Weltweit steht die Wirtschaft vor einer großen Krise, die unsere ökonomischen Gewissheiten auf den Kopf stellen wird. Jeffrey Sachs führt drastisch vor Augen, dass wir ein neues ökonomisches Paradigma brauchen, um auf unserem Planeten überleben zu können. Er zeigt, welche Rahmenbedingungen notwendig sind, um aus der ökologischen und sozialen Krise herauszufinden.
Wir stehen am Rande des Abgrunds. Die Erde ist überbevölkert, die natürlichen Ressourcen werden hemmungslos ausgebeutet, die Kluft zwischen Arm und Reich nimmt zu, und zwischen den Kulturen und Religionen wachsen die Spannungen. Aber statt nach Antworten auf diese neuen Herausforderungen zu suchen, verzetteln wir uns in ideologischen Debatten.
Jeffrey Sachs zeigt einen Weg aus dieser Sackgasse und fordert, dass sich die Ökonomie an die neuen globalen Gegebenheiten anpasst. Umweltschutz, Menschenrechtspolitik, aber auch eine gerechtere Verteilung von Wohlstand dürfen künftig nicht mehr allein den Nationalstaaten überlassen werden. "Global Governance " wird entscheidend sein für die Zukunft der Menschheit und muss gestärkt werden, sowohl finanziell als auch durch die Einführung transnationaler demokratischer Strukturen.
Wohlstand für viele, das Ende extremer Armut, eine Stabilisierung der Weltbevölkerung und ökologische Nachhaltigkeit das sind die vier großen Ziele, die Jeffrey Sachs uns verordnet. Und sein Buch macht Hoffnung: Überzeugend und sehr konkret beschreibt er jene Kurskorrekturen, die jetzt vorgenommen werden müssen, damit sich die globale Gesellschaft in die richtige Richtung bewegt.
Wir stehen am Rande des Abgrunds. Die Erde ist überbevölkert, die natürlichen Ressourcen werden hemmungslos ausgebeutet, die Kluft zwischen Arm und Reich nimmt zu, und zwischen den Kulturen und Religionen wachsen die Spannungen. Aber statt nach Antworten auf diese neuen Herausforderungen zu suchen, verzetteln wir uns in ideologischen Debatten.
Jeffrey Sachs zeigt einen Weg aus dieser Sackgasse und fordert, dass sich die Ökonomie an die neuen globalen Gegebenheiten anpasst. Umweltschutz, Menschenrechtspolitik, aber auch eine gerechtere Verteilung von Wohlstand dürfen künftig nicht mehr allein den Nationalstaaten überlassen werden. "Global Governance " wird entscheidend sein für die Zukunft der Menschheit und muss gestärkt werden, sowohl finanziell als auch durch die Einführung transnationaler demokratischer Strukturen.
Wohlstand für viele, das Ende extremer Armut, eine Stabilisierung der Weltbevölkerung und ökologische Nachhaltigkeit das sind die vier großen Ziele, die Jeffrey Sachs uns verordnet. Und sein Buch macht Hoffnung: Überzeugend und sehr konkret beschreibt er jene Kurskorrekturen, die jetzt vorgenommen werden müssen, damit sich die globale Gesellschaft in die richtige Richtung bewegt.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.07.2008Jeder ist verantwortlich
Eine optimistische Sicht auf den Kampf gegen die Armut
Nach „Das Ende der Armut” (2005) hat Jeffrey Sachs ein Buch über die Frage geschrieben, wie Wohlstand wenn schon nicht für alle, aber doch für viele zu erreichen ist. Was aber soll „viele” bedeuten? Der englische Titel heißt einfach „Gemeinwohl”.
Das Buch erfreut durch eine freimütige Kritik an der jetzigen US-Regierung. Der Unilateralismus habe nicht mit der Regierung G. W. Bush begonnen, neu seien seine „Stümperhaftigkeit und Brutalität”. Die Regierung wurzele in einem perversen Glaubenssystem, nach dem die Amerikaner als die Personifizierung des Guten gegen das Böse im Ausland kämpfen. Sachs scheut sich nicht zu schreiben: „Präsident G. W. Bush, Osama bin Laden und die Selbstmordattentäter berufen sich beim Einsatz von Gewalt alle auf Gott.” In Zukunft könnte die wachsende Macht Chinas und Indiens die Amerikaner weiter kränken und dadurch die globalen Spannungen verstärken.
