Wer vor dem Haus der Wiener Universität am Ring steht, ahnt oft nicht, welche Bücherwelten sich darin verstecken. In den Abendstunden, wenn die Straßenbahnen vorbeirauschen, fällt manchmal der Blick durchs Fenster auf Bücherwände, die bis zur Decke reichen. Bei besonderem Lichteineinfall leuchtet das Eisengerüst im rückwärtigen Teil des Hauses. Millionen von Büchern sind seitlich und unterhalb des Lesesaals im Büchermagazin untergebracht, und in vielen weiteren Zimmern im Haus kann die Regale entlang gestöbert werden. Hier wird das Büchererbe der Universität Wien öffentlich zugänglich gepflegt: Dieses Bücherhaus, dieses Fenster zur Welt steht allen offen.Zu den vielen Büchersammlungen der Universität zählt auch die Bibliothek Wendelin Schmidt-Dengler. Wendelin Schmidt-Dengler (1942-2008) war seit 1989 ordentlicher Professor am Institut für Germanistik und seit der Gründung 1996 erster Leiter des Österreichischen Literaturarchivs. Nach seinem Tod hat die Universität seine Privatbibliothek von seiner Gattin Maria Schmidt-Dengler als Geschenk erhalten, um diese Bücher auch öffentlich zugänglich zu machen. Seit mehr als zehn Jahren sind sie nun in der Bibliothek der Germanistik für alle einsehbar.Zu den Abenteuern in der Bücherwelt zählen auch die Zufälle, die zu einem WSD-Buch führen. Ein solches ist an der Signatur erkennbar, aber was macht die Besonderheit dieses einen Buches, dieser Bibliothek aus?Wir begeben uns auf die Suche nach Lesespuren. Erste Hinweise geben uns Notizzettel, die Schmidt-Dengler in seine Bücher gelegt hat. Sie enthalten oft nur Seitenzahlen: Seiten, die wir aufmerksam lesen. Wir folgen gemeinsam den von WSD gelegten Spuren, führen sie weiter, weichen von ihnen ab. Wir begegnen dabei vielen anderen, die für uns Notizen und Widmungen kommentieren, überkreuzen uns und tauschen uns mit ihnen aus. So erfahren wir auch manche Geschichten, die Bücher erzählen. Ein vollständiger Katalog der Bibliothek rundet den Band ab: Eine Einladung, den Lesespuren WSDs überall auf der Welt zu folgen, wo diese Bücher greifbar sind - und zum nächsten Lesebesuch am Wiener Universitätsring.