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"Ich versuche ständig, mit der Fremde warm zu werden. So wie ich nicht anders kann, als mit der Wärme zu fremdeln." In Deutschland lernen sie sich kennen. Im kriegszerstörten Kosovo können sie nicht zusammenbleiben. Nur ihrem Sohn gelingt es, die alten Grenzen hinter sich zu lassen. Jan Böttcher hat einen großen europäischen Roman geschrieben: die Geschichte einer ungleichen Liebe zwischen Nord und Süd, Heimat und Fremde, Schicksal und Selbstbestimmung. »Ein Roman, der grenzübergreifend relevant sein wird.« Sasa Stanisi »So spannend wie erhellend - dieser Roman ist ein Tanz der Lebenslust in…mehr

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Produktbeschreibung
"Ich versuche ständig, mit der Fremde warm zu werden. So wie ich nicht anders kann, als mit der Wärme zu fremdeln." In Deutschland lernen sie sich kennen. Im kriegszerstörten Kosovo können sie nicht zusammenbleiben. Nur ihrem Sohn gelingt es, die alten Grenzen hinter sich zu lassen. Jan Böttcher hat einen großen europäischen Roman geschrieben: die Geschichte einer ungleichen Liebe zwischen Nord und Süd, Heimat und Fremde, Schicksal und Selbstbestimmung. »Ein Roman, der grenzübergreifend relevant sein wird.« Sasa Stanisi »So spannend wie erhellend - dieser Roman ist ein Tanz der Lebenslust in Todesnähe. Und eine der traurigsten Liebesgeschichten, die ich in den letzten Jahren gelesen habe!« Moritz Rinke
Autorenporträt
1973 in Lüneburg geboren, war Jan Böttcher zunächst Songtexter und Sänger der Berliner Band "Herr Nilsson". Seit 2003 hat er fünf Romane veröffentlicht. Mit "Nachglühen" gewann er den Ernst-Willner-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Jan Böttcher lebt in Berlin.Im Aufbau Taschenbuch sind seine Romane "Das Kaff" und "Am Anfang war der Krieg zuende" lieferbar. Mehr Informationen zum Autor unter www.janboettcher.com.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Christoph Schröder bleibt merklich unterwältigt von Jan Böttchers im Rahmen eines Stipendiatenaufenthalts im Kosovo entstandenen Roman über kompliziert anmutende, aber doch recht gut lesbare, bis nach Berlin reichende Konstellationen der kosovarischen Nachkriegsgesellschaft. Zwar gelingen dem Autor "atmosphärisch mitreißende" Schilderungen der schwierigen Situation in der Stadt Prishtina und insbesondere im ersten Teil der verschachtelt erzählten Geschichte bewege sich der Autor auf dem Niveau, das man auch von seinen früheren Arbeiten her kennt. Probleme hat der Kritiker allerdings mit dem zweiten Teil der Geschichte, in der eine sichtlich als Alter Ego des Schriftstellers angelegte Figur nach Prishtina kommt, mit der Stadt aber nichts anzufangen wisse. Im folgenden zerfalle der Roman "in eine Ansammlung loser Beobachtungen und Skizzen", so der Rezensent, der "Y" schlussendlich als zu unterkonturiert empfindet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.06.2016

Formen finden und schaffen? Leicht gesagt!
Jan Böttcher erzählt in "Y" eine deutsch-kosovarische Familiengeschichte

Die Extreme von Krieg und Nachkrieg in die Kunst bringen - das ist ein weiterhin brisantes Grundproblem der modernen Ästhetik. Die kosovarische Installationskünstlerin Arjeta, von der Jan Böttcher in seinem neuen Roman erzählt, sieht dies sehr klar: "Dass alles, was war, im nächsten Moment fortgetragen werden kann von einer politischen oder privaten Entscheidung. Dafür muss man Formen finden, Formen schaffen." Ausgehend von diesen Überlegungen, entwickelt Arjeta das "Provisorium": eine aus "Versatzstücken, Baumarktmöbeln, Sperrholz" zusammengezimmerte Hütte in einem Park am Rande von Prishtina, dessen erwartbare und dann auch vollzogene Fremdzerstörung von Beginn an mit eingerechnet wird. In ihrer Unfertigkeit, Schäbigkeit, Zerbrechlichkeit handelt es sich um eine überzeugende Installation, und dies liegt vor allem an der klaren und kritischen Perspektivierung des Kunstwerks.

