Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 5,00 €
  • Broschiertes Buch

Wozu heilige Kriege? Was waren die Motive hinter den Kreuzzügen? Welche Überzeugungen und Strategien der weltlichen und geistlichen Herrscher waren damit verbunden? Ein führender Wissenschaftler legt dar, dass die Kreuzzugsbewegung bei weitem nicht auf die Befreiung der heiligen Stätten beschränkt war. Mit einer Chronologie der Kreuzzüge und Biographien der bekanntesten Kreuzfahrer.

Produktbeschreibung
Wozu heilige Kriege? Was waren die Motive hinter den Kreuzzügen? Welche Überzeugungen und Strategien der weltlichen und geistlichen Herrscher waren damit verbunden?
Ein führender Wissenschaftler legt dar, dass die Kreuzzugsbewegung bei weitem nicht auf die Befreiung der heiligen Stätten beschränkt war. Mit einer Chronologie der Kreuzzüge und Biographien der bekanntesten Kreuzfahrer.
Autorenporträt
Jonathan Riley-Smith. geb. 1938, ist Professor für Geschichte in Cambridge. Nach dem Studium am Trinity College unterrichtete er unter anderem in St. Andrews und London. Für seine Veröffentlichungen zur Geschichte der Kreuzzüge erhielt er zahlreiche Preise und Auszeichnungen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.11.2003

Buße mit Stoffkreuz
Jonathan Riley-Smith fragt nach Motiven der Kreuzzüge
Seit gut zwei Jahren sind Kreuzzüge wieder in aller Munde. Aber weiß überhaupt jeder, wovon er da redet? Wer jetzt unsicher ist, dem sei ein schmales, lesbares Büchlein aus der Feder eines führenden englischen Kreuzzughistorikers empfohlen, das in der Originalausgabe den Titel trug: „What were the Crusades?” Von militärischen Operationen ist darin nur am Rande die Rede, und das Büchlein versucht auch nicht, auf weniger als 200 Seiten das Panorama einer weltgeschichtlichen Bewegung wie der Kreuzzüge zu zeichnen. Es geht einer zentralen Frage nach: der nach dem geistigen Hintergrund und den leitenden Motiven der unzähligen Christen, die seit dem 11. Jahrhundert und bis weit in die Neuzeit hinein Haus und Hof verließen, Leib und Leben riskierten, um in Palästina, Spanien, Südfrankreich, Griechenland oder im Baltikum Krieg gegen Moslems, Ketzer, Schismatiker oder Heiden zu führen, gegen jeden also, der die Macht und die Einheit der Christenheit bedrohte.
Der Papst allein konnte bestimmen, wann und wo ein Kreuzzug durchgeführt wurde – was aber nicht heißt, dass die Kreuzfahrer immer das getan hätten, was der Papst wollte. Die päpstliche Erklärung, die einen Krieg zum Kreuzzug machte – und die von Predigern bis ins letzte Dorf verbreitet wurde –, rechtfertigte diesen nicht bloß als notwendiges Übel für die Verteidigung der Christenheit, sondern heiligte ihn als Akt christlicher Nächstenliebe und belohnte die Teilnehmer mit Sündenerlässen. Das mag vom Standpunkt heutiger Moral aus paradox klingen. Aber vieles spricht dafür, dass die Zeitgenossen wirklich glauben konnten, ein gutes Werk und Buße für ihre Sünden zu tun, wenn sie das Stoffkreuz, mit dem sie ihr Kreuzzugsgelübde öffentlich machten, an ihre Schulter hefteten. Nur durch diesen Glauben wurden Kreuzzüge zu der Massenbewegung, als die sie in die Geschichte eingegangen sind. Biographische Miniaturen eine Zeittafel und eine Bibliographie raisonnée beschließen das lesenswert Buch.
cjos
JONATHAN RILEY-SMITH: Wozu heilige Kriege? Anlässe und Motive der Kreuzzüge. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2003. 185 Seiten, 11,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der mit "cjos" zeichnende Rezensent möchte "What were the Crusades?", so der Originaltitel des schmalen Buches, allen empfehlen, denen angesichts der aktuellen Debatten über die Kreuzzüge und heiligen Kriege unserer Zeit die Gewissheit über die tatsächliche Bedeutung des Begriffes abhanden gekommen ist. Jonathan Riley-Smith, den der Rezensent zu den führenden englischen Kreuzzugshistorikern zählt, spüre in seinem lesenswerten Buch allein den "geistigen Hintergründen und den leitenden Motiven" der zahllosen Christen nach, die über Jahrhunderte hinweg ihr Leben gegen die "bedrohte Einheit der Christenheit" einsetzten, einzig, um Buße zu tun für begangene Sünden. "Biografische Miniaturen eine Zeittafel und eine Bibliographie raisonnee beschließen das lesenswert Buch", schreibt unser Rezensent zufrieden.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2016

