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Kleine Feuilletons zu einer großen Frage. In leichtem und äußerst unterhaltsamem Ton verteidigt Charles Dantzig eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Wozu lesen? ist das leidenschaftliche Plädoyer eines Granden der französischen Kulturszene für die Lektüre in einer von Bildern dominierten Welt. Elegant und charmant wirbt er für die Literatur als Stimulanz unserer Intelligenz und als Schlüssel zur Welt. Wozu lesen? ist die erste deutsche Veröffentlichung von Dantzig, der französischen Stilikone im Feld der Literatur.

Produktbeschreibung
Kleine Feuilletons zu einer großen Frage. In leichtem und äußerst unterhaltsamem Ton verteidigt Charles Dantzig eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Wozu lesen? ist das leidenschaftliche Plädoyer eines Granden der französischen Kulturszene für die Lektüre in einer von Bildern dominierten Welt. Elegant und charmant wirbt er für die Literatur als Stimulanz unserer Intelligenz und als Schlüssel zur Welt. Wozu lesen? ist die erste deutsche Veröffentlichung von Dantzig, der französischen Stilikone im Feld der Literatur.
Autorenporträt
Dantzig, CharlesCharles Dantzig, geboren 1961, publiziert seit den 1990er Jahren Lyrik, Romane und Essays. Neben vielen anderen Auszeichnungen erhielt Charles Dantzig den Prix de l'Essai der Académie française und den Grand prix der Elle-Leserinnen. Dantzig ist Lektor im französischen Verlag Grasset und lebt in Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.01.2012

Um sich zu widersprechen
Charles Dantzig beantwortet die Frage: "Wozu lesen?"

Unsere kulturelle Existenz verändert sich: Die seit langem angekündigte "visuelle Wende" findet gerade statt, vor allem dank der tragbaren Bildschirme. Erst mobile Bilder können die Menschen so recht einhüllen, ihre Sinnes- und Denkgewohnheiten verändern - ein flimmernder Kokon, der sich um uns legt, ob zu Tisch, im Zug oder im Bett. Im Licht technischer Evolution werden alte Medien neu betrachtet: In dem Moment, in dem das iPad seinen Siegeszug antritt, wird das Buch wortreich verabschiedet oder nostalgisch beschworen. Das gilt auch für die Kulturtechniken, die sich mit diesen Medien herausgebildet haben. Charles Dantzig wendet sich der ehrwürdigsten jener Techniken zu und stellt die Sinnfrage: "Wozu lesen?" So der Titel seines schönen Bandes, der gleich Dutzende Antworten gibt. Er bietet eine beiläufig-geistreiche Verteidigung des Schmökerns und ist - wie könnte es anders sein - eine anregende Lektüre.

Charles Dantzig, Jahrgang 1961, ist Romancier, Lyriker, Essayist und Lektor im Pariser Verlagshaus Grasset. Dem breiten französischen Publikum hat er sich mit dem voluminösen, belesenen und charmant eigensinnigen "Egoistischen Wörterbuch der französischen Literatur" (2005) vorgestellt, das mit dem Essaypreis der Académie française und dem Grand Prix der "Elle"-Leserinnen zugleich geehrt wurde - Dantzig spricht unterschiedlichste Leser an. Neben klassischen Artikeln zu Autoren, Werken, Gattungen finden sich dort schöne Einträge wie "Landhausbibliotheken", "Anfang, Mitte, Ende", "Vorurteil", "Ungewöhnliche Tode von Schriftstellern", "Pyrenäen" oder einfach nur "K". Es ist wahrscheinlich (und bedauerlich), dass dieses Buch keinen deutschen Verlag finden wird. Immerhin, "Wozu lesen?" präsentiert Dantzig von seiner besten Seite: eine Gelegenheit für den deutschen Leser, sich mit einem Essayisten bekannt zu machen, der in seiner Jugend in einen Kessel mit Esprit gefallen sein muss.