Mit diesem Buch hat der prominente Autor viele Themen bearbeitet, die mit der Reform der Weltgesellschaft, mit dem Klimawandel, einer sicheren Wasserversorgung, dem Weltbevölkerungsproblem, mit der Armut zusammenhängen. Er fordert jeden Einzelnen auf, etwas zu tun. Dabei entschwebt er zunächst in metaphysische Höhen. Die erste Verpflichtung für jeden Einzelnen bestehe darin, „in der Wahrheit zu leben”, wie das Vaclav Havel und Mahatma Gandhi gefordert haben. Jeder sollte sich um die Welt kümmern, informiert sein, möglichst Kontakt zu anderen Ländern und Kulturen aufnehmen, sollte eine Organisation gründen. Jeder Einzelne sollte sich für die Umsetzung der Millenniumsziele bei den Politikern einsetzen: „Wenn die Öffentlichkeit darauf besteht, wird die Politik darauf reagieren.” Jeder sollte versuchen, seinen Arbeitsplatz einzubeziehen. „Jedes Unternehmen kann zu einer globalen nachhaltigen Entwicklung beitragen.” Und wichtig sei die Zuversicht. Der Autor ist sich sicher, dass „unsere Generation der extremen Armut ein Ende bereiten, im Klimawandel eine Wende und die massive Ausrottung der Arten aufhalten” kann.
Im Hauptkapitel fragt Sachs, wie Afrika aus der Armutsfalle herauskommt. Der Kontinent sei mit drei Hemmnissen belastet. Er verfügt nur über landwirtschaftliche Produktion, die auch noch gemessen am Getreideertrag pro Hektar die niedrigste der Welt ist. Auf Dauer werden afrikanische Länder eine spezialisierte Industriefertigung zusätzlich zur Landwirtschaft brauchen. Das zweite Hemmnis: Krankheiten treten endemisch auf und frieren die Lebenserwartung bei 46 Jahren ein. Das sind etwa 30 Jahre weniger als in Deutschland. Wegen der immer noch hohen Kindersterblichkeit sind auch die Geburtenraten sehr hoch. Sie liegen immer noch bei 5,5 – in Deutschland lag sie 2006 bei 1,3.
Drittens: Afrika ist nicht an den globalen Weltmarkt angebunden. Sachs meint: Die Kolonialmächte hätten die Infrastruktur der Länder im Innern des Kontinents vernachlässigt. Tatsächlich haben aber die Kolonialmächte die ersten großen Investitionen auf der Schiene und der Straße getätigt, während die souveränen Regierungen bislang keine vergleichbare Leistung gebracht haben.
Der Optimismus des Autors überträgt sich auf den Leser. Es ist ein nur mit Zahlen operierender Optimismus. Es fehlt der Hinweis auf die Kräfte des Glaubens, der Werte, der Moral, des solidarischen Zusammenhalts der Großfamilien in Afrika. Napoleon sagte seinerzeit: Drei Viertel der militärischen Kraft gehen auf das Konto von etwas Unberechenbarem – von Moral. Und Moral kann man weder damals in Ägypten, wo Napoleon seine erste Niederlage erlitt, noch in Vietnam, noch in Afghanistan durch die Erhöhung von Truppensollstärke, Panzern, auch nicht durch mehr Milliarden im Entwicklungsbudget wettmachen. Deshalb wirkt der Autor oft wie ein Nachfahre des amerikanischen Verteidigungsministers Robert McNamara, der sich im Vietnamkrieg daran machte, den Krieg gegen den Vietcong und seinen Ho-Chi-Minh-Pfaden mit Rechenschieber und Kalkulator zu führen.
In 78 Modell-Dörfern versucht Jeffrey Sachs die Millenniumsziele probeweise zu erreichen. 400 000 Menschen sind daran beteiligt, für die pro Nase und Jahr 120 US-Dollar ausgegeben werden
sollen. Die Dörfer sind auf 19 afrikanische Länder und zwölf Standorte verteilt. Diese Dörfer werden nur dann Erfolg haben, wenn die Regierungen das Sich-Kümmern um diese „unwichtigen”
ländlichen Bevölkerungen lernen. Nur wenn die Regierungen Afrikas zu Sorge-Instituten für die eigene Bevölkerung werden, sind die Millenniumsziele zu erreichen. RUPERT NEUDECK
JEFFREY SACHS: Wohlstand für viele. Globale Wirtschaftspolitik in Zeiten
der ökologischen und sozialen Krise. Siedler Verlag München 2008. 476 Seiten, 24,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Eine optimistische Sicht auf den Kampf gegen die Armut
Nach „Das Ende der Armut” (2005) hat Jeffrey Sachs ein Buch über die Frage geschrieben, wie Wohlstand wenn schon nicht für alle, aber doch für viele zu erreichen ist. Was aber soll „viele” bedeuten? Der englische Titel heißt einfach „Gemeinwohl”.
Das Buch erfreut durch eine freimütige Kritik an der jetzigen US-Regierung. Der Unilateralismus habe nicht mit der Regierung G. W. Bush begonnen, neu seien seine „Stümperhaftigkeit und Brutalität”. Die Regierung wurzele in einem perversen Glaubenssystem, nach dem die Amerikaner als die Personifizierung des Guten gegen das Böse im Ausland kämpfen. Sachs scheut sich nicht zu schreiben: „Präsident G. W. Bush, Osama bin Laden und die Selbstmordattentäter berufen sich beim Einsatz von Gewalt alle auf Gott.” In Zukunft könnte die wachsende Macht Chinas und Indiens die Amerikaner weiter kränken und dadurch die globalen Spannungen verstärken.
