Harald Jähners große Mentalitätsgeschichte der Nachkriegszeit, nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2019, zeigt die Deutschen in ihrer ganzen Vielfalt: etwa den "Umerzieher" Alfred Döblin, der das Vertrauen seiner Landsleute zu gewinnen suchte, oder Beate Uhse, die mit ihrem "Versandgeschäft für Ehehygiene" alle Vorstellungen von Sittlichkeit infrage stellte; aber auch die namenlosen Schwarzmarkthändler, in den Taschen die mythisch aufgeladenen Lucky Strikes, oder die stilsicheren Hausfrauen am nicht weniger symbolhaften Nierentisch der anbrechenden Fünfziger. Das gesellschaftliche Panorama eines Jahrzehnts, das entscheidend war für die Deutschen und in vielem ganz anders, als wir oft glauben.
Gewinner: Preis der Leipziger Buchmesse 2019 in der Kategorie Sachbuch/Essayistik
Gewinner: Preis der Leipziger Buchmesse 2019 in der Kategorie Sachbuch/Essayistik
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2019Im Land der emsigen Leichen
Die Nachgeborenen profitieren von der Gnade der frühen Verdrängung: Harald Jähner entwirft ein Panorama des deutschen Nachkriegsjahrzehnts.
Von Hannes Hintermeier
Stunde Null, Niemandszeit, Wolfszeit - was sich nach Kriegsende in Deutschland abspielte, ist mit vielen Schlagworten belegt und von der zeitgeschichtlichen Forschung minutiös untersucht worden. Vierzig Millionen Entwurzelte, die kreuz und quer durchs Land wollen oder müssen, fünfhundert Millionen Kubikmeter Schutt, eine Aufräumaufgabe für dreißig Jahre. Abermillionen von Weltkriegstoten, weitere Millionen in den Gefangenenlagern der Alliierten oder auf der Flucht.
Heute leben noch viele Zeitzeugen, noch ist es erst die Spanne eines Menschenlebens her. Harald Jähner, früherer Feuilleton-Chef der "Berliner Zeitung", ist selbst ein Nachgeborener, mit Jahrgang 1953 knapp am Achtundsechziger der ersten Stunde vorbeigeschrammt. Das Buch basiert auf einer Vielzahl von Lektürefunden, nicht auf der Erschließung neuer Quellen. Jähner hat ein clever komponiertes, gut geschriebenes Panorama der ersten zehn Nachkriegsjahre entworfen - und damit ein Buch vorgelegt, das ein Fenster zu einer Zeit öffnet, die sehr viel mehr mit uns Heutigen zu tun hat, als wir uns es vermutlich bewusst machen.
Was war nur mit diesen Deutschen los, lammfromm boten sie sich den Siegern als willige Aufräumer an, keineswegs als die bis zum Tode kämpfenden Nazi-Bestien, auf die sich vor allem die Amerikaner eingestellt hatten. Stattdessen: alle Opfer des Hitler-Regimes, als die sich viele nur fühlen konnten, weil sich in den letzten Kriegsmonaten der Terror endgültig gegen die Reste der Zivilbevölkerung richtete. Dass diese vorher mehrheitlich überzeugt mitgemacht hatte, war ihr entfallen. Anstand und Ordnung, dafür glaubten viele Deutsche immer noch hauptsächlich in der Welt wahrgenommen zu werden.
Schon 1947 fragte sich eine Autorin namens Erika Neuhäußer ernsthaft in der Zeitschrift "Der Standpunkt", warum Deutschland "der Prügelknabe" der Welt sei? War da was gewesen? War das so unvorstellbar, dass man nicht davon sprechen konnte? Jähner hat Sympathie für diese These. Erst die Zurückweisung der individuellen Schuld in Verbindung mit dem Überbordwerfen der Mentalität, die den Nationalsozialismus ermöglicht hatte, habe den Boden für einen Neuanfang bereitet. Wie sich der zutrug, zeigt der Autor in zehn Kapiteln, die die ganze Bandbreite menschlicher Orientierungslosigkeit und seelischer Zerrüttung offenbaren.
