Der Tod von Yassir Arafat im November 2004 bedeutete das Ende einer politischen Ära. Vierzig Jahre lang war er das nationale Symbol der Palästinenser in ihrem Kampf für einen eigenen Staat und einer der Hauptakteure im israelisch-palästinensischen Konflikt.
Amnon Kapeliuk erweist sich als intimer Kenner Arafats, den er über hundertfünfzig Mal getroffen und interviewt hat - öfter als jeder andere Journalist. Sachkundig und spannend beschreibt er Arafats politischen Lebensweg vom Guerillakämpfer zum Staatsmann: seine Kindheit zwischen Kairo und Jerusalem, die Gründung der Widerstandsorganisation Fatah 1959, die Übernahme des PLO-Vorsitzes 1969, die Jahre im Exil in Jordanien, im Libanon und in Tunis, Arafats Eintreten für eine Zweistaatenlösung zur Konfliktbeilegung, das Scheitern des Osloer Friedensprozesses sowie seine letzten Jahre unter israelischer Belagerung in Ramallah.
Durch seine Gespräche auch mit vielen anderen führenden palästinensischen Politikern und Arafatvertrauten enthüllt Kapeliuk erstmals bislang unbekannte Details und bringt Licht ins Dunkel der Mythen und Legenden, die Arafat sein Leben lang umgaben. Objektiv beschreibt er Arafat als politischen Pragmatiker und Überlebenskünstler, widerlegt manches Klischee, ohne ihn zu glorifizieren oder als "Terroristen" zu verteufeln.
Das beeindruckende Quellenmaterial, die vielfältigen Hintergrundinformationen und das Insiderwissen des Autors verleihen dem Buch den Charakter einer Gesamtgeschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts im Lichte der Person Arafats. Auch die politischen Perspektiven für die Zeit nach Arafat werden ausführlich dargestellt.
Amnon Kapeliuk erweist sich als intimer Kenner Arafats, den er über hundertfünfzig Mal getroffen und interviewt hat - öfter als jeder andere Journalist. Sachkundig und spannend beschreibt er Arafats politischen Lebensweg vom Guerillakämpfer zum Staatsmann: seine Kindheit zwischen Kairo und Jerusalem, die Gründung der Widerstandsorganisation Fatah 1959, die Übernahme des PLO-Vorsitzes 1969, die Jahre im Exil in Jordanien, im Libanon und in Tunis, Arafats Eintreten für eine Zweistaatenlösung zur Konfliktbeilegung, das Scheitern des Osloer Friedensprozesses sowie seine letzten Jahre unter israelischer Belagerung in Ramallah.
Durch seine Gespräche auch mit vielen anderen führenden palästinensischen Politikern und Arafatvertrauten enthüllt Kapeliuk erstmals bislang unbekannte Details und bringt Licht ins Dunkel der Mythen und Legenden, die Arafat sein Leben lang umgaben. Objektiv beschreibt er Arafat als politischen Pragmatiker und Überlebenskünstler, widerlegt manches Klischee, ohne ihn zu glorifizieren oder als "Terroristen" zu verteufeln.