Mit diesem Buch hat der prominente Autor viele Themen bearbeitet, die mit der Reform der Weltgesellschaft, mit dem Klimawandel, einer sicheren Wasserversorgung, dem Weltbevölkerungsproblem, mit der Armut zusammenhängen. Er fordert jeden Einzelnen auf, etwas zu tun. Dabei entschwebt er zunächst in metaphysische Höhen. Die erste Verpflichtung für jeden Einzelnen bestehe darin, „in der Wahrheit zu leben”, wie das Vaclav Havel und Mahatma Gandhi gefordert haben. Jeder sollte sich um die Welt kümmern, informiert sein, möglichst Kontakt zu anderen Ländern und Kulturen aufnehmen, sollte eine Organisation gründen. Jeder Einzelne sollte sich für die Umsetzung der Millenniumsziele bei den Politikern einsetzen: „Wenn die Öffentlichkeit darauf besteht, wird die Politik darauf reagieren.” Jeder sollte versuchen, seinen Arbeitsplatz einzubeziehen. „Jedes Unternehmen kann zu einer globalen nachhaltigen Entwicklung beitragen.” Und wichtig sei die Zuversicht. Der Autor ist sich sicher, dass „unsere Generation der extremen Armut ein Ende bereiten, im Klimawandel eine Wende und die massive Ausrottung der Arten aufhalten” kann.
Im Hauptkapitel fragt Sachs, wie Afrika aus der Armutsfalle herauskommt. Der Kontinent sei mit drei Hemmnissen belastet. Er verfügt nur über landwirtschaftliche Produktion, die auch noch gemessen am Getreideertrag pro Hektar die niedrigste der Welt ist. Auf Dauer werden afrikanische Länder eine spezialisierte Industriefertigung zusätzlich zur Landwirtschaft brauchen. Das zweite Hemmnis: Krankheiten treten endemisch auf und frieren die Lebenserwartung bei 46 Jahren ein. Das sind etwa 30 Jahre weniger als in Deutschland. Wegen der immer noch hohen Kindersterblichkeit sind auch die Geburtenraten sehr hoch. Sie liegen immer noch bei 5,5 – in Deutschland lag sie 2006 bei 1,3.
Drittens: Afrika ist nicht an den globalen Weltmarkt angebunden. Sachs meint: Die Kolonialmächte hätten die Infrastruktur der Länder im Innern des Kontinents vernachlässigt. Tatsächlich haben aber die Kolonialmächte die ersten großen Investitionen auf der Schiene und der Straße getätigt, während die souveränen Regierungen bislang keine vergleichbare Leistung gebracht haben.
Der Optimismus des Autors überträgt sich auf den Leser. Es ist ein nur mit Zahlen operierender Optimismus. Es fehlt der Hinweis auf die Kräfte des Glaubens, der Werte, der Moral, des solidarischen Zusammenhalts der Großfamilien in Afrika. Napoleon sagte seinerzeit: Drei Viertel der militärischen Kraft gehen auf das Konto von etwas Unberechenbarem – von Moral. Und Moral kann man weder damals in Ägypten, wo Napoleon seine erste Niederlage erlitt, noch in Vietnam, noch in Afghanistan durch die Erhöhung von Truppensollstärke, Panzern, auch nicht durch mehr Milliarden im Entwicklungsbudget wettmachen. Deshalb wirkt der Autor oft wie ein Nachfahre des amerikanischen Verteidigungsministers Robert McNamara, der sich im Vietnamkrieg daran machte, den Krieg gegen den Vietcong und seinen Ho-Chi-Minh-Pfaden mit Rechenschieber und Kalkulator zu führen.
In 78 Modell-Dörfern versucht Jeffrey Sachs die Millenniumsziele probeweise zu erreichen. 400 000 Menschen sind daran beteiligt, für die pro Nase und Jahr 120 US-Dollar ausgegeben werden
sollen. Die Dörfer sind auf 19 afrikanische Länder und zwölf Standorte verteilt. Diese Dörfer werden nur dann Erfolg haben, wenn die Regierungen das Sich-Kümmern um diese „unwichtigen”
ländlichen Bevölkerungen lernen. Nur wenn die Regierungen Afrikas zu Sorge-Instituten für die eigene Bevölkerung werden, sind die Millenniumsziele zu erreichen. RUPERT NEUDECK
JEFFREY SACHS: Wohlstand für viele. Globale Wirtschaftspolitik in Zeiten
der ökologischen und sozialen Krise. Siedler Verlag München 2008. 476 Seiten, 24,95 Euro.
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