The studies offered in this volume contribute to a Global Labor History freed from Eurocentrism and methodological nationalism. Using literature from diverse regions, epochs and disciplines, the book provides arguments and conceptual tools for a different interpretation of history a labor history which integrates the history of slavery and indentured labor, and which pays serious attention to diverging yet interconnected developments in different parts of the world. The following questions are central: What is the nature of the world working class, on which Global Labor History focuses? How can we define and demarcate that class, and which factors determine its composition? Which forms of collective action did this working class develop in the course of time, and what is the logic in that development? What can we learn from adjacent disciplines? Which insights from anthropologists, sociologists and other social scientists are useful in the development of Global Labor History?
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.02.2009Neues aus der Geschichte der Arbeit
Es scheint sich um einen einfachen, auf der Hand liegenden Sachverhalt zu handeln. Tatsächlich ist "Arbeit" aber ein komplizierter, historisch und regional sehr vielfältiger Begriff, der von der freien Lohnarbeit bis zur Sklaverei reicht.
You can't eat eight hours a day nor drink for eight hours a day nor make love for eight hours - all you can do for eight hours is work." Dass man nicht acht Stunden am Tag essen kann noch trinken, schon gar nicht lieben; dass alles, was man acht Stunden lang tun kann, arbeiten ist - diese Einsicht von William Faulkner verweist auf die Tatsache, dass Arbeit in der menschlichen Existenz einen zentralen Platz einnimmt. Der freilich war in der Vergangenheit immer wieder grundlegenden Wandlungen unterworfen. Im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts etwa lässt sich im Kontext der Industrialisierung eine fundamentale Verschiebung in der Konzeption von Arbeit ausmachen.
Juristisch kodifiziert, begründete die Arbeit fortan die Bindung des Individuums an breitere soziale Gruppen und vor allem an den Nationalstaat; Arbeit wurde zur Grundlage der sozialen und politischen Ordnung. Im Kontext des Nationalstaats und des aufkommenden Wohlfahrtsstaates entwickelte sich der Unterschied zwischen Arbeit - gleichgesetzt mit weitgehend von Männern ausgeübter Erwerbs- und Lohnarbeit - und Nicht-Arbeit, angesiedelt etwa im Bereich des Haushalts und mit den Aktivitäten von Frauen verknüpft.
Überdies manifestierte sich seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts die Unterscheidung zwischen "Arbeit haben" und "arbeitslos" in der zeitgenössischen Sprache und Statistik und im Bereich der Sozialpolitik. Es entstand nun eine Konstellation, in der Arbeit zum zentralen Begriff und Kriterium für individuelles und kollektives Selbstverständnis, für soziale Gliederungen, Bewegungen und Konflikte, für Sozialpolitik, Nation und Kultur werden konnte. Jetzt wurde "Arbeit" immer häufiger - wenn auch nicht ausschließlich - als Erwerbsarbeit verstanden, mit Lohnarbeit als ihrer wichtigsten und mit Abstand am stärksten verbreiteten Form.
Vielfalt der Praktiken
Diese Form kodifizierter Arbeit war nicht nur in Europa, sondern auch in nichteuropäischen Gesellschaften erfolgreich. Im Zeitalter des Kolonialismus wurde Arbeit nicht nur wesentlich für die Identität des Individuums, sondern gleichzeitig dienten unterschiedliche Arbeitsauffassungen dazu, ganze Völker zu charakterisieren. In Industrieausstellungen oder in den seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts entstehenden Berechnungen des "Volkseinkommens" wurde die Arbeit zu einem Gradmesser des Fortschritts und der Leistungsfähigkeit der Nationen. In der kolonisierten Welt wiederum wurde der "Arbeit" die Aufgabe zugeschrieben, die vermeintliche Rückständigkeit vieler Gesellschaften, die man auf eine gleichsam inhärente Faulheit der sogenannten Eingeborenen zurückführte, zu überwinden. Arbeit versprach, den Zugang zur Zivilisation zu eröffnen. Zur Not musste man die Kolonisierten zu ihrem Glück, also zur Arbeit zwingen; koloniale Zwangsarbeit kam in vielen zeitgenössischen Texten als Teil der Zivilisierungsmission daher.
