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"An exploration of the future of work featuring real-world profiles of changing jobs and work arrangements in light of human/AI interaction"--

Produktbeschreibung
"An exploration of the future of work featuring real-world profiles of changing jobs and work arrangements in light of human/AI interaction"--
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Autorenporträt
Thomas H. Davenport and Steven M. Miller
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.09.2022

Zum Wohle der Mitarbeiter und des Profits von KI-Entwicklern
Thomas Davenport und Steven Miller präsentieren erhellende Einsichten in eine von Pandemie, halbintelligenten Maschinen und Kontrollsystemen geprägte Arbeitswelt

Apple-Mitgründer Steve Jobs hat den PC gerne als "Fahrrad für den Geist" bezeichnet. Thomas H. Davenport und Steven M. Miller beschreiben die aktuelle Generation statistikgetriebener Software, bekannt unter Bezeichnungen wie "Maschinelles Lernen" (ML) oder "Künstliche Intelligenz" (KI), eher wie ein Bündel von Assistenzsystemen im Auto - oder eine Art Servolenkung fürs Geschäft. Der Soziologe Davenport lehrt Management und Informationstechnologie in den USA, Miller ist Emeritus der Informatikfakultät der Singapore Management University. Ihre zentrale Botschaft: KI wird den Menschen in der Wirtschaft nicht ersetzen, sondern ihm hilfreich zur Hand gehen.

Anhand zahlreicher Interviews und Firmenprofile, die wie klassische Fallbeispiele aus den Wirtschaftswissenschaften aufgebaut sind, aber ohne genauere Kennzahlen auskommen müssen, skizzieren Davenport und Miller den Einsatz von ML/KI-Software in verschiedensten Sparten und Aufgabengebieten vom Versicherungsvertrieb über Universitäts-Fundraising bis hin zur Telemedizin. Am Ende jedes Beispiels sammeln die Autoren drei oder vier Aspekte daraus, die sie bemerkenswert finden. Abgerundet wird das Buch durch eine Systematisierung der Beobachtungen. Davenport und Miller fassen darin zusammen, was ML/KI heute kann und was (noch) nicht. Es bietet damit einen guten Überblick, zumal es auf aktuelle Herausforderungen wie Telearbeit in und nach der Covid-19-Pandemie eingeht.

Wer Genaueres über die technischen Grundlagen der beschriebenen Systeme wissen will, wird es hier allerdings nicht finden, die Sicht auf die Dinge ist meistens die der befragten Nutzer. In den meisten Fällen ist ML ein fertiger externer Dienst, den das Unternehmen als Paket dazukauft, modifiziert und in seine bestehenden Prozesse integriert, um effizienter zu werden. Stillschweigend vorausgesetzt ist, dass die Geschäftsprozesse bereits vor dem Einsatz der ML/KI-Software weitestgehend digitalisiert und vernetzt sind.

Ohne umfangreiche und gut gepflegte Daten- und Metadatenbestände und ohne hausinternes Wissen darüber kann Maschinelles Lernen im Unternehmen nicht wirklich gut funktionieren, trotz des Blackbox-Charakters ist es eben kein Gerät, das man sich einkauft und das dann, einmal eingeschaltet, vor sich hin funktioniert, sondern ein Prozess, der alle Strukturen durchdringt und ständiger Weiterentwicklung bedarf.

Nicht alle Beispiele lassen sich vom amerikanischen in den EU-Raum übertragen. Die beschriebene Teilautomatisierung des Marketings und der Kundenbeziehungen setzen eine totale Erfassung aller Tätigkeiten der Mitarbeiter voraus, oft läuft im Hintergrund eine öffentliche Leistungskontrolle mit, "naming and shaming" inklusive. Das befragte Personal findet diese Kontrollen in den Berichten meistens in Ordnung, sie steigerten schließlich die Produktivität. Mit dem nagelneu glänzenden KI-Humanismus geht in solchen Momenten ein knallharter Taylorismus ganz alter Schule einher, speziell in den unteren Breichen der Dienstleistungsjobs. Einige Beispiele - etwas die Einführung einer KI-Ethik-Expertin beim Business-Software-Konzern Salesforce oder über den Anbieter einer einfach anzuwendenden automatisierten Erkennung von Hautkrebs - weisen über die bloße Optimierung bestehender Prozesse hinaus.

