Sprache des fahrenden Volkes, der Hausierer und wandernden Handwerker, Gauner und Bettler, der Schausteller und reisenden Musikanten diente der Geheimhaltung gegenüber der Obrigkeit sowie den Bauern und Bürgern, zu denen die Vaganten in einem gespannten Verhältnis lebten.
Deshalb entstammen zahlreiche rotwelsche Substantive, Adjektive und Verben anderen Sprachen, insbesondere dem Jiddischen mit seinen vielen hebräischstämmigen Wörtern und dem Romanes. Hinzu kommen slawische und romanische Einflüsse. Oft veränderten die entlehnten Wörter im Rotwelschen ihre Bedeutung. Für die Aufnahme deutscher Ausdrücke war die Umdefinition sogar die Voraussetzung. Nur so konnten sie dem Zweck der semantischen Verdunkelung dienen.
Heute existiert Rotwelsch - abgesehen von den Einsprengseln in der Umgangssprache - fast nur noch als folkloristisches Beiwerk. Als lebendiges Medium der Kommunikation hingegen steht diese Geheimsprache, die sich grammatisch und lautlich am Deutschen orientiert, vor dem Verlöschen. Mit einem monumentalen Wörterbuch hat der Münsteraner Germanist Klaus Siewert gemeinsam mit Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern das Rotwelsche in seiner sprachhistorisch jüngsten - und voraussichtlich letzten - Phase dokumentiert. Er hat damit nicht nur ein sprachwissenschaftliches Standardwerk geschaffen, sondern auch ein bedeutendes kulturelles Erbe gesichert.
Das Nachschlagewerk führt 30.000 Rotwelsch-Wörter auf, die sich auf 68 Dialekte im gesamten deutschsprachigen Raum verteilen - vom Berner Mattenenglisch über das Harzer Laufdibbern und das Killertaler Pleisle bis zur Neuerner Bettfedernhändlersprache und dem Sauerländer Schlausmen. Dass das ursprünglich nomadisierende, nicht ortsgebundene Rotwelsch überhaupt Dialekte herausbildete, liegt vor allem daran, dass im achtzehnten Jahrhundert absolutistische Landesherren viele der umherziehenden Gruppen an festen Orten ansiedelten. In der Folge übernahmen diese Sprecher Eigenarten der jeweiligen Mundarten in ihr Rotwelsch. Angeordnet sind die Stichwörter in Wortfamilien, deren Zentrum jeweils ein Grundausdruck bildet. So findet man unter "schmusen" (sagen, schwatzen, überreden) auch "Schmus" (Rede, Blödsinn, Lüge), "Schmusbacke" (Klatschbase), "Schmuskaffer" (Lehrer) oder "einschmusen" (einschmeicheln).
Zahlreiche Beispiele zeigen die Sprache in Aktion: "span, do den hautz as nicht doft, der sperrt die flippflappen op, schmus nobes!" ("Sei vorsichtig, der Mann versucht, unser Gespräch zu belauschen, der sperrt die Ohren auf, sei lieber ruhig!"). Das Wörterbuch liefert neben den Ausdrücken, die der Camouflage dienten, auch mundartliche Wörter, die diese Funktion nicht unbedingt hatten, aber von den Informanten trotzdem zu ihrem Rotwelsch gezählt wurden. Hier fehlen gelegentlich differenzierende Informationen.
Das Wörterbuch basiert auf Forschungen, die vor über dreißig Jahren begannen. Siewert und seine Studenten spürten die letzten noch lebenden Rotwelschsprecher auf und befragten sie. Bei etlichen Informanten galt es, anfängliches Misstrauen zu überwinden; für sie verbanden sich mit dem Rotwelschen zwiespältige Erinnerungen an Zeiten gesellschaftlicher Randständigkeit. Vielen war die lange nicht mehr verwendete Geheimsprache auch nur noch lückenhaft im Gedächtnis.