Die Herausbildung der modernen Arbeit als Erwerbsarbeit geschah vor dem Hintergrund einer zunehmend globalisierten Weltordnung, die durch den Imperialismus sowie durch eine Intensivierung von Migration und Handelsströmen gekennzeichnet war. Diese unterschiedlichen Formen der Vernetzung, mit all ihren Asymmetrien und ungleichen Bedingungen, blieben auch auf die Formen und das Bewusstsein von Arbeit nicht ohne Auswirkungen. Die globale Verflechtung der Arbeitswelt führte jedoch nicht nur zur Anpassung der Peripherie an ein nordwesteuropäisches Zentrum; wenn die Austauschprozesse auch asymmetrisch blieben, war der Pfad der Beeinflussung doch keineswegs eine Einbahnstraße.
Die Ausweitung der Wirtschaftsräume und ebenso der Kulturkontakte brachte neue Formen der Kooperation und Konkurrenz mit sich, die sich auch auf Arbeit, Arbeitsvorstellungen und Arbeitshandeln in Europa nachhaltig auswirkten. Die Frage, ob und wie stark die außereuropäische Welt Vorstellungen und Praktiken von Arbeit in Europa prägte, ist ein wichtiger Bestandteil jüngerer Forschungsdebatten. Für den deutschen Fall hat dies vor allem die vieldiskutierte Arbeit von Sebastian Conrad thematisiert (Globalisierung und Nation im deutschen Kaiserreich, München 2006).
Insgesamt ist das Bild der Forschung zu "Arbeit" gegenwärtig ebenso vielfältig wie widersprüchlich. Bei den Historikern herrscht eine gewisse Ratlosigkeit. Das Thema Arbeit gehört einerseits zu den besser erforschten Gebieten der Geschichtswissenschaft, andererseits wirkt, wie der Historiker Jürgen Kocka festgestellt hat, "die Geschichte der Arbeit als Untersuchungsfeld noch merkwürdig unstrukturiert".
Diese Unsicherheit ist verknüpft mit einer allgemeinen Ernüchterung hinsichtlich der Möglichkeiten und der intellektuellen Ausstrahlungskraft der klassischen "Labour History", jedenfalls in Bezug auf die Industriestaaten. Die ethnologische Forschung scheint sich mit wenigen Ausnahmen nicht für das Thema Arbeit zu interessieren. Im Mainstream der Sozialwissenschaften dominiert das Interesse an den Industriegesellschaften. In der Regel sehr gegenwartsbezogen und konzentriert vor allem auf nationale Arbeitsmärkte, stehen im Mittelpunkt entsprechender Forschungen Fragen der Arbeitsmarktpolitik, der sozialen, räumlichen und politischen Entgrenzung des Arbeitsmarktes, der neuen Beschäftigungsrisiken und des Verhältnisses von Arbeitsmarkt und Sozialstaat. Im Bereich der Rechtswissenschaften ist die Forschungsentwicklung mit dem Blick auf Vertrag und Status eng verknüpft mit der nationalstaatlichen Konstituierung des Arbeitsverhältnisses, also der Lohnarbeit.
Ungleichmäßige Entwicklung
Diese Begrenzung der Problemsicht wird im Zuge der Globalisierung auch für die Rechtswissenschaften hinderlich, etwa wenn es um den Umbau des Sozialstaates und seine Verknüpfung mit dem Arbeitsverhältnis geht oder wenn man versucht, den globalisierten Verhältnissen im Arbeitsleben gerecht zu werden, etwa bei der Koordinierung auf der Ebene der Europäischen Union.
Zumindest hierzulande noch weitgehend unbeachtet, hat das Interesse an der Geschichte der Arbeit in vielen außereuropäischen Regionen, insbesondere in Südasien, stark zugenommen. Auch hier lässt sich zunehmend ein Bewusstsein für die Notwendigkeit erkennen, sich analytisch vom stählernen Gehäuse des Nationalstaats zu verabschieden. Die Entwicklung von Arbeitsverhältnissen und -kulturen in Südasien und die europäische Geschichte der Arbeit sind, so eine These, seit mindestens zwei Jahrhunderten miteinander verknüpft und haben sich gegenseitig beeinflusst. Dies führte aber nicht notwendigerweise zur Einebnung von Differenz und Ungleichheit. Im Gegenteil: Die ungleichmäßige Entwicklung der kapitalistischen Arbeitsmärkte, so zeigen jüngere Studien, bewahrte nicht nur Unterschiede, sondern vertiefte sie sogar und erzeugte sie immer wieder neu.