Die Allzweckwaffe in der Hand der Päpste
Jonathan Riley-Smith verfolgt die Geschichte der Kreuzzugsidee von den Anfängen bis fast in die Gegenwart

Das Wort ist in der Welt, man hört es überall. Aber was es wirklich bedeutet, erscheint alles andere als klar. Islamisten reden von einem Kreuzzug, wenn sie die Intervention des Westens im Irak brandmarken wollen. George W. Bush hat die amerikanische Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 als Kreuzzug bezeichnet. Aber auch in vielen anderen Zusammenhängen, in Moraldebatten, beim Brexit, beim Kampf gegen Gentechnik oder Tierquälerei, wird der Begriff gebraucht, oft in herabsetzender Absicht. Was aber waren oder sind die Kreuzzüge wirklich? Und was folgt daraus für die Gegenwart?

Für Jonathan Riley-Smith beginnen die Kreuzzüge mit Augustinus. Dieser formuliert schon in einer lange vor dem "Gottesstaat" entstandenen Schrift die Idee eines Krieges "im Namen Gottes", der notwendigerweise gerecht sei, weil Gott nichts Böses befehlen könne. Später ergänzt er diese Idee um den Begriff der "rechten Absicht" (recta intentio), aus der das richtige Maß an Gewaltanwendung erwachse. Beides, so der britische Historiker, bildete die Grundlage für das Schreiben, mit dem Urban II. im November 1095 auf der Synode von Clermont das Abendland zu den Waffen rief. Denn der Papst sprach, wie jedermann glaubte, im Namen Gottes, und das Ziel, das er den Kreuzfahrern vorgab, die Rückeroberung Jerusalems und der heiligen Stätten des Christentums im Nahen Osten, rechtfertigte die Mittel, die zu seiner Erreichung nötig waren.

Aus all dem, aus dem Eifer Urbans, der vor einem Gegenpapst aus Italien geflohen war, aus dem Fanatismus der Ritter, die für ihn nach Palästina zogen, und aus der Arroganz des byzantinischen Kaisers Alexios, der Urban um militärische Hilfe gegen die Türken gebeten hatte, ohne zu ahnen, was er dadurch auslöste, entsprang eines der blutigsten Kapitel der Menschheitsgeschichte. Noch immer bieten die Kreuzzüge Anlass zum Hass zwischen Christen und Moslems, noch immer trennt die Erinnerung an sie die westliche von der islamischen Geschichtsschreibung. Riley-Smith geht es nun nicht darum, die Teilnehmer an den Kriegen in Gottes Namen vom Vorwurf der Menschenschlächterei freizusprechen. Aber er will ihre religiöse Motivation stärker als bisher in den Vordergrund rücken und nebenbei mit einigen Vorurteilen aufräumen, die unser Bild der Kreuzzüge prägen.

In England, wo er in Cambridge, St. Andrews und London unterrichtete, gilt Riley-Smith als Vordenker der wissenschaftlichen Neubewertung der Kreuzzüge, seit 1967 hat er sich mit dem Thema beschäftigt. Der vorliegende Band erschien im Original schon vor dreißig Jahren, 2005 und 2014 wurde er neu aufgelegt. In jüngerer Zeit erschienen die Kreuzzugsbücher von Thomas Asbridge und Jonathan Phillips, die ihm einiges verdanken (F.A.Z. vom 27. Oktober 2010 und 26. November 2011). Die Lücke, die der Verlag von Zabern mit dieser Publikation schließt, ist also selbst schon historisch. Zugleich merkt man aber, wenn man Riley-Smith liest, dass man mit Asbridge und Phillips, seinen Epigonen, auch nicht schlecht bedient war.

Ein Hauptpunkt in Riley-Smiths Argumentation ist die Ausdehnung des Kreuzzugbegriffs. Kreuzzüge hat es seit 1095 zu Dutzenden gegeben, nicht nur im östlichen Mittelmeerraum, sondern auch in Spanien, Nordafrika, Bulgarien, im Baltikum und, durch Umdirigieren der militärischen Energien auf "innere" Feinde, gegen die Albigenser in Südfrankreich und die tschechischen Hussiten. Ihnen allen, und nicht nur den sechs "offiziellen" Kampagnen gegen die Muslime in Palästina und Ägypten, widmet Riley-Smith mehr oder minder ausführliche Darstellungen. Der Haken ist nur, dass die theologische Fundierung des Kreuzzuggedankens, auf die es dem Autor ankommt, dadurch nicht stärker wird. Sie verliert an Triftigkeit, weil die Ereignisse selbst sie widerlegen.

