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Seit drei Jahren ist nichts mehr wie es war: Während seines Urlaubs in Kambodscha trifft der 23jährige Benjamin Prüfer auf eine Frau, die ihren Körper verkauft, um finanziell über die Runden zu kommen. Sie verlieben sich ineinander. Als er erfährt, dass sie HIV hat, muss er sich entscheiden: für oder gegen ein Leben mit Sreykeo. Trotz schier unüberwindbarer Hindernisse entscheidet er sich schließlich - und heiratet seine große Liebe. Ergreifend, ungeschönt und subjektiv wird die wahre Geschichte zweier junger Menschen erzählt, die sich Tag für Tag dem Kampf des (Über-)Lebens stellen und damit ihre Liebe beweisen.…mehr

Produktbeschreibung
Seit drei Jahren ist nichts mehr wie es war: Während seines Urlaubs in Kambodscha trifft der 23jährige Benjamin Prüfer auf eine Frau, die ihren Körper verkauft, um finanziell über die Runden zu kommen. Sie verlieben sich ineinander. Als er erfährt, dass sie HIV hat, muss er sich entscheiden: für oder gegen ein Leben mit Sreykeo. Trotz schier unüberwindbarer Hindernisse entscheidet er sich schließlich - und heiratet seine große Liebe.
Ergreifend, ungeschönt und subjektiv wird die wahre Geschichte zweier junger Menschen erzählt, die sich Tag für Tag dem Kampf des (Über-)Lebens stellen und damit ihre Liebe beweisen.
Autorenporträt
Benjamin Prüfer, geboren 1979 in Darmstadt, leistete 1998 nach dem Abitur seinen Zivildienst in Frankfurt und arbeitete als freier Mitarbeiter in den Lokalteilen des Darmstädter Echos und der Frankfurter Rundschau. Im Jahr 2000 absolvierte er ein Redaktionsvolontariat beim Magazin Tomorrow und war ab 2001 als Redakteur bei der Financial Times Deutschland in Hamburg tätig. 2004 wechselte er zum Weekend-Magazin der FTD als Reisejournalist. Seit 2006 arbeitet er als Autor; im gleichen Jahr heiratete er Sreykeo Sorvan.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2007

Im Herzen der Dunkelheit
Benjamin Prüfers Protokoll einer ungewöhnlichen Liebe / Von Melanie Mühl

Dies ist die Geschichte eines jungen Mannes, der sich seinen Gefühlen stellt, weil er ahnt, dass es unmöglich ist, sich selbst zu überlisten.

Es war am 8. September 2003, als er Sreykeo zum ersten Mal begegnete. Benjamin Prüfer saß an der Bar des "Heart of Darkness", eines Clubs der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh, trank ein Glas Wasser und hoffte, die Nacht heil zu überstehen. Ein Khmer hatte ihm für fünf Dollar ein Päckchen weißes Pulver verkauft und versprochen, das Kokain befördere ihn direkt ins Paradies, und er, der Backpacker aus Europa, der sich nach ein paar Abenteuern sehnte, hatte ihm dankbar das Geld gegeben. Nun büßte er seinen Leichtsinn, Übelkeit stieg in ihm auf. Doch dann stand da plötzlich dieses Mädchen mit den endlosen Wimpern und fragte, ob sie sich zu ihm setzen dürfe. "Look, I do my fingernails today. You know? Cost two Dollar." Einen Moment später legte sie ihren Kopf auf seine Schulter, während ein Mix aus Hip-Hop und Rock jedes Gespräch im Keim erstickte. "Eine subtile und intime Geste, die mich überrumpelte", schreibt Prüfer in seinem Buch "Wohin Du auch gehst", in dem er seine ungewöhnliche Liebesgeschichte mit Sreykeo festgehalten hat.

Im "Heart of Darkness" wimmelte es von Prostituierten, blutjungen Mädchen mit rotgemalten Mündern, die um die Gunst der westlichen Männer buhlten und sich an sie schmiegten, als ginge es um ihr Leben, und genau darum geht es ja auch, um das Leben, besser gesagt: darum, diesem Leben als Barmädchen zu entfliehen. Sreykeo jedoch schien nicht an diesen Ort zu passen. "Sie war nicht geschminkt wie die anderen Mädchen im Club. Und sie wirkte nicht, als wollte sie den Eindruck vermitteln, dass ich mit ihr ein Abenteuer erleben könnte. Sie war auch nicht sexy angezogen." Die beiden verbrachten die Nacht zusammen in einer Hütte, und am nächsten Morgen drückte Prüfer ihr zwanzig Dollar in die Hand. Sein Lieblingshemd behielt Sreykeo an, weil es sich in Kambodscha nicht ziemt, tagsüber schulterfrei durch die Straßen zu laufen. Prüfer, der in Deutschland als Journalist arbeitet, bezieht derweil das Bett neu, leert den Aschenbecher und schreibt eine E-Mail an seinen Freund Sebastian, die er nie abschicken wird: "Hey Digga, bin gerade total gescheitert. Strange witzige Nacht gestern. Ich glaube, ich sollte bald weiterziehen: Phnom Penh hat eine eigenartige Wirkung auf seine Besucher. Es ist so einfach, hier zu versacken. Wenn man eine Weile in Kambodscha ist, kommen einem Sachen, die in Europa als absolut verwerflich und unmoralisch gelten, ziemlich normal vor."