Warum also lesen? Dantzig führt viele Gründe an, gute und weniger gute: "Lesen, um die Leichen nicht ruhen zu lassen", "Lesen, um sich zu widersprechen", "Lesen, um zu lernen", "Ah, lesen für die Gesundheit", "Oh, lesen für die Tugend" - einige Überschriften sind sprechend, andere mysteriös. Dantzig liefert keine Abhandlung, er schreibt nicht einmal immer übers Lesen. Manche Kapitel sind verkappte Kritiken, teils ganzer Genres: "Lesen, um nicht zu lesen - Biographien". Andere handeln vom Objekt Buch, von den Orten des Lesens, von Buchhandlungen, ob in Los Angeles oder Brest, von der Großzügigkeit der Schriftsteller, von ihrer Feigheit. Lesen ist für Dantzig keine Form der Informationsaufnahme, es ist eine Lebensweise.

Der Leser Dantzig ist ein Wilderer, der in vielen Wäldern jagt. In "Lesen heißt, sich tätowieren zu lassen" diskutiert er die moralistischen Maximen, die in der französischen Literatur eine ehrwürdige Tradition haben: "Wir Franzosen haben eine große Schwäche für die Verfasser von Maximen. Sie tätowieren uns für immer den Geist." Er erklärt, warum er die Moralisten nicht mag: "Maximen sind Pillen für die Verbitterung." Und liefert als Erklärung selbst eine: "Ein Franzose ist ein Mensch, der wissen will, wer mit wem schläft, um daraus Ursachen abzuleiten." So ironisch und doppelbödig wird nicht nur hehres Kulturgut bedacht: Dantzig stürzt sich auf Vampirromane. Der verdutzte Leser erfährt, dass er Stephenie Meyer gelesen oder es zumindest versucht hat - "es ging einfach nicht"; mit heiterer Boshaftigkeit wird "Biss zum Morgengrauen" zum "ersten blutleeren Vampirroman" geadelt.

Agil springt der Essayist von Thema zu Thema und schlägt aus jedem Funken: Man hat den Eindruck, einer sprühenden Ein-Mann-Konversation beizuwohnen. Hin und wieder gefällt sich Dantzig in der snobistischen Pose, er ist jedoch sicher kein Nostalgiker, der von Zeiten angeblicher Bildung schwärmt: "Charmant war vor allem die Epoche der Aufklärung - jedenfalls für eine Oberschicht von fünftausend Leuten. (In meiner Familie wird man zu dieser Zeit in der Küche Kochtöpfe gescheuert haben.)" Trotz kritischer Haltung fallen manche Urteile harsch aus, etwa wenn er die französische Literaturwissenschaft in Bausch und Bogen verdammt. Den einen oder anderen Schriftsteller hat er ebenfalls auf dem Kieker, Louis-Ferdinand Céline etwa, dem er im "Wörterbuch" bescheinigt hatte, seine "Reise ans Ende der Nacht" sei ein Gugelhupf: "75 Gramm Rosinen in einem Kilo Teig"; Céline-Leser verurteilt er in "Wozu lesen?" als "Zyniker". Ungnädig unterstellt er Flaubert "oberlehrerhafte Angst". Man verzeiht Dantzig jedoch auch dann, wenn man Dozent und Flaubertverehrer ist, denn er schaut nicht nur über den französischen Tellerrand, er zeigt vor allem die vielen Wege und Abwege, die zur Literatur führen; für seine Urteile liefert er (meist) gute Gründe. Dantzig gelingt das Kunststück, geschmäcklerisch zu sein und doch Allgemeingültiges zu sagen.