Das beeindruckende Quellenmaterial, die vielfältigen Hintergrundinformationen und das Insiderwissen des Autors verleihen dem Buch den Charakter einer Gesamtgeschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts im Lichte der Person Arafats. Auch die politischen Perspektiven für die Zeit nach Arafat werden ausführlich dargestellt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.09.2005Anekdotenreich
JASSIR ARAFAT. Im November jährt sich sein Tod zum ersten Mal, und in Städten wie Gaza und Ramallah vergilben die Poster mit dem Gesicht des palästinensischen Präsidenten: Der Wechsel an der Spitze der palästinensischen Autonomiebehörde verlief reibungsloser als von vielen erwartet. Schon Anfang 2004 hat der israelische Journalist Amnon Kapeliuk seine Arafat-Biographie in französischer Sprache veröffentlicht. Die deutsche Ausgabe wurde notgedrungen erweitert. Eine erste bilanzierende Würdigung dieser widersprüchlichen historischen Persönlichkeit, den viele israelische Politiker verteufelten und die Palästinenser zu ihrem Nationalhelden erhoben, gelang dabei nicht. Was an zeitlicher Distanz fehlte, ersetzt jedoch streckenweise persönliche Nähe: Kapeliuks Biographie lebt von den zahlreichen Begegnungen mit Arafat; laut Klappentext sollen es mehr als 150 gewesen sein. Mit einem palästinensischen Witz - "eine ironisch gefärbte Würdigung des Mannes, der den Palästinensern ihren Stolz und ihre Hoffnung zurückgab" - charakterisiert er Arafat: Auf der Pilgerfahrt nach Mekka fragt Arafat sein Freund Abu Jihad, weshalb er nicht wie üblich Steine auf drei Steinsäulen wirft, um den Teufel zu verfluchen. "Ich breche mit niemandem", antwortet Arafat. Diese "Konzilianz" des Palästinenserführers hat nach Kapeliuks Ansicht aber ein ganz klares Ziel: ein unabhängiger Palästinenserstaat mit Jerusalem als Hauptstadt. Kapeliuk beschreibt lebendig und anschaulich das lebenslange Lavieren Arafats zwischen Gewalt und Gewaltlosigkeit und seine lebenslange Suche nach Bündnispartnern in den eigenen Reihen wie dem Rest der Welt. In den Lebensjahrzehnten, die weiter zurückliegen, zeichnet er ein anekdotenreiches Bild des Palästinenserführers. Seine Schilderung des gescheiterten Nahost-Gipfels von Camp David im Sommer 2000 konzentriert der Autor auf den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Barak und seine Umgebung: Dessen Ziel sei gewesen, Arafat als Neinsager zu demaskieren. Die Schuld an dem Fehlschlag gibt er daher Barak und Präsident Clinton. Diese Sichtweise ist nicht völlig neu, wie auch die Darstellung der letzten Lebensjahre Arafats nur wenig neue Einsichten bietet. Vergeblich sucht man nach Erklärungen, die über das davor gezeichnete Charakterbild hinausgehen, um Arafats Ambivalenz im Umgang mit den Militanten oder seinen undurchsichtigen Umgang mit Hilfsgeldern besser zu verstehen. Vorwürfe, der Palästinenserführer habe Hilfsgelder veruntreut oder zweckentfremdet, wischt er als "bloße Fantasiegebilde" beiseite. Statt dessen behauptet Kapeliuk am Schluß wortreich, daß Arafat auf Initiative der israelischen Führung vergiftet worden sein könnte - ohne jedoch überzeugende Belege anzuführen. (Amnon Kapeliuk: Yassir Arafat. Eine Biographie, Palmyra Verlag 2005, 548 Seiten, 29,90 [Euro].)
hcr.
