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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.11.2012

Altherren auf Hockern

Die Kapitelüberschriften sind natürlich stark: "Moskau im August 1938: Teodor Stepanowitsch Mali wird eine letzte Zigarette verwehrt", "Wien im Spätsommer 1933: Ein Engländer gerät ins falsche Jahrhundert". Mit ihnen platzen wir in immer neue Szenen der Ära von Terror und Traum hinein, bis wir auf einmal in Beirut landen, 1963: "Der Engländer flieht nach Sowjetrussland, zehn Dosen Verdauungstabletten von Arm & Hammer in den Taschen." Der Versuch des Spionage-Autors Robert Littell, sich dem der britischen wie sowjetischen Sache dienenden "Meisterspion" Kim Philby zu nähern, bringt hinter den preisverdächtig originellen Überschriften nur eine kulissenspielhafte Geschichte hervor. Die "personale Erzählsituation" führt trotz der vielen Zeugenberichte nicht in die Tiefe. Ein Gespür für den Raum, die Zeit und ihre Ideen stellt sich nicht ein. Die männlichen Figuren stammen aus dem Setzkasten, die weiblichen aus der Altherrenphantasie. Und immer wieder sollen phrasenhafte Dialoge das Projekt retten. Littell hätte wesentlich konzentrierter erzählen müssen. So reißt das kraftlos hingeworfene Porträt eines Doppel- oder gar "Dreifachagenten" niemanden vom Hocker. (Robert Littell: "Philby". Porträt des Spions als junger Mann. Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence. Arche Literaturverlag, Hamburg 2012. 286 S., geb., 19,95 [Euro].) math

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