Die sich vor diesem Hintergrund neu formierende "Global Labour History" konzentriert sich gegenwärtig noch sehr stark auf Aspekte wie Arbeiterorganisationen, Arbeitsmärkte und Arbeitsmigration. Marcel van der Linden, Forschungsdirektor am Amsterdamer Institut für Sozialgeschichte und einer der engagiertesten Protagonisten einer globalen Sicht der Geschichte der Arbeit, hat unlängst die entscheidenden Maximen dieser Forschungsrichtung dargelegt ("Workers of the World. Essays Toward a Global Labor History", Verlag Brill, Amsterdam 2008). Die systematische Einbeziehung von Sklaverei und Zwangsarbeit sei ebenso wichtig wie der Blick auf die diversen, gleichwohl miteinander verknüpften Entwicklungen von Arbeitsordnungen und -kämpfen in verschiedenen Teilen der Welt.
Globale Perspektive
Er regt an, kritisch zu prüfen, ob es weltweit tatsächlich einen gradlinigen Trend in Richtung "freie Lohnarbeit" gegeben hat. Eine globale Perspektive auf die Geschichte der Arbeit wird schließlich, so van der Linden, nur dann fruchtbar sein können, wenn sie nicht allein auf Lohn- und Erwerbsarbeit schaut, sondern freie und unfreie, bezahlte und unbezahlte Arbeit gleichermaßen berücksichtigt.
Hinzugefügt sei, dass ohne Grundlagenerklärung, ohne begriffliche Auseinandersetzung darüber, was mit "Arbeit" sinnvoll gemeint sein kann und was alles zum Arbeitsbegriff dazugehört, globalhistorische Aussagen auf schwachen Füßen stehen werden. Die Diskussion über den Arbeitsbegriff sollte schließlich eng mit der Beschäftigung mit Arbeitspraxis verknüpft sein. Begriff und Praxis sind - wie etwa das Beispiel Kinderarbeit zeigt - kaum voneinander zu trennen. Die Frage, wie in verschiedenen Gesellschaften zu verschiedenen Zeiten "Arbeit" mit Bedeutung versehen wurde, reicht nicht aus. Zugleich muss untersucht werden, wie sich Begriffe von Arbeit jeweils mit dem Arbeitshandeln derjenigen, die tatsächlich arbeiteten, verbanden.
ANDREAS ECKERT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es scheint sich um einen einfachen, auf der Hand liegenden Sachverhalt zu handeln. Tatsächlich ist "Arbeit" aber ein komplizierter, historisch und regional sehr vielfältiger Begriff, der von der freien Lohnarbeit bis zur Sklaverei reicht.
You can't eat eight hours a day nor drink for eight hours a day nor make love for eight hours - all you can do for eight hours is work." Dass man nicht acht Stunden am Tag essen kann noch trinken, schon gar nicht lieben; dass alles, was man acht Stunden lang tun kann, arbeiten ist - diese Einsicht von William Faulkner verweist auf die Tatsache, dass Arbeit in der menschlichen Existenz einen zentralen Platz einnimmt. Der freilich war in der Vergangenheit immer wieder grundlegenden Wandlungen unterworfen. Im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts etwa lässt sich im Kontext der Industrialisierung eine fundamentale Verschiebung in der Konzeption von Arbeit ausmachen.
Juristisch kodifiziert, begründete die Arbeit fortan die Bindung des Individuums an breitere soziale Gruppen und vor allem an den Nationalstaat; Arbeit wurde zur Grundlage der sozialen und politischen Ordnung. Im Kontext des Nationalstaats und des aufkommenden Wohlfahrtsstaates entwickelte sich der Unterschied zwischen Arbeit - gleichgesetzt mit weitgehend von Männern ausgeübter Erwerbs- und Lohnarbeit - und Nicht-Arbeit, angesiedelt etwa im Bereich des Haushalts und mit den Aktivitäten von Frauen verknüpft.