Doch Prüfer zieht nicht weiter, er bleibt und trifft Sreykeo wieder und wieder, bis die beiden nicht mehr voneinander lassen können. Wie ein Liebespaar begegnen sie einander, spielen Karten auf dem Bett, schlendern über Märkte, lachen und vergessen die Zeit und wissen dabei ganz genau, dass jeder auf einem anderen Planeten zu Hause ist. Immer wieder gibt Prüfer der Prostituierten Geld, beschenkt sie. Liebe ist auch ein knallhartes Geschäft. Sreykeo stellt ihren Freund der Familie vor, eine Woche leben sie in der absurd winzigen Wohnung. "Ich bewunderte sie. Sie wusste nicht, dass Menschen auf dem Mond gewesen waren, dass die Wrestling-Kämpfe im Fernsehen gestellt sind, und einmal hat sie mich gefragt, wo die Vereinten Nationen liegen und warum sie Soldaten in ihr Land geschickt hätten. Doch unterm Strich wusste sie mehr über das Leben als ich. Alles hatte sie durch Erfahrung gelernt, durch Schmerzen, nicht durch Noten." Wahrscheinlich ist es genau das, was ihn an Sreykeo so fasziniert.

Den Leser zieht dieses Protokoll einer Liebe in den Bann, was daran liegt, dass Prüfer wunderbar zärtlich erzählt und sich dabei jeden Kitsch versagt. Er stilisiert sich nicht als edlen Ritter, der Sreykeo vor dem Untergang bewahrte und ihr eine Zukunft schenkte - er hat sich in das Mädchen verliebt. Das Verwirrende aber ist, dass Sreykeo keine Episode bleibt, keine flüchtige Urlaubsliebelei, die mit dem Rückflug in die Heimat in Vergessenheit gerät, eine ferne Erinnerung, sorgfältig arrangiert in einem Fotoalbum. Benjamin Prüfer hätte mit ein paar Tränen in den Augen ade sagen und aus Deutschland noch zwei, drei warme E-Mails schicken können; irgendwann wäre die ganze Sache wohl im Sande verlaufen. Aber das tat er nicht.

Warum? Wer dieses Buch aufmerksam liest, dem bleibt ein Satz besonders im Gedächtnis. Es ist der Schlüsselsatz, der uns verrät, wie Prüfer tickt. "Wenn man sich in einen Menschen verliebt, entwickelt man die Vision, dass dieser einen zu der Person machen wird, die man sich zu sein sehnt." Zu einem besseren Menschen. Zu dem Menschen, der man wirklich ist.

"Wohin Du auch gehst" ist die Geschichte eines Dreiundzwanzigjährigen, der sich seinen Gefühlen stellt, weil er ahnt, dass es unmöglich ist, sich selbst zu überlisten. Mit welchem Mut er das tut, beeindruckt. Die Gewitterwolken, die sich über ihm und Sreykeo zusammenbrauen, erschrecken ihn nicht, jedenfalls nicht genügend, um zu kapitulieren. Selbst dann nicht, als Sreykeo ihm gesteht, dass sie HIV-positiv ist. Die Telefonate, die folgen, sind ein tränenreicher Albtraum. Doch keine Horrorbotschaft scheint Prüfer zu entmutigen, er lässt nicht los, auch wenn er manchmal wankt. Im Internet recherchiert er akribisch, welche Medikamente das Virus in Schach halten, wie teuer eine Behandlung ist und wo die allerbesten Krankenhäuser zu finden sind.

"Ich hatte kein Mitleid, darauf bestehe ich. Wenn ich das Wort Mitleid höre, kriege ich Ausschlag. Ich fühlte mit ihr, war wütend auf die Ungerechtigkeit, die ihr widerfahren ist. Ich werde oft gefragt, ob ich aus Liebe gehandelt habe oder ,nur aus Verantwortungsgefühl'. Dann frage ich mich: Wo ist der Unterschied? Was ist denn eine Liebe wert, die keine Verantwortung übernimmt? Sie muss sich nicht in geistigen Sphären bewähren, sondern hier unten in unserer Realität. Die manchmal bitter sein kann." Er reist nach Kambodscha, so oft es geht, und fährt mit Sreykeo nach Thailand, wo die Kliniken besser und die Medikamente billiger sind. Nur ein Ziel, schreibt Prüfer, habe er damals vor Augen gehabt: eine HIV-Therapie zu organisieren, die nicht schiefgehen kann.

Seine Situation habe einem Boxkampf geähnelt, bei dem es um nichts anderes mehr ging, als die Deckung oben zu halten und sich zu entscheiden, ob man gewinnen oder verlieren möchte. Und Verlieren ist verführerisch. "Es hätte sie ihr Leben gekostet und mich meine seelische Gesundheit. Aber wir hätten unsere Ruhe gehabt. Und nichts mehr, um das es sich zu kämpfen lohnt."

Prüfer hat gekämpft, und er hat gewonnen. Vor zwei Jahren haben er und Sreykeo in einem kambodschanischen Dorf geheiratet. Heute leben sie gemeinsam in Deutschland.

Benjamin Prüfer: "Wohin Du auch gehst". Die Geschichte einer fast unmöglichen Liebe. Scherz Verlag, Frankfurt am Main 2007. 319 S., br., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Benjamin Prüfer war dreiundzwanzig und als Tourist in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh, als er die Prostituierte Sreykeo kennenlernte. Erst ist da nur Sex, für Geld. Dann Liebe mit Sex, für Geld. Dann Abreise, Telefonkontakt. Sreykeo infiziert sich mit HIV und Prüfer hilft, koste es, was es wolle. Prüfer reist nach Kambodscha, Sreykeo bekommt ihre Medikamente. Und Happy End: Hochzeit auf dem kambodschanischen Dorf, heute leben die beiden in Deutschland. Benjamin Prüfer schreibt darüber, und zwar so, dass es Melanie Mühl sehr gefällt und berührt. "Wunderbar zärtlich" nämlich, wie sie findet, und ohne Kitsch. Dann sollte man das wohl lesen.

© Perlentaucher Medien GmbH