Satire, Witz, Humor, sagt man, seien keine Stärken der erzählenden deutschsprachigen Literatur. Seit etlichen Jahren kann die Lektüre der Romane von Wolf Haas auch Skeptiker eines Besseren belehren. Dabei dauerte es seine Zeit, bis die sprachlichen und dramaturgischen Fähigkeiten des 1960 in der österreichischen Provinz geborenen, heute in Wien lebenden Autors auch vom Feuilleton erkannt wurden. Denn Wolf Haas schrieb Krimis, die zugleich als Krimisatiren gelesen werden können. Sein Roman "Das Wetter vor 15 Jahren" bedeutete einen Neuanfang: Aus einem Dialog über das Machen eines Romans entwickelte Haas ein vielschichtiges und zugleich komisches Buch, für das ihm der Wilhelm Raabe-Literaturpreis zuerkannt wurde. Der Band "Wolf Haas trifft Wilhelm Raabe" ist mehr als eine Preisdokumentation. Er umfasst Reden und Essays zu Raabe und Haas, u.a. von Christof Hamann, Michael Wetzel, Katrin Hillgruber und Klaus Nüchtern, sowie eine neue Geschichte des Preisträgers.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2007Haas in der Wüste
Es war schon eine gewisse Überraschung, dass der Wiener Schriftsteller Wolf Haas im vergangenen Jahr den Wilhelm-Raabe-Preis erhielt - nicht nur deswegen, weil man sich seinen Kommissar Brenner nicht unbedingt in Braunschweig vorstellen mag, wo dieser Preis verliehen wird. Doch die Differenz zwischen dem - preußischen - Deutschland und Österreich ist selbst ein zentrales Thema des virtuosen Metafiktionsroman "Das Wetter vor 15 Jahren", für den Haas ausgezeichnet wurde. Was sein Werk mit dem des Preispatrons verbindet, kann man nun in einem Bändchen nachlesen, das die Beiträge eines begleitenden Symposium versammelt - etwa einen subtilen Aufsatz von Christof Hamann über "Selbstreferentielles Erzählen" bei Raabe und Haas. Ebenso wie die Laudatio des Wiener Journalisten (und bekennenden Braunschweig-Debütanten) Klaus Nüchtern dreht auch die Dankrede des Preisträgers die Fiktionsspirale bis zum Hirnknoten weiter: Ausgehend von einer Romanstelle, in der sein - fiktiver - Autor bekennt, noch nie in Las Vegas gewesen zu sein, erzählt Haas von seiner Reise nach Amerika und einer wunderschönen Ortsnamensverwechslung, die man sich besser nicht ausdenken kann. Am Ende liegt auch Braunschweig irgendwie in der Wüste, und der Harz sieht irgendwie aus wie die Sierra Nevada. (Wolf Haas trifft Wilhelm Raabe. Herausgegeben von Hubert Winkels. Wallstein Verlag, Göttingen 2007. 136 S., geb., 17,- [Euro].) rik
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es war schon eine gewisse Überraschung, dass der Wiener Schriftsteller Wolf Haas im vergangenen Jahr den Wilhelm-Raabe-Preis erhielt - nicht nur deswegen, weil man sich seinen Kommissar Brenner nicht unbedingt in Braunschweig vorstellen mag, wo dieser Preis verliehen wird. Doch die Differenz zwischen dem - preußischen - Deutschland und Österreich ist selbst ein zentrales Thema des virtuosen Metafiktionsroman "Das Wetter vor 15 Jahren", für den Haas ausgezeichnet wurde. Was sein Werk mit dem des Preispatrons verbindet, kann man nun in einem Bändchen nachlesen, das die Beiträge eines begleitenden Symposium versammelt - etwa einen subtilen Aufsatz von Christof Hamann über "Selbstreferentielles Erzählen" bei Raabe und Haas. Ebenso wie die Laudatio des Wiener Journalisten (und bekennenden Braunschweig-Debütanten) Klaus Nüchtern dreht auch die Dankrede des Preisträgers die Fiktionsspirale bis zum Hirnknoten weiter: Ausgehend von einer Romanstelle, in der sein - fiktiver - Autor bekennt, noch nie in Las Vegas gewesen zu sein, erzählt Haas von seiner Reise nach Amerika und einer wunderschönen Ortsnamensverwechslung, die man sich besser nicht ausdenken kann. Am Ende liegt auch Braunschweig irgendwie in der Wüste, und der Harz sieht irgendwie aus wie die Sierra Nevada. (Wolf Haas trifft Wilhelm Raabe. Herausgegeben von Hubert Winkels. Wallstein Verlag, Göttingen 2007. 136 S., geb., 17,- [Euro].) rik
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