Überdies manifestierte sich seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts die Unterscheidung zwischen "Arbeit haben" und "arbeitslos" in der zeitgenössischen Sprache und Statistik und im Bereich der Sozialpolitik. Es entstand nun eine Konstellation, in der Arbeit zum zentralen Begriff und Kriterium für individuelles und kollektives Selbstverständnis, für soziale Gliederungen, Bewegungen und Konflikte, für Sozialpolitik, Nation und Kultur werden konnte. Jetzt wurde "Arbeit" immer häufiger - wenn auch nicht ausschließlich - als Erwerbsarbeit verstanden, mit Lohnarbeit als ihrer wichtigsten und mit Abstand am stärksten verbreiteten Form.
Vielfalt der Praktiken
Diese Form kodifizierter Arbeit war nicht nur in Europa, sondern auch in nichteuropäischen Gesellschaften erfolgreich. Im Zeitalter des Kolonialismus wurde Arbeit nicht nur wesentlich für die Identität des Individuums, sondern gleichzeitig dienten unterschiedliche Arbeitsauffassungen dazu, ganze Völker zu charakterisieren. In Industrieausstellungen oder in den seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts entstehenden Berechnungen des "Volkseinkommens" wurde die Arbeit zu einem Gradmesser des Fortschritts und der Leistungsfähigkeit der Nationen. In der kolonisierten Welt wiederum wurde der "Arbeit" die Aufgabe zugeschrieben, die vermeintliche Rückständigkeit vieler Gesellschaften, die man auf eine gleichsam inhärente Faulheit der sogenannten Eingeborenen zurückführte, zu überwinden. Arbeit versprach, den Zugang zur Zivilisation zu eröffnen. Zur Not musste man die Kolonisierten zu ihrem Glück, also zur Arbeit zwingen; koloniale Zwangsarbeit kam in vielen zeitgenössischen Texten als Teil der Zivilisierungsmission daher.
Die Herausbildung der modernen Arbeit als Erwerbsarbeit geschah vor dem Hintergrund einer zunehmend globalisierten Weltordnung, die durch den Imperialismus sowie durch eine Intensivierung von Migration und Handelsströmen gekennzeichnet war. Diese unterschiedlichen Formen der Vernetzung, mit all ihren Asymmetrien und ungleichen Bedingungen, blieben auch auf die Formen und das Bewusstsein von Arbeit nicht ohne Auswirkungen. Die globale Verflechtung der Arbeitswelt führte jedoch nicht nur zur Anpassung der Peripherie an ein nordwesteuropäisches Zentrum; wenn die Austauschprozesse auch asymmetrisch blieben, war der Pfad der Beeinflussung doch keineswegs eine Einbahnstraße.
Die Ausweitung der Wirtschaftsräume und ebenso der Kulturkontakte brachte neue Formen der Kooperation und Konkurrenz mit sich, die sich auch auf Arbeit, Arbeitsvorstellungen und Arbeitshandeln in Europa nachhaltig auswirkten. Die Frage, ob und wie stark die außereuropäische Welt Vorstellungen und Praktiken von Arbeit in Europa prägte, ist ein wichtiger Bestandteil jüngerer Forschungsdebatten. Für den deutschen Fall hat dies vor allem die vieldiskutierte Arbeit von Sebastian Conrad thematisiert (Globalisierung und Nation im deutschen Kaiserreich, München 2006).
Insgesamt ist das Bild der Forschung zu "Arbeit" gegenwärtig ebenso vielfältig wie widersprüchlich. Bei den Historikern herrscht eine gewisse Ratlosigkeit. Das Thema Arbeit gehört einerseits zu den besser erforschten Gebieten der Geschichtswissenschaft, andererseits wirkt, wie der Historiker Jürgen Kocka festgestellt hat, "die Geschichte der Arbeit als Untersuchungsfeld noch merkwürdig unstrukturiert".
Diese Unsicherheit ist verknüpft mit einer allgemeinen Ernüchterung hinsichtlich der Möglichkeiten und der intellektuellen Ausstrahlungskraft der klassischen "Labour History", jedenfalls in Bezug auf die Industriestaaten. Die ethnologische Forschung scheint sich mit wenigen Ausnahmen nicht für das Thema Arbeit zu interessieren. Im Mainstream der Sozialwissenschaften dominiert das Interesse an den Industriegesellschaften. In der Regel sehr gegenwartsbezogen und konzentriert vor allem auf nationale Arbeitsmärkte, stehen im Mittelpunkt entsprechender Forschungen Fragen der Arbeitsmarktpolitik, der sozialen, räumlichen und politischen Entgrenzung des Arbeitsmarktes, der neuen Beschäftigungsrisiken und des Verhältnisses von Arbeitsmarkt und Sozialstaat. Im Bereich der Rechtswissenschaften ist die Forschungsentwicklung mit dem Blick auf Vertrag und Status eng verknüpft mit der nationalstaatlichen Konstituierung des Arbeitsverhältnisses, also der Lohnarbeit.