Die Befragung anhand von Wörterlisten, zusammengestellt aus schriftlichen Quellen, förderte aber verschüttetes Sprachwissen zutage und zudem viele bislang unbekannte Wörter, die ohne diese "Rettungsgrabung" wohl für immer verloren gewesen wären. Eine sprachliche Zeitreise erlebte auch, obgleich kein Rotwelschsprecher, der Rezensent. Beim Durchblättern begrüßten ihn alte, fast vergessene Bekannte aus der Jugend wie "Hacho" (Blödmann) oder "knülle" (betrunken). Ergänzt wurden die Befragungen durch die Auswertung neu entdeckter Quellen. Zu ihnen gehört ein Glossar des "Hundeshagener Kochum", gesprochen von Wandermusikanten aus dem Eichsfeld. Angelegt hatte es die Stasi zum Zweck der Enttarnung.
Das Wörterbuch liefert neben semantischen, grammatischen und dialektgeographischen Informationen auch Angaben zur Etymologie. Die beschränken sich allerdings häufig darauf, das jeweilige Wort der Spendersprache aufzuführen, ohne dann noch dessen Geschichte bis zur Wurzel zurückzuverfolgen. Wer hier weitergehende Informationen wünscht, kann - vor allem wenn es um älteres Rotwelsch geht - das vor knapp siebzig Jahren erschienene, 6400 Einträge umfassende Wörterbuch von Siegmund A. Wolf heranziehen. Allerdings sind etliche der dortigen Etymologien umstritten. Dazu gehört die auch von Siewert angeführte Herleitung der Polizistenbezeichnung "Bulle" vom niederländischen "bol" (kluger Kopf). Eine plausiblere und besser belegbare Wurzel ist das rotwelsch-jiddische "Balchochem" mit der Bedeutung "Kriminalbeamter, der Rotwelsch kann", das auch bei Siewert verzeichnet ist.
Um eine kleine Richtigstellung bittet auch der "Bergedorfer" - ein unsicherer Typ, von dem man nicht genau weiß, wo er hingehört. Abgeleitet ist die Bezeichnung vom Hamburger Stadtteil dieses Namens; erklärt wird sie damit, dass Bergedorf früher "abwechselnd von Berlin und Hamburg regiert" worden sei. Ganz so groß war die Wechselhaftigkeit aber nicht, denn tatsächlich hat sich Hamburg nicht mit Berlin, sondern mit Lübeck - immerhin auch eine Hansestadt - die Regierung geteilt. Doch das sind Randbemerkungen, die den sprachkulturellen Wert dieses vielschichtigen Werkes und die beeindruckende wissenschaftliche Leistung, die ihm zugrunde liegt, nicht schmälern können. Eine Leistung, die umso höher zu veranschlagen ist, als das forschungspolitische Klima lexikographischen Langzeitprojekten - einst die Königsdisziplin der Philologien - nicht eben günstig ist. WOLFGANG KRISCHKE
Klaus Siewert: "Wörterbuch deutscher Geheimsprachen". Rotwelschdialekte.
In Zusammenarbeit mit Rudolf Post.
De Gruyter Verlag, Berlin 2023. 907 S., geb., 310,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
Der sperrt die flippflappen op: Klaus Siewert legt ein eindrucksvolles Wörterbuch über Rotwelschdialekte vor.
"Meine liebe Frau! Soeben Deine Post mit großer Freude erhalten . . . Viele Grüße an Schofel und Bock!" So steht es auf einer Postkarte, die ein deutscher Kriegsgefangener 1946 aus der Sowjetunion ins heimatliche Lützenhardt im Schwarzwald schickte. Mit dem scheinbaren Gruß an zwei Verwandte oder Freunde tarnte der Schreiber die Mitteilung seiner elenden Lage: "Schofel" bedeutet "schlecht" und "Bock" "Hunger". Beide Wörter gehören zum Rotwelschen und sind auch in der deutschen Umgangssprache heimisch geworden: Als "schofel", dem ein jiddisches Wort mit hebräischer Wurzel zugrunde liegt, bezeichnen wir jemanden, der sich schäbig verhält, und "Bock", das aus dem Romanes, der Sprache der Roma und Sinti, stammt, findet sich in der Wendung "auf etwas Bock haben". Auch wenn wir "Stuss" reden, etwas "ausbaldowern", "Bammel haben" oder der nötige "Kies" fehlt, sprechen wir Rotwelsch.