Wer meint, heute in komplizierten Zeiten zu leben, liest hier, welche Komplexitätsgrade damals zu bewältigen waren. Jähner wählt ein Verfahren, das sich zunächst am Einzelschicksal abarbeitet, um dann das ganze Gemälde auszumalen. Das trägt zur Lesbarkeit erheblich bei, außerdem verfügt der Autor über eine bildkräftige Sprache, die nur ganz selten übers Ziel hinausschießt. Dass einer seiner Helden, der Schriftsteller Alfred Döblin, mit einer Bahre zum Zug gebracht wird, verwundert - ein Toter auf Zugfahrt?
Ordnung ist das halbe Leben, das gilt den Deutschen auch nach dem verlorenen Krieg als Maxime. Mit Fleiß und Akribie wurden wiederverwendbare Ziegel gestapelt, Mäntel und Büstenhalter eingesammelt, Lebensmittel rationiert, Wohnungen beschlagnahmt und umverteilt. Wenn man einem 1600-Seelen-Dorf tausend Zuzügler aufs Auge drückte, konnte das freilich nicht gut ausgehen. Überhaupt hätte man einen wie den Philosophen Karl Jaspers, der aus der Mode gekommen ist, wieder nötig, der schon 1946 befand, man müsse "deutsches Leben unter den Bedingungen der Wahrheit" gewinnen: "Das dogmatische Behaupten, das Anbrüllen, das trotzige Empörtsein, die Ehre, die bei jeder Gelegenheit gekränkt die Unterhaltung abbricht, all das darf es nicht mehr geben."
Aber all das gab es, und zwar in einer kaum einzudämmenden Heftigkeit. Jähner schildert, wie die sogenannte Volksgemeinschaft implodierte. Im Kampf gegen Flüchtlinge, Vertriebene, ehemalige Zwangsarbeiter, die noch eine Rechnung offenhatten, Displaced Persons, jüdische Rückkehrer aus dem Exil war jeder sich der Nächste, und der Wolf wurde zum Leittier des Zeitgefühls dieser Jahre. Die Region gewann wieder die Oberhand, man war Rheinländer, Westfale, Berliner, Franke oder Schwabe, auf keinen Fall wollte man mit "Deutschböhmen, Banater Schwaben, Schlesiern, Pommern und Bessarabiendeutschen etwas zu tun haben - alles ,Polacken'". Dabei hätten diese, so Jähner, das "Ferment der Entprovinzialisierung" mitgebracht - etwa katholische Sudetendeutsche, die den schwäbischen Pietisten lebenslustige Offenheit vorgelebt hätten; oder das rückständige Agrarland Bayern auf Vordermann gebracht hätten. Das ist ein wenig optimistisch gepinselt, damals fehlte nicht mehr viel zum Bürgerkrieg, das verschweigt auch Jähner nicht. Und Spuren dieses innerdeutschen Rassismus existieren bis heute.
Das Buch konzentriert sich auf Westdeutschland und auf Berlin, dabei tendenziell eher auf die Lage in den Städten als auf dem flachen Land, es erzählt von Kriegerwitwen, Heimkehrern, Versehrten und den Schwierigkeiten, Männer und Frauen wieder zusammenzubringen. Das "Land in Frauenhand" war nämlich auch ohne Männer gut organisiert gewesen; über die Frage, warum die Frauen die Macht innerhalb eines Jahrzehnts vielfach wieder abgaben, hätte man gern mehr gelesen. Erzählt wird von einer Gesellschaft, die ein "Halbräuberleben" führen musste, die stahl, plünderte, hamsterte, "fringste" und "trophäierte". Um Nahrung, Kohle, Kleidung zu ergattern. Den Schwarzmarkt deutet Jähner als Schule der Nation.