Böttcher, der nicht erst als Schriftsteller, sondern bereits als Sänger der 2007 aufgelösten Band "Herr Nilsson" bekannt geworden ist, wählt für "Y" eine sehr viel größere Brennweite. Es geht um Flucht und Heimkehr, Zerstörung und Wiederaufbau, Jugendkultur und Medien, Kulturkonflikte und Europa. Zusammengehalten wird all dies von der verschachtelt erzählten Geschichte um eine innerlich wie äußerlich zerrissene Familie. Die Handlung setzt Ende der neunziger Jahre in Hamburg ein: Jakob Schütte und seine ehemalige Schulfreundin Arjeta Neziri, die mit ihrer Familie aus dem Kosovo geflohen war, verlieben sich ineinander und werden ein Paar. Als sich die politische Lage auf dem Balkan wieder entspannt, gehen die Neziris zurück in ihre Heimat. Jakob reist seiner Geliebten hinterher, die sich dennoch von ihm trennt. Irgendwann kommt heraus, dass sie von ihm schwanger ist, was in ihrer Familie einen Eklat auslöst. Jahre später vertreibt er in Berlin mit großem Erfolg ein zynischerweise im Kosovo-Krieg angesiedeltes Computerspiel, während sie in Prishtina als politische Aktionskünstlerin tätig ist. Ihr gemeinsamer Sohn, Leka, bewegt sich zwischen den beiden Welten, als gäbe es weder politische noch kulturelle Grenzen.

Der Ich-Erzähler, ein Berliner Schriftsteller, stößt auf diese Familiengeschichte, als der rätselhafte Freund seines Sohnes - es handelt sich um Leka - plötzlich verschwindet. Zunächst trifft er auf Jakob, später auch auf Arjeta, die ihm jeweils recht unterschiedliche Versionen der Vergangenheit präsentieren. Auf eine der beiden Seiten will er sich nicht schlagen, er bleibt erklärtermaßen unparteiisch, wie er in einer seiner zahlreichen metafiktionalen Anmerkungen betont: "Sie sind es, die wahrgenommen haben, nicht ich."

Die zurückhaltende Diskretion des Erzählers mag sympathisch sein, mutlos ist sie aber auch, was vor allem mit Blick auf die politischen Implikationen des Romans zum Problem wird. Ebenjene strenge Fokussierung, die Arjetas "Provisorium" auszeichnet, kommt bei Böttcher entschieden zu kurz, was sich dann in ungefähren Anmerkungen wie dieser zum Ausdruck bringt: "Wer hatte dafür" - gemeint ist die Arbeit der im Kosovo zahlreich vertretenen Nichtregierungsorganisationen - "die Begriffe Paperwork und Bullshitting gefunden? Ich mache mir diese Begriff nicht zu eigen, aber entkräften kann ich sie auch nicht." Klar, die Welt ist komplex und in griffigen Formeln meist nicht zu erfassen. Für einen Roman aber, der seinen Anspruch auf Gegenwartsrelevanz ganz offen vor sich her trägt, bedeuten solche Nullsätze ein Scheitern.

Dies gilt vergleichbar auch in ästhetischer Hinsicht, im Blick also auf das "Formen finden, Formen schaffen", deren Notwendigkeit Arjeta so nachdrücklich betont. Der Roman soll mehreres in einem sein und ist nichts davon in Gänze: die berührende Geschichte einer Familie und Spannungsfeld der Kulturen, das in Erzählfragmente zersplitterte Porträt einer unfertigen Nachkriegswelt zwischen "Aufbau, Einriss, Abbruch, Wiedererrichtung", schließlich ein politischer Roman, der im jargonhaften Tonfall "die, wie ich fand, berechtigte Frage" nach der "Identität Europas" aufwirft. Nein, aus der Grundfigur eines "Y", das hier nicht nur als genealogisches Zeichen, sondern auch als typographische Chiffre für "zwei Länder . . . ein Europa" begriffen wird, ergibt sich noch keine schlüssige Romankonzeption.

Böttcher ist ein auf Melancholie, auf sprachsensible Komik und sanfte Sozialkritik gestimmter Künstler, das zeigt sich vor allem in seinem Songwriting. Da heißt es an einer Stelle: "Sie kommen auf uns zu: / ganz leise, die Klänge. / Sie kommen auf uns zu: / ganz leise, Gesänge." Der Weg zum großen europäischen Roman, den Böttcher für "Y" gegangen ist, erscheint von hier aus fast unüberwindlich.

KAI SINA

Jan Böttcher: "Y". Roman.

Aufbau Verlag, Berlin 2016. 255 S., geb., 19,95 [Euro].

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»Jan Böttcher[...] zeichnet die Auftaktszene seines vierten Romans [...] so feinfühlig, dass man sofort mitten im Buch ist.« Hans-Peter Kunisch Süddeutsche Zeitung 20160620