Etwa 400 solcher Wörter gehören zum deutschen Allgemeinwortschatz. Dem Daseinszweck des Rotwelschen, dessen Anfänge im dreizehnten Jahrhundert liegen, läuft das eigentlich direkt zuwider. Denn diese Sprache des fahrenden Volkes, der Hausierer und wandernden Handwerker, Gauner und Bettler, der Schausteller und reisenden Musikanten diente der Geheimhaltung gegenüber der Obrigkeit sowie den Bauern und Bürgern, zu denen die Vaganten in einem gespannten Verhältnis lebten.
Deshalb entstammen zahlreiche rotwelsche Substantive, Adjektive und Verben anderen Sprachen, insbesondere dem Jiddischen mit seinen vielen hebräischstämmigen Wörtern und dem Romanes. Hinzu kommen slawische und romanische Einflüsse. Oft veränderten die entlehnten Wörter im Rotwelschen ihre Bedeutung. Für die Aufnahme deutscher Ausdrücke war die Umdefinition sogar die Voraussetzung. Nur so konnten sie dem Zweck der semantischen Verdunkelung dienen.
Heute existiert Rotwelsch - abgesehen von den Einsprengseln in der Umgangssprache - fast nur noch als folkloristisches Beiwerk. Als lebendiges Medium der Kommunikation hingegen steht diese Geheimsprache, die sich grammatisch und lautlich am Deutschen orientiert, vor dem Verlöschen. Mit einem monumentalen Wörterbuch hat der Münsteraner Germanist Klaus Siewert gemeinsam mit Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern das Rotwelsche in seiner sprachhistorisch jüngsten - und voraussichtlich letzten - Phase dokumentiert. Er hat damit nicht nur ein sprachwissenschaftliches Standardwerk geschaffen, sondern auch ein bedeutendes kulturelles Erbe gesichert.
Das Nachschlagewerk führt 30.000 Rotwelsch-Wörter auf, die sich auf 68 Dialekte im gesamten deutschsprachigen Raum verteilen - vom Berner Mattenenglisch über das Harzer Laufdibbern und das Killertaler Pleisle bis zur Neuerner Bettfedernhändlersprache und dem Sauerländer Schlausmen. Dass das ursprünglich nomadisierende, nicht ortsgebundene Rotwelsch überhaupt Dialekte herausbildete, liegt vor allem daran, dass im achtzehnten Jahrhundert absolutistische Landesherren viele der umherziehenden Gruppen an festen Orten ansiedelten. In der Folge übernahmen diese Sprecher Eigenarten der jeweiligen Mundarten in ihr Rotwelsch. Angeordnet sind die Stichwörter in Wortfamilien, deren Zentrum jeweils ein Grundausdruck bildet. So findet man unter "schmusen" (sagen, schwatzen, überreden) auch "Schmus" (Rede, Blödsinn, Lüge), "Schmusbacke" (Klatschbase), "Schmuskaffer" (Lehrer) oder "einschmusen" (einschmeicheln).
Zahlreiche Beispiele zeigen die Sprache in Aktion: "span, do den hautz as nicht doft, der sperrt die flippflappen op, schmus nobes!" ("Sei vorsichtig, der Mann versucht, unser Gespräch zu belauschen, der sperrt die Ohren auf, sei lieber ruhig!"). Das Wörterbuch liefert neben den Ausdrücken, die der Camouflage dienten, auch mundartliche Wörter, die diese Funktion nicht unbedingt hatten, aber von den Informanten trotzdem zu ihrem Rotwelsch gezählt wurden. Hier fehlen gelegentlich differenzierende Informationen.
Das Wörterbuch basiert auf Forschungen, die vor über dreißig Jahren begannen. Siewert und seine Studenten spürten die letzten noch lebenden Rotwelschsprecher auf und befragten sie. Bei etlichen Informanten galt es, anfängliches Misstrauen zu überwinden; für sie verbanden sich mit dem Rotwelschen zwiespältige Erinnerungen an Zeiten gesellschaftlicher Randständigkeit. Vielen war die lange nicht mehr verwendete Geheimsprache auch nur noch lückenhaft im Gedächtnis.