Die Autoren erachten ML/KI als unverzichtbar für den Geschäftserfolg. Ebenso sind sie - wie die meisten der von ihnen Interviewten - davon überzeugt, dass diese Systeme menschliche Arbeitskraft nicht ersetzen, sondern eher ergänzen. Ihre Argumentations ist stringent, auch weil sie die Probleme nicht aussparen. Eines davon durchzieht auffällig viele der Fallbeispiele: Je besser die Automatisierung stumpfer bürokratischer Tätigkeiten funktioniert, desto weniger billige Berufseinsteiger werden gebraucht. Denn nur erfahrene Fachkräfte können komplexere Fälle bearbeiten und - noch wichtiger - auch beurteilen, ob die KI ihren Job richtig gemacht hat.

Vor ein ähnliches Problem stellen automatische Bildergeneratoren wie Dall-e, Midjourney (F.A.Z. von gestern) oder Stable Diffusion Einsteiger in den Bereichen der Illustration oder Gebrauchsgrafik. Das KI-Produkt ist gut genug für die meisten Zwecke, für die wichtigeren Aufgaben werden aber Profis gebucht. Dumm nur, wenn diese Profis in Rente gehen oder das Unternehmen verlassen und kein Nachwuchs mehr da ist, der den Prozess auch ohne KI-Unterstützung durchschauen würde.

Dass Davenport und Miller an dieser Stelle von ihrem optimistischen Grundton deutlich abweichen, lässt aufhorchen, denn sie meinen hier ein grundsätzliches Problem beim Einsatz von ML/KI-Werkzeugen ausgemacht zu haben: "Der Abbau von Einstiegsjobs für Wissensarbeiter stellt immer noch eine wichtige und aktuelle Bedrohung dar. Die Situation ist im Fluss, mit einigen Gegenströmungen und Einflussnahmen durch wirtschaftliche Kräfte. Es ist eine ernste Situation, die von Firmenchefs und Politikern sehr genau beobachtet und kontrolliert werden sollte." Sie schildern auch Beispiele, in denen die KI neuen Mitarbeitern dabei hilft, sich in ihren neuen Jobs zurechtzufinden, aber diese sind, wie Davenport und Miller selbst schreiben, deutlich in der Minderzahl.

Die Vignetten aus dem Alltag einer von Pandemie, halbintelligenten Servo-Elementen und Kontrollsystemen geprägten Arbeitswelt funktionieren im dargebrachten Stakkato und ihrer utilitaristischen Kühle nicht zuletzt als eine Form von Literatur. James G. Ballard, Doyen der "New Wave" in der britischen Science-Fiction, hat schon in den Sechzigerjahren immer wieder betont, die Inspiration für seine Geschichten in der "grauen Literatur" zu finden, in wissenschaftlichen Tagungsbänden und Fachzeitschriften - er selbst verdiente sein Brot lange genug als Redakteur des Journals "Chemistry and Industry".

Viele der durchformatierten Fallbeispiele, in denen innovationsfreundliche Chefs ihre Prozesse zum Wohle glücklicher Mitarbeiter und zum Profit diverser Machine-Learning-Start-ups wissenschaftsbasiert optimieren, wirken wie Blaupausen für die nächste Staffel der dystopischen Serie "Black Mirror", die es vermutlich nicht mehr geben wird, weil der darin beschriebene Zustand bereits den realen Alltag prägt, wie Davenport und Miller vortrefflich dokumentiert haben. GÜNTER HACK

Thomas H. Davenport und Steven M. Miller: "Working with AI". Real Stories of Human-Machine Collaboration.

MIT Press, Cambridge 2022. 312 S., geb., 36,- Euro.

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