Weitere Kapitel handeln davon, wie der Sex nach Deutschland kam, etwa durch den Versandhandel Beate Uhses; von der gespensterhaften Geschichte Wolfsburgs, vom intellektuellen Neubeginn und seinen Klippen, von Grabenkämpfen in Malerei, Architektur, Design. So habe der Nierentisch zur "geistigen Gesundung" beigetragen. Dass es damit nicht so weit her war, zeigte Henri Nannens Attacke ("Hinaus aus Deutschland mit dem Schuft!") gegen den Autor Hans Habe, der sich beinahe wortgleich einer Schlagzeile bediente, mit der Karl Kraus Habes Vater, den korrupten Zeitungsverleger Imre Békessy, aus Wien zu vertreiben unternahm. Nannen offenbarte, dass das braune Gedankengut doch nicht so tot war.
Dass es für Deutschland gut ausging, macht Jähner - lange vor dem Grundgesetz - am Lastenausgleichsgesetz und an der Währungsreform fest, vor allem Letztere habe den "Zauber der Chancengleichheit" gebracht. Und die kollektive Verdrängung der Schuld habe zumindest für die Nachgeborenen etwas Gutes gehabt und sei deshalb als Leistung zu würdigen. Psychische Folgen dieser intergenerationellen Übertragung sind bis heute wirkmächtig, denn das Abrutschen ins "Paradies des Mittelmaßes", als das sich Deutschland in den Folgejahren des Wirtschaftswunders gab, bedeutet nicht, dass seelische Kriegsschäden heute aufgeräumt seien. Dass sich das Land der "emsigen Leichen" (Hannah Arendt) jetzt als Weltmeister in der Aufarbeitung von Geschichte sieht und verkauft, ist eine andere Geschichte, auf die Harald Jähner im Nachwort seines überzeugenden Buches verweist.
Harald Jähner: "Wolfszeit".
Deutschland und die Deutschen 1945 - 1955.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2019. 480 S., geb., 26,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Nachgeborenen profitieren von der Gnade der frühen Verdrängung: Harald Jähner entwirft ein Panorama des deutschen Nachkriegsjahrzehnts.
Von Hannes Hintermeier
Stunde Null, Niemandszeit, Wolfszeit - was sich nach Kriegsende in Deutschland abspielte, ist mit vielen Schlagworten belegt und von der zeitgeschichtlichen Forschung minutiös untersucht worden. Vierzig Millionen Entwurzelte, die kreuz und quer durchs Land wollen oder müssen, fünfhundert Millionen Kubikmeter Schutt, eine Aufräumaufgabe für dreißig Jahre. Abermillionen von Weltkriegstoten, weitere Millionen in den Gefangenenlagern der Alliierten oder auf der Flucht.
Heute leben noch viele Zeitzeugen, noch ist es erst die Spanne eines Menschenlebens her. Harald Jähner, früherer Feuilleton-Chef der "Berliner Zeitung", ist selbst ein Nachgeborener, mit Jahrgang 1953 knapp am Achtundsechziger der ersten Stunde vorbeigeschrammt. Das Buch basiert auf einer Vielzahl von Lektürefunden, nicht auf der Erschließung neuer Quellen. Jähner hat ein clever komponiertes, gut geschriebenes Panorama der ersten zehn Nachkriegsjahre entworfen - und damit ein Buch vorgelegt, das ein Fenster zu einer Zeit öffnet, die sehr viel mehr mit uns Heutigen zu tun hat, als wir uns es vermutlich bewusst machen.
Was war nur mit diesen Deutschen los, lammfromm boten sie sich den Siegern als willige Aufräumer an, keineswegs als die bis zum Tode kämpfenden Nazi-Bestien, auf die sich vor allem die Amerikaner eingestellt hatten. Stattdessen: alle Opfer des Hitler-Regimes, als die sich viele nur fühlen konnten, weil sich in den letzten Kriegsmonaten der Terror endgültig gegen die Reste der Zivilbevölkerung richtete. Dass diese vorher mehrheitlich überzeugt mitgemacht hatte, war ihr entfallen. Anstand und Ordnung, dafür glaubten viele Deutsche immer noch hauptsächlich in der Welt wahrgenommen zu werden.
