Establishes the economic case for free immigration by reviewing the predominant obstacle in its path: the notion that immigrants harm destination country institutions. Cross-country case-study evidence is utilised to reject this concept. This text will engage any reader curious about the relationship between immigration policy and economics.
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Frankfurter Allgemeine ZeitungDie Ökonomie der Migration
Über die wirtschaftlichen Folgen der Zuwanderung
Gleich am Anfang ihres Buches vertreten Alex Nowrasteh und Benjamin Powell die Auffassung, dass Zugangskontrollen zu fremden Arbeitsmärkten ähnlich wie Einschränkungen des Freihandels den Wohlstand der Menschheit nur beeinträchtigen können. Sie zitieren fünf Studien, von denen die pessimistischste nur 67 Prozent Steigerung der globalen Produktion, die optimistischste sogar 147 Prozent Steigerung bei vollständiger Beseitigung aller Migrationsschranken erwarten lässt. Wenn die Armen leicht in reiche Länder auswandern könnten, dann würde die globale Armut bald besiegt.
Die Autoren zitieren auch eine Umfrage, wonach 750 Millionen Menschen gern aus armen in reiche Länder auswandern würden. Die Realisierung gewaltiger Wachstumsgewinne scheitere nicht an mangelnder Wanderungsbereitschaft, sondern an der Politik der reichen Länder. Der größte Teil der Migrationsgewinne käme denen zugute, die es nötig haben, den armen Migranten. Dagegen kann man einwenden, dass möglicherweise die Massenzuwanderung die Volkswirtschaften der Zielländer, deren Kultur, Institutionen und Gesellschaften so stark beschädigt, dass Massenmigration die Weltwirtschaft schrumpfen statt aufblühen lässt. Die Auseinandersetzung mit dieser Befürchtung ist das Anliegen dieses Buches.
Zunächst zeigen die Autoren, dass hochqualifizierte Zuwanderer - meist aus asiatischen Ländern - in den Vereinigten Staaten wesentlich zu Innovationen, Patenten und Unternehmensgründungen beigetragen haben. Bei der Zuwanderung unqualifizierter Arbeitskräfte finden sie zumindest keine nennenswerten negativen Effekte für die einheimische Bevölkerung. In vier international vergleichenden Kapiteln geht es auch um die gesellschaftlichen Auswirkungen der Migration. Das Verständnis dieser Kapitel setzt zumindest ökonometrische Grundkenntnisse voraus. Ein weitverbreiteter Index wirtschaftlicher Freiheit, der hoch mit Wohlstand und Wachstum korreliert, wird durch Zuwächse an Migranten nicht beeinträchtigt. Auch die Korruption wird durch Migranten nicht erhöht. Ergänzende Länderstudien zeigen, dass die Massenzuwanderung in die Vereinigten Staaten vor dem Ersten Weltkrieg eher die sozialistische Umgestaltung der Wirtschaft verhindert hat als die wirtschaftliche Freiheit gefährdet. Die Autoren schließen aus diesen Befunden, dass die Angst vor negativen Externalitäten für die aufnehmenden Gesellschaften unbegründet sei, und plädieren für mehr Aufnahmebereitschaft in den reichen Ländern. Als Konfliktforscher hat der Rezensent an dieser Schlussfolgerung Zweifel. Denkbar bleibt, dass Massenzuwanderung zunächst die ethische, kulturelle und religiöse Heterogenität und bei Zuwanderung aus vor allem einem einzigen fremden Kulturraum - wie in Europa aus dem islamischen - später die Polarisierung fördert. Bei Einwänden dieser Art plädieren die Autoren für minimale Einschränkungen der Migration. Wenn Europa sich von muslimischen Einwanderern bedroht fühlen sollte, dann könne das kein Grund sein, auch die Zuwanderung von Lateinamerikanern oder (nichtmuslimischen) Afrikanern zu begrenzen.
Wer die Migrationsfrage ernsthaft durchdenken will, kann an dem Buch nicht vorbeigehen. Man darf die Leser allerdings daran erinnern, dass die Befunde ökonometrischer Studien oft ein Robustheitsproblem haben. Wenn auch die künftige Forschung gegen negative Externalitäten der Zuwanderung spricht, dann stellt sich die weiter gehende Frage, inwieweit dürfen demokratische Mehrheiten Armen den Zutritt verwehren und sie unnötigerweise zum Verbleib in Armut verdammen, um ihre Identität zu wahren?