Von der Literatur erwartet er nicht glatte Meisterwerke, sondern Phantasie: Für Detailversessenheit hat Dantzig wenig übrig, Stendhal hingegen, der "Die Kartause von Parma" in nur 42 Tagen diktierte, verehrt er. Bücher müssen anregen, wie Albert Cohens "Die Schöne des Herrn": "Man liest ein Buch nicht um der Geschichte willen, man liest ein Buch, um mit seinem Autor ein Tänzchen zu wagen." Aus geistigen Volten und maliziösem Frohsinn kristallisiert sich das Bild eines anspruchsvollen Anarchisten heraus: "Lektüre ist unvernünftig. Es gibt weitaus wichtigere Dinge, sagen die wichtigen Leute. Das stimmt. Und mit diesem Wissen lesen wir leise pfeifend weiter in den Büchern, die uns um eitlen Ruhm und nichtigen Reichtum bringen." Lesen hat andere Vorzüge: Es macht frei, es schafft "Unempfindlichkeit gegenüber den Dingen des Lebens". In Anlehnung an Prousts Erinnerungsmotiv setzt Dantzig die Lektüre als Ideal: "Lesen ist dieser Moment der Ewigkeit, den ein paar Einzelgänger miteinander teilen in einem immateriellen und etwas bizarren Raum, nämlich im Geiste." Hierin liegt sein Verdienst: Dantzig beschwört die Attraktivität einer diskreten Kulturerfahrung, ihre Leidenschaft, ihre Flüchtigkeit, ihre befreiende Wirkung.

Und der technische Fortschritt? Auch wenn ihm Literatur "nicht generell an Papier gebunden" scheint, enden Dantzigs Überlegungen mit etwas ängstlicher Ironie: Was, wenn ein erdumspannender Farbmonitor die Leser aussterben ließe? Die Menschheit fiele zurück in den Naturzustand, so Dantzig, und recht will er daran nicht glauben. Man sollte ihm folgen: Auf, ans Regal!

NIKLAS BENDER

Charles Dantzig: "Wozu lesen?"

Aus dem Französischen von Sabine Schwenk. L.S.D./Steidl Verlag, Göttingen 2011. 208 S., geb., 16,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.07.2012

Lesen ist viel
besser als leben
Dieses Buchwissen, ach Gott, dieses Buchwissen! Charles Dantzig fragt sich und uns, was daran schlecht sein soll. Mit dem allseits und jederzeit verfügbaren Weltwissen kann sich jedes mittelmäßige Hirn vollstopfen lassen. Wer Literatur liest, nährt sich mit Verstand und Gefühl. Deshalb hat Dantzig immer nur Romane gelesen, und dieses Glück wurde erst trübe, als er dem Buchwissen seine persönliche Erfahrung hinzufügte. Lesen, schreibt Dantzig in seinem sanft-zynischen Essay, ist nämlich viel besser als das Leben. Deshalb sind Dantzigs beste Freunde Romanfiguren. Ein radikales und schön snobistisches Brevier für Urlauber, die dem Fremdenführer in Angoulême ein blasiertes „Das hat Balzac alles viel eindrucksvoller geschildert“ entgegenhauchen möchten.  HILMAR KLUTE
  
  
  
      
Charles Dantzig:
Wozu lesen? Aus dem
Französischen von
Sabine Schwenk. Steidl Verlag, Göttingen 2011.
205 Seiten, 16 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kann gut sein, dass Charles Dantzig als Junge in einen "Kessel mit Esprit" gefallen ist, freut sich Niklas Bender, der einfach hingerissen ist von diesen Essays des französischen Romanciers und Essayisten. Von den vielen geistreichen Gedanken, die er in diesem Band gefunden hat, gibt Bender in seiner Besprechung beredt Zeugnis. Offenbar belässt es Dantzig nicht dabei, das Buch gegen den Medienwandel zu verteidigen: Er spottet über Maximen, ätzt gegen Celine und dessen Leser, behauptet Stendhals Überlegenheit über Flaubert und erklärt, was ein Franzose ist ("ein Mensch, der wissen will, wer mit wem schläft, um daraus Ursachen abzuleiten"). Dass Bender darüber klar wird, was das Lesen als Lebensform zu bieten hat, lässt sein Lese- und Rezensentenherz höher schlagen.

© Perlentaucher Medien GmbH