Die Befragung anhand von Wörterlisten, zusammengestellt aus schriftlichen Quellen, förderte aber verschüttetes Sprachwissen zutage und zudem viele bislang unbekannte Wörter, die ohne diese "Rettungsgrabung" wohl für immer verloren gewesen wären. Eine sprachliche Zeitreise erlebte auch, obgleich kein Rotwelschsprecher, der Rezensent. Beim Durchblättern begrüßten ihn alte, fast vergessene Bekannte aus der Jugend wie "Hacho" (Blödmann) oder "knülle" (betrunken). Ergänzt wurden die Befragungen durch die Auswertung neu entdeckter Quellen. Zu ihnen gehört ein Glossar des "Hundeshagener Kochum", gesprochen von Wandermusikanten aus dem Eichsfeld. Angelegt hatte es die Stasi zum Zweck der Enttarnung.
Das Wörterbuch liefert neben semantischen, grammatischen und dialektgeographischen Informationen auch Angaben zur Etymologie. Die beschränken sich allerdings häufig darauf, das jeweilige Wort der Spendersprache aufzuführen, ohne dann noch dessen Geschichte bis zur Wurzel zurückzuverfolgen. Wer hier weitergehende Informationen wünscht, kann - vor allem wenn es um älteres Rotwelsch geht - das vor knapp siebzig Jahren erschienene, 6400 Einträge umfassende Wörterbuch von Siegmund A. Wolf heranziehen. Allerdings sind etliche der dortigen Etymologien umstritten. Dazu gehört die auch von Siewert angeführte Herleitung der Polizistenbezeichnung "Bulle" vom niederländischen "bol" (kluger Kopf). Eine plausiblere und besser belegbare Wurzel ist das rotwelsch-jiddische "Balchochem" mit der Bedeutung "Kriminalbeamter, der Rotwelsch kann", das auch bei Siewert verzeichnet ist.
Um eine kleine Richtigstellung bittet auch der "Bergedorfer" - ein unsicherer Typ, von dem man nicht genau weiß, wo er hingehört. Abgeleitet ist die Bezeichnung vom Hamburger Stadtteil dieses Namens; erklärt wird sie damit, dass Bergedorf früher "abwechselnd von Berlin und Hamburg regiert" worden sei. Ganz so groß war die Wechselhaftigkeit aber nicht, denn tatsächlich hat sich Hamburg nicht mit Berlin, sondern mit Lübeck - immerhin auch eine Hansestadt - die Regierung geteilt. Doch das sind Randbemerkungen, die den sprachkulturellen Wert dieses vielschichtigen Werkes und die beeindruckende wissenschaftliche Leistung, die ihm zugrunde liegt, nicht schmälern können. Eine Leistung, die umso höher zu veranschlagen ist, als das forschungspolitische Klima lexikographischen Langzeitprojekten - einst die Königsdisziplin der Philologien - nicht eben günstig ist. WOLFGANG KRISCHKE
Klaus Siewert: "Wörterbuch deutscher Geheimsprachen". Rotwelschdialekte.
In Zusammenarbeit mit Rudolf Post.
De Gruyter Verlag, Berlin 2023. 907 S., geb., 310,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
"Der sperrt die flippflappen op: Klaus Siewert legt ein Wörterbuch über Rotwelschdialekte vor. Damit hat er nicht nur ein sprachwissenschaftliches Standardwerk geschaffen, sondern auch ein bedeutendes kulturelles Erbe gesichert." (Wolfgang Krischke in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.9.2024)
"Seit Siegmund Andreas Wolfs Wörterbuch des Rotwelschen von 1956 ist das im Jahr 2023 erschienene Wörterbuch deutscher Geheimsprachen (WGH) von Klaus Siewert und Rudolf Post nunmehr das wichtigste und umfangreichste Nachschlagewerk für die Beschäftigung mit den derzeit 68 bekannten Rotwelsch-Dialekten des Deutschen in Deutschland, Luxemburg, Österreich, Tschechien und der Schweiz." (Guido Kallfell in: Rheinisch-Westfälischen Zeitschrift für Volkskunde 2023/24)
"Seit Siegmund Andreas Wolfs Wörterbuch des Rotwelschen von 1956 ist das im Jahr 2023 erschienene Wörterbuch deutscher Geheimsprachen (WGH) von Klaus Siewert und Rudolf Post nunmehr das wichtigste und umfangreichste Nachschlagewerk für die Beschäftigung mit den derzeit 68 bekannten Rotwelsch-Dialekten des Deutschen in Deutschland, Luxemburg, Österreich, Tschechien und der Schweiz." (Guido Kallfell in: Rheinisch-Westfälischen Zeitschrift für Volkskunde 2023/24)