ERICH WEEDE
Alex Nowrasteh und Benjamin Powell: Wretched Refuse? The Political Economy of Immigration and Institutions. Cambridge University Press, Cambridge 2021, 350 Seiten, 30 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Über die wirtschaftlichen Folgen der Zuwanderung
Gleich am Anfang ihres Buches vertreten Alex Nowrasteh und Benjamin Powell die Auffassung, dass Zugangskontrollen zu fremden Arbeitsmärkten ähnlich wie Einschränkungen des Freihandels den Wohlstand der Menschheit nur beeinträchtigen können. Sie zitieren fünf Studien, von denen die pessimistischste nur 67 Prozent Steigerung der globalen Produktion, die optimistischste sogar 147 Prozent Steigerung bei vollständiger Beseitigung aller Migrationsschranken erwarten lässt. Wenn die Armen leicht in reiche Länder auswandern könnten, dann würde die globale Armut bald besiegt.
Die Autoren zitieren auch eine Umfrage, wonach 750 Millionen Menschen gern aus armen in reiche Länder auswandern würden. Die Realisierung gewaltiger Wachstumsgewinne scheitere nicht an mangelnder Wanderungsbereitschaft, sondern an der Politik der reichen Länder. Der größte Teil der Migrationsgewinne käme denen zugute, die es nötig haben, den armen Migranten. Dagegen kann man einwenden, dass möglicherweise die Massenzuwanderung die Volkswirtschaften der Zielländer, deren Kultur, Institutionen und Gesellschaften so stark beschädigt, dass Massenmigration die Weltwirtschaft schrumpfen statt aufblühen lässt. Die Auseinandersetzung mit dieser Befürchtung ist das Anliegen dieses Buches.
Zunächst zeigen die Autoren, dass hochqualifizierte Zuwanderer - meist aus asiatischen Ländern - in den Vereinigten Staaten wesentlich zu Innovationen, Patenten und Unternehmensgründungen beigetragen haben. Bei der Zuwanderung unqualifizierter Arbeitskräfte finden sie zumindest keine nennenswerten negativen Effekte für die einheimische Bevölkerung. In vier international vergleichenden Kapiteln geht es auch um die gesellschaftlichen Auswirkungen der Migration. Das Verständnis dieser Kapitel setzt zumindest ökonometrische Grundkenntnisse voraus. Ein weitverbreiteter Index wirtschaftlicher Freiheit, der hoch mit Wohlstand und Wachstum korreliert, wird durch Zuwächse an Migranten nicht beeinträchtigt. Auch die Korruption wird durch Migranten nicht erhöht. Ergänzende Länderstudien zeigen, dass die Massenzuwanderung in die Vereinigten Staaten vor dem Ersten Weltkrieg eher die sozialistische Umgestaltung der Wirtschaft verhindert hat als die wirtschaftliche Freiheit gefährdet. Die Autoren schließen aus diesen Befunden, dass die Angst vor negativen Externalitäten für die aufnehmenden Gesellschaften unbegründet sei, und plädieren für mehr Aufnahmebereitschaft in den reichen Ländern. Als Konfliktforscher hat der Rezensent an dieser Schlussfolgerung Zweifel. Denkbar bleibt, dass Massenzuwanderung zunächst die ethische, kulturelle und religiöse Heterogenität und bei Zuwanderung aus vor allem einem einzigen fremden Kulturraum - wie in Europa aus dem islamischen - später die Polarisierung fördert. Bei Einwänden dieser Art plädieren die Autoren für minimale Einschränkungen der Migration. Wenn Europa sich von muslimischen Einwanderern bedroht fühlen sollte, dann könne das kein Grund sein, auch die Zuwanderung von Lateinamerikanern oder (nichtmuslimischen) Afrikanern zu begrenzen.
Wer die Migrationsfrage ernsthaft durchdenken will, kann an dem Buch nicht vorbeigehen. Man darf die Leser allerdings daran erinnern, dass die Befunde ökonometrischer Studien oft ein Robustheitsproblem haben. Wenn auch die künftige Forschung gegen negative Externalitäten der Zuwanderung spricht, dann stellt sich die weiter gehende Frage, inwieweit dürfen demokratische Mehrheiten Armen den Zutritt verwehren und sie unnötigerweise zum Verbleib in Armut verdammen, um ihre Identität zu wahren?
ERICH WEEDE
Alex Nowrasteh und Benjamin Powell: Wretched Refuse? The Political Economy of Immigration and Institutions. Cambridge University Press, Cambridge 2021, 350 Seiten, 30 Euro.
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