Schon 1947 fragte sich eine Autorin namens Erika Neuhäußer ernsthaft in der Zeitschrift "Der Standpunkt", warum Deutschland "der Prügelknabe" der Welt sei? War da was gewesen? War das so unvorstellbar, dass man nicht davon sprechen konnte? Jähner hat Sympathie für diese These. Erst die Zurückweisung der individuellen Schuld in Verbindung mit dem Überbordwerfen der Mentalität, die den Nationalsozialismus ermöglicht hatte, habe den Boden für einen Neuanfang bereitet. Wie sich der zutrug, zeigt der Autor in zehn Kapiteln, die die ganze Bandbreite menschlicher Orientierungslosigkeit und seelischer Zerrüttung offenbaren.
Wer meint, heute in komplizierten Zeiten zu leben, liest hier, welche Komplexitätsgrade damals zu bewältigen waren. Jähner wählt ein Verfahren, das sich zunächst am Einzelschicksal abarbeitet, um dann das ganze Gemälde auszumalen. Das trägt zur Lesbarkeit erheblich bei, außerdem verfügt der Autor über eine bildkräftige Sprache, die nur ganz selten übers Ziel hinausschießt. Dass einer seiner Helden, der Schriftsteller Alfred Döblin, mit einer Bahre zum Zug gebracht wird, verwundert - ein Toter auf Zugfahrt?
Ordnung ist das halbe Leben, das gilt den Deutschen auch nach dem verlorenen Krieg als Maxime. Mit Fleiß und Akribie wurden wiederverwendbare Ziegel gestapelt, Mäntel und Büstenhalter eingesammelt, Lebensmittel rationiert, Wohnungen beschlagnahmt und umverteilt. Wenn man einem 1600-Seelen-Dorf tausend Zuzügler aufs Auge drückte, konnte das freilich nicht gut ausgehen. Überhaupt hätte man einen wie den Philosophen Karl Jaspers, der aus der Mode gekommen ist, wieder nötig, der schon 1946 befand, man müsse "deutsches Leben unter den Bedingungen der Wahrheit" gewinnen: "Das dogmatische Behaupten, das Anbrüllen, das trotzige Empörtsein, die Ehre, die bei jeder Gelegenheit gekränkt die Unterhaltung abbricht, all das darf es nicht mehr geben."
Aber all das gab es, und zwar in einer kaum einzudämmenden Heftigkeit. Jähner schildert, wie die sogenannte Volksgemeinschaft implodierte. Im Kampf gegen Flüchtlinge, Vertriebene, ehemalige Zwangsarbeiter, die noch eine Rechnung offenhatten, Displaced Persons, jüdische Rückkehrer aus dem Exil war jeder sich der Nächste, und der Wolf wurde zum Leittier des Zeitgefühls dieser Jahre. Die Region gewann wieder die Oberhand, man war Rheinländer, Westfale, Berliner, Franke oder Schwabe, auf keinen Fall wollte man mit "Deutschböhmen, Banater Schwaben, Schlesiern, Pommern und Bessarabiendeutschen etwas zu tun haben - alles ,Polacken'". Dabei hätten diese, so Jähner, das "Ferment der Entprovinzialisierung" mitgebracht - etwa katholische Sudetendeutsche, die den schwäbischen Pietisten lebenslustige Offenheit vorgelebt hätten; oder das rückständige Agrarland Bayern auf Vordermann gebracht hätten. Das ist ein wenig optimistisch gepinselt, damals fehlte nicht mehr viel zum Bürgerkrieg, das verschweigt auch Jähner nicht. Und Spuren dieses innerdeutschen Rassismus existieren bis heute.