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JASSIR ARAFAT. Im November jährt sich sein Tod zum ersten Mal, und in Städten wie Gaza und Ramallah vergilben die Poster mit dem Gesicht des palästinensischen Präsidenten: Der Wechsel an der Spitze der palästinensischen Autonomiebehörde verlief reibungsloser als von vielen erwartet. Schon Anfang 2004 hat der israelische Journalist Amnon Kapeliuk seine Arafat-Biographie in französischer Sprache veröffentlicht. Die deutsche Ausgabe wurde notgedrungen erweitert. Eine erste bilanzierende Würdigung dieser widersprüchlichen historischen Persönlichkeit, den viele israelische Politiker verteufelten und die Palästinenser zu ihrem Nationalhelden erhoben, gelang dabei nicht. Was an zeitlicher Distanz fehlte, ersetzt jedoch streckenweise persönliche Nähe: Kapeliuks Biographie lebt von den zahlreichen Begegnungen mit Arafat; laut Klappentext sollen es mehr als 150 gewesen sein. Mit einem palästinensischen Witz - "eine ironisch gefärbte Würdigung des Mannes, der den Palästinensern ihren Stolz und ihre Hoffnung zurückgab" - charakterisiert er Arafat: Auf der Pilgerfahrt nach Mekka fragt Arafat sein Freund Abu Jihad, weshalb er nicht wie üblich Steine auf drei Steinsäulen wirft, um den Teufel zu verfluchen. "Ich breche mit niemandem", antwortet Arafat. Diese "Konzilianz" des Palästinenserführers hat nach Kapeliuks Ansicht aber ein ganz klares Ziel: ein unabhängiger Palästinenserstaat mit Jerusalem als Hauptstadt. Kapeliuk beschreibt lebendig und anschaulich das lebenslange Lavieren Arafats zwischen Gewalt und Gewaltlosigkeit und seine lebenslange Suche nach Bündnispartnern in den eigenen Reihen wie dem Rest der Welt. In den Lebensjahrzehnten, die weiter zurückliegen, zeichnet er ein anekdotenreiches Bild des Palästinenserführers. Seine Schilderung des gescheiterten Nahost-Gipfels von Camp David im Sommer 2000 konzentriert der Autor auf den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Barak und seine Umgebung: Dessen Ziel sei gewesen, Arafat als Neinsager zu demaskieren. Die Schuld an dem Fehlschlag gibt er daher Barak und Präsident Clinton. Diese Sichtweise ist nicht völlig neu, wie auch die Darstellung der letzten Lebensjahre Arafats nur wenig neue Einsichten bietet. Vergeblich sucht man nach Erklärungen, die über das davor gezeichnete Charakterbild hinausgehen, um Arafats Ambivalenz im Umgang mit den Militanten oder seinen undurchsichtigen Umgang mit Hilfsgeldern besser zu verstehen. Vorwürfe, der Palästinenserführer habe Hilfsgelder veruntreut oder zweckentfremdet, wischt er als "bloße Fantasiegebilde" beiseite. Statt dessen behauptet Kapeliuk am Schluß wortreich, daß Arafat auf Initiative der israelischen Führung vergiftet worden sein könnte - ohne jedoch überzeugende Belege anzuführen. (Amnon Kapeliuk: Yassir Arafat. Eine Biographie, Palmyra Verlag 2005, 548 Seiten, 29,90 [Euro].)
hcr.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nicht so ganz überzeugt zeigt sich der "hcr" zeichnende Rezensent von dieser Arafat-Biographie des israelischen Journalisten Amnon Kapeliuk. Eine "bilanzierende Würdigung" Arafats ist dem Autor nach Ansicht des Rezensenten damit nicht gelungen. Positiv hebt er dagegen die persönliche Nähe zu Arafat hervor, die Kapeliuks Biographie auszeichnet. Als "lebendig" und "anschaulich" lobt er dann auch dessen Schilderung von Arafats lebenslangem Lavieren zwischen Gewalt und Gewaltlosigkeit und seiner lebenslangen Suche nach Bündnispartnern in den eigenen Reihen wie dem Rest der Welt. In den Lebensjahrzehnten, die weiter zurückliegen, zeichne der Autor ein "anekdotenreiches Bild" des Palästinenserführers. "Nicht völlig neu" findet der Rezensent die dargebotene Sichtweise des gescheiterten Nahost-Gipfels von Camp David im Sommer 2000, nach der Barak und Präsident Clinton Schuld an dem Fehlschlag seien. Auch bei der Darstellung der letzten Lebensjahre Arafats biete der Autor nur "wenig neue Einsichten". Erklärungen für Arafats Ambivalenz im Umgang mit den Militanten oder seinen undurchsichtigen Umgang mit Hilfsgeldern finden sich zum Bedauern des Rezensenten nicht. Statt dessen behaupte Kapeliuk am Schluss wortreich, Arafat sei wohl auf Initiative der israelischen Führung vergiftet worden - "ohne jedoch überzeugende Belege anzuführen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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