Ungleichmäßige Entwicklung
Diese Begrenzung der Problemsicht wird im Zuge der Globalisierung auch für die Rechtswissenschaften hinderlich, etwa wenn es um den Umbau des Sozialstaates und seine Verknüpfung mit dem Arbeitsverhältnis geht oder wenn man versucht, den globalisierten Verhältnissen im Arbeitsleben gerecht zu werden, etwa bei der Koordinierung auf der Ebene der Europäischen Union.
Zumindest hierzulande noch weitgehend unbeachtet, hat das Interesse an der Geschichte der Arbeit in vielen außereuropäischen Regionen, insbesondere in Südasien, stark zugenommen. Auch hier lässt sich zunehmend ein Bewusstsein für die Notwendigkeit erkennen, sich analytisch vom stählernen Gehäuse des Nationalstaats zu verabschieden. Die Entwicklung von Arbeitsverhältnissen und -kulturen in Südasien und die europäische Geschichte der Arbeit sind, so eine These, seit mindestens zwei Jahrhunderten miteinander verknüpft und haben sich gegenseitig beeinflusst. Dies führte aber nicht notwendigerweise zur Einebnung von Differenz und Ungleichheit. Im Gegenteil: Die ungleichmäßige Entwicklung der kapitalistischen Arbeitsmärkte, so zeigen jüngere Studien, bewahrte nicht nur Unterschiede, sondern vertiefte sie sogar und erzeugte sie immer wieder neu.
Die sich vor diesem Hintergrund neu formierende "Global Labour History" konzentriert sich gegenwärtig noch sehr stark auf Aspekte wie Arbeiterorganisationen, Arbeitsmärkte und Arbeitsmigration. Marcel van der Linden, Forschungsdirektor am Amsterdamer Institut für Sozialgeschichte und einer der engagiertesten Protagonisten einer globalen Sicht der Geschichte der Arbeit, hat unlängst die entscheidenden Maximen dieser Forschungsrichtung dargelegt ("Workers of the World. Essays Toward a Global Labor History", Verlag Brill, Amsterdam 2008). Die systematische Einbeziehung von Sklaverei und Zwangsarbeit sei ebenso wichtig wie der Blick auf die diversen, gleichwohl miteinander verknüpften Entwicklungen von Arbeitsordnungen und -kämpfen in verschiedenen Teilen der Welt.
Globale Perspektive
Er regt an, kritisch zu prüfen, ob es weltweit tatsächlich einen gradlinigen Trend in Richtung "freie Lohnarbeit" gegeben hat. Eine globale Perspektive auf die Geschichte der Arbeit wird schließlich, so van der Linden, nur dann fruchtbar sein können, wenn sie nicht allein auf Lohn- und Erwerbsarbeit schaut, sondern freie und unfreie, bezahlte und unbezahlte Arbeit gleichermaßen berücksichtigt.
Hinzugefügt sei, dass ohne Grundlagenerklärung, ohne begriffliche Auseinandersetzung darüber, was mit "Arbeit" sinnvoll gemeint sein kann und was alles zum Arbeitsbegriff dazugehört, globalhistorische Aussagen auf schwachen Füßen stehen werden. Die Diskussion über den Arbeitsbegriff sollte schließlich eng mit der Beschäftigung mit Arbeitspraxis verknüpft sein. Begriff und Praxis sind - wie etwa das Beispiel Kinderarbeit zeigt - kaum voneinander zu trennen. Die Frage, wie in verschiedenen Gesellschaften zu verschiedenen Zeiten "Arbeit" mit Bedeutung versehen wurde, reicht nicht aus. Zugleich muss untersucht werden, wie sich Begriffe von Arbeit jeweils mit dem Arbeitshandeln derjenigen, die tatsächlich arbeiteten, verbanden.
ANDREAS ECKERT
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