Das Buch konzentriert sich auf Westdeutschland und auf Berlin, dabei tendenziell eher auf die Lage in den Städten als auf dem flachen Land, es erzählt von Kriegerwitwen, Heimkehrern, Versehrten und den Schwierigkeiten, Männer und Frauen wieder zusammenzubringen. Das "Land in Frauenhand" war nämlich auch ohne Männer gut organisiert gewesen; über die Frage, warum die Frauen die Macht innerhalb eines Jahrzehnts vielfach wieder abgaben, hätte man gern mehr gelesen. Erzählt wird von einer Gesellschaft, die ein "Halbräuberleben" führen musste, die stahl, plünderte, hamsterte, "fringste" und "trophäierte". Um Nahrung, Kohle, Kleidung zu ergattern. Den Schwarzmarkt deutet Jähner als Schule der Nation.
Weitere Kapitel handeln davon, wie der Sex nach Deutschland kam, etwa durch den Versandhandel Beate Uhses; von der gespensterhaften Geschichte Wolfsburgs, vom intellektuellen Neubeginn und seinen Klippen, von Grabenkämpfen in Malerei, Architektur, Design. So habe der Nierentisch zur "geistigen Gesundung" beigetragen. Dass es damit nicht so weit her war, zeigte Henri Nannens Attacke ("Hinaus aus Deutschland mit dem Schuft!") gegen den Autor Hans Habe, der sich beinahe wortgleich einer Schlagzeile bediente, mit der Karl Kraus Habes Vater, den korrupten Zeitungsverleger Imre Békessy, aus Wien zu vertreiben unternahm. Nannen offenbarte, dass das braune Gedankengut doch nicht so tot war.
Dass es für Deutschland gut ausging, macht Jähner - lange vor dem Grundgesetz - am Lastenausgleichsgesetz und an der Währungsreform fest, vor allem Letztere habe den "Zauber der Chancengleichheit" gebracht. Und die kollektive Verdrängung der Schuld habe zumindest für die Nachgeborenen etwas Gutes gehabt und sei deshalb als Leistung zu würdigen. Psychische Folgen dieser intergenerationellen Übertragung sind bis heute wirkmächtig, denn das Abrutschen ins "Paradies des Mittelmaßes", als das sich Deutschland in den Folgejahren des Wirtschaftswunders gab, bedeutet nicht, dass seelische Kriegsschäden heute aufgeräumt seien. Dass sich das Land der "emsigen Leichen" (Hannah Arendt) jetzt als Weltmeister in der Aufarbeitung von Geschichte sieht und verkauft, ist eine andere Geschichte, auf die Harald Jähner im Nachwort seines überzeugenden Buches verweist.
Harald Jähner: "Wolfszeit".
Deutschland und die Deutschen 1945 - 1955.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2019. 480 S., geb., 26,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Wie schafften die Deutschen den Übergang aus einem Regime totalitärer Ordnung in eines der totalen Anarchie? Wenn etwas dieses Buch für Melanie Longerich interessant macht, dann ist es das nachhaltige Staunen des Autors über die unmittelbare Nachkriegszeit. Die Menschen waren Entronnene, so die Rezensentin, über die Hälfte der Bevölkerung war nicht da, wo sie herkam, man war geflohen, den Lagern entkommen, ausgebombt. Aber die Menschen scheinen nicht deprimiert gewesen zu sein, da war eine unbändige Lust zu feiern - und zu vergessen. Denn ein weiteres Staunen Jähners gilt laut Rezensentin dem kompletten Verdrängen des Holocaust unmittelbar nach dem Krieg. Die Geschichte Deutschlands mit seinen Vertriebenen wiederum schildere Jähner als "Fremdheitserfahrung der Deutschen mit sich selbst" (so Jähners Formulierung), die das Land nach dem Krieg gegen den Nationalismus geimpft habe. Die Erkenntnisse aus dem Buchs sind nicht immer neu, aber sie sind frisch, und dafür ist die Rezensentin dankbar.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Weißt du wie viel Sternbücher stehen? Schier unendlich viele. Manche strahlender als andere. Dies hier erleuchtet besonders schön. Erhard Schütz der Freitag 20201224