Zwar nimmt das christliche Schrifttum zum "gerechten Krieg" ab dem zwölften Jahrhundert sowohl an Umfang wie auch an Komplexität erheblich zu, bis hin zur Aktualisierung des Augustinus bei Thomas von Aquin. Aber auch Riley-Smiths wohlmeinende Darstellung kann nicht verbergen, dass das Kreuzzugwesen im selben Maß, in dem seine Apologetik stärker wird, zur Allzweckwaffe in der Hand realpolitisch denkender Päpste degeneriert.

Wenn er über die Kampagne Gregors IX. gegen den Stauferkaiser Friedrich II. im Jahr 1239 mitteilt, sie habe "alle Kriterien" eines Kreuzzugs erfüllt, fragt man sich schon, was diese Kriterien eigentlich wert waren. Gut hundert Jahre später predigte ein Papst in Avignon allen Ernstes den Kreuzzug gegen die Stadtherren von Cesena und Faenza. Darin offenbart sich eben nicht, wie die Überschrift des Kapitels ankündigt, "die Vielfalt der Kreuzzugsidee", sondern die Tatsache, dass diese Idee heftig auf den Hund gekommen war.

Die zweite folgenreiche Erkenntnis, an deren Verbreitung Riley-Smith seit Jahrzehnten arbeitet, betrifft die ökonomische Bilanz der bewaffneten Pilgerfahrten ins Heilige Land. Die ältere Forschung, aus der Steven Runcimans dreibändiges Standardwerk von 1954 herausragt, hat vor allem die ersten Kreuzzüge als religiös bemäntelte Raubkampagnen gebrandmarkt. Riley-Smith kann dagegen zeigen, dass sich ganze Adelssippen heillos verschuldeten, damit einer oder zwei ihrer Angehörigen ihre Ausrüstung und Verpflegung für den langen Marsch nach Antiochia und Jerusalem bezahlen konnten.

Erst in der zweiten und dritten Generation und zumal nach der Eroberung von Konstantinopel und Griechenland im vierten Kreuzzug scheint sich die Pilgerfahrt mit Schild und Schwert für einige auf Dauer gelohnt zu haben. Auf manchen Burgen wurde die Kreuzfahrerei zur Familientradition. Die gedankliche Konsequenz, dass mit der habituellen Bestimmung zum Kreuzzug dessen theologischer Gehalt gegen null sank, zieht Riley-Smith freilich nicht.

Wie sicher sich ein Historiker seiner Sache ist, zeigt sich nicht zuletzt an seinem Umgang mit den Klassikern des Fachs. Zu Steven Runciman, dessen Zeiten "sicherlich vorbei" seien, bemerkt Riley-Smith, sein Stil sei so manieriert, dass er "vielen heutigen Studenten als beinahe unlesbar" erscheine. Ein Blick in Runcimans Bücher, sei es im Original oder der Übersetzung Peter de Mendelssohns, beweist das Gegenteil. Viele seiner Annahmen hat die neuere Forschung widerlegt, aber Runcimans Schilderung der Schicksale des Königreichs Jerusalem und seiner Regenten liest sich nach wie vor spannend und plausibel. Zudem hat seine Kreuzzugsgeschichte den Vorteil, dass sie sich nicht in Quisquilien wie den Preußenfahrten des Deutschen Ordens oder den Kriegen Karls V. gegen die Barbareskenstaaten verzettelt. Die Verengung der Perspektive auf die Kreuzzüge im Nahen Osten mag wissenschaftlich fragwürdig sein, aber sie führt zu entschieden besserer Prosa.

Im Schlusskapitel, das vom Abebben der Kreuzzugsbewegung in der frühen Neuzeit handelt, kommt Riley-Smith endlich auf das zu sprechen, was er als "modernen islamischen Gegenkreuzzug" bezeichnet, und da fragt man sich, ob er die historischen Entwicklungen der letzten Jahre wirklich zur Kenntnis genommen hat. Im Islamismus, erklärt er, habe die Kreuzzugsidee als Feindbild "Wurzeln geschlagen", während die Gesellschaften des Westens vergessen hätten, dass Kreuzzüge noch bis vor kurzem als "intellektuell durchaus respektabel" gelten konnten.

Offenbar ist Riley-Smith völlig entgangen, dass ebenjene Idee, die Ungläubigen mit Stumpf und Stiel auszurotten, inzwischen an den rechten politischen Rändern vieler westlicher Nationen nicht nur Wurzeln geschlagen, sondern auch schon manche mörderische Blüte hervorgebracht hat. Es wäre deshalb wohl eine gute Idee, wenn unser Autor vor der nächsten Neuauflage seiner "Kreuzzüge" einen Blick auf die Taten des Anders Breivik und anderer vorgeblicher Kreuzritter werfen könnte. So viel Gegenwart muss schon sein.

ANDREAS KILB

Jonathan Riley-Smith: "Die Kreuzzüge".

Aus dem Englischen von Tobias Gabel und Hannes Möhring. Philipp von Zabern Verlag, Darmstadt 2016. 484 S., Abb., geb., 49,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr