This vintage book contains three short stories written by Joseph Conrad. These stories do not share the same narrative, but do share a theme: the stages of life. 'Youth' focuses on a young man's first sea-voyage to the East; 'Heart of Darkness' concerns a particularly unenlightened maturity; and 'The end of the Tether' deals with the old age of an ex-military man. Conrad's masterful writing has influenced many important twentieth-century writers and artists, including T. S. Eliot, Jorge Luis Borges, and Werner Herzog. This text is highly recommended for fans of Conrad's seminal work, and it would make for a worthy addition to any collection. This antiquarian volume is being republished now in an affordable, modern edition - complete with a specially commissioned biography of the author.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.12.2007DAS HÖRBUCH
Beunruhigend anders
Hörbücher zum 150. Geburtstag von Joseph Conrad
Die See war dem Kapitän schon mit Mitte Dreißig verwehrt. Ein chronisches Fieber, das er sich auf dem Kongo eingefangen hatte, zwang ihn 1893 zum Landleben – und machte den Seemann Joseph Conrad zum Schriftsteller. Diesem Fieber verdanken wir jene Romane, die Stichworte für einige von Hollywoods bösesten Alpträumen gaben.
Conrads Leben hatte ihm sein literarisches Material geliefert. Schon lange, bevor er als Kapitän zwischen Afrika und Ostindien fuhr, hatte er eine europäische Odyssee hinter sich. Am 3. Dezember 1857 nahe Kiew geboren, musste der sechsjährige Józef seinen polnischen Eltern in nordrussische Verbannung folgen. Mit sechzehn heuerte er in Marseille
an, 1886 wurde er britischer Staatsbürger, bald Kapitän – die englische Sprache hatte er erst mit 21 Jahren gelernt. An Conrads 150. Geburtstag erinnern einige Hörbuch-Lesungen, denen sein Werk schon deshalb sehr entgegenkommt, weil Conrad oft durch einen Erzähler einen Abstand zur Handlung setzt – einen Sicherheitsabstand. Denn das verstörend Fremde, Unbekannte ist hier oft regelrecht physisch präsent. Conrad ist ein Meister der Unmittelbarkeit, Analytiker ist er nicht. Deshalb ist vor allem seine Darstellung von Schwarzen nicht frei von Rassismus – doch die Irritation, die das unbegreiflich Andere hier auslöst, ist
existenziell, und sie fällt stets auf Europa und den Kolonialismus zurück.
Man stolpert heute über den Titel „Der Nigger von der Narzissus” (1897), einen Roman, den Charles Brauer für den sich auch sonst um Conrad verdient machenden Mare-Verlag liest. Die „Narcissus” ist ein ruhiges, die Besatzung gut bezahlendes Handelsschiff, hier drohen keine Meutereien oder weißen Wale. Und doch verwandeln es zwei Neumatrosen in kurzer Zeit in ein Labor menschlicher Krisen. Da ist der Halunke Donkin, ein kalter Verbrecher, feige und intrigant. So konkret und exemplarisch zugleich, wie Conrad diesen Kerl schildert, muss er vielen solcher modernen Verdammten begegnet sein. Und dann ist da der „Nigger” Wait, der „schwarze Gentelman”, der als edler Wilder die Szene betritt.
Der Teufel ist ein netter Mann
Damit scheint das Spiel aufgestellt – aber es kommt anders. Wait liegt bald, angeblich todkrank, in seiner Kajüte, und treibt die Besatzung mit kapriziösen Ansprüchen zum Wahnsinn. In dieser erhitzten Stimmung kommt es nach einer beinahe-Havarie fast zu Meuterei und Mord. Nur fast – doch die Verzahnung von Bosheit, Verhetzung und Dummheit erzeugt eine Beunruhigung, die weit über die Situation hinaus nachwirkt. Das hört man auch dem Erzähler an, einem einfachen Matrosen. Charles Brauer gibt ihm einen besonnenen Grundton, entsprechend der immer wieder in stilles Fahrwasser gleitenden Handlung – um davon umso schärfer die tumulthaften, grellen Szenen im unübersichtlichen Schiffsdunkel abzuheben.
Noch mehr ins Ohr geht „Herz der Finsternis” (1902), eine Geschichte, die Ver-düsterung und Sichtlosigkeit zum Prin-zip hat. So unmitteilbar „wie ein Traum”, sagt der Seemann Marlow, sei, was er im Kongo erlebt habe – es ist ein Alptraum, eine danteske Höllenvision in Zeiten des brutalsten Kolonialismus. Zugrunde liegt ihr eine barbarische Wirklichkeit, nämlich die Ausbeutung des Kongogebiets als Privatbesitz des belgischen Königs Leopold II., bei der 10 Millionen Menschen ermordet wurden. An Handlung passiert nicht viel mehr als eine Dampferfahrt den Kongo hinauf, zum Elfenbeinagenten Kurtz. Doch die haltlose Bedrohtheit des Schiffs im schlammigen, felsenreichen Wasser des vor Urwald uferlosen Flusses entwickelt sich zu einer surrealen Szenerie. Sie hat Momente absurder Komik, vor allem aber zeigt sie eine extreme sittliche Verwahrlosung, die in Kurtz gipfelt, mit dem Conrad einen Archetypen des charismatischen, modernen Bösen geschaffen hat.
Unter mehreren Aufnahmen sticht die mit Manfred Zapatka hervor . Der ruhige
Extremschauspieler Zapatka ist hier genau der richtige. Aus Kurtzens Anhängern macht er kleine Wahnstudien, Fanatiker, denen das Gift blinden Glaubens auf die Stimme schlägt. Kurtz aber, das finsterste aller Herzen, gibt er undämonisch, fest, überzeugend – man muss sich den Teufel schließlich als einen netten Mann vorstellen. Und in Marlow, dem Erzähler, lässt Zapatka stets jene leichte Naivität durchklingen, ohne die der seine Reise gar nicht hätte durchstehen können. Wer „Heart of Darkness” im Original hören möchte, kann zu Scott Bricks Lesung greifen
Man muss ehrlich sein: Mit Zapatkas Tiefenbohrung hat das nichts zu tun. Doch ist Brick ein routinierter, sehr gu-ter Sprecher, dessen robuste Art in ihrer Weise dem Schiffer Marlow, der seine Erlebnisse selbst nicht recht begreift, gut entspricht. Und darin sind Conrads Leser und Zuhörer mit dem Autor ohnehin vereint: Das erstaunliche, beunruhigende Fremde nicht ganz zu begreifen. WILHELM TRAPP
JOSEPH CONRAD: Der Nigger von der Narzissus. Sprecher: Charles Brauer. Mare-Hörbuch, Hamburg 2007, 4 CDs, 288 Min., 19,95 Euro.
JOSEPH CONRAD: Herz der Finsternis. Sprecher: Manfred Zapatka. Argon Verlag, Berlin 2007, 4 CDs, 310 Min., 19,95 Euro.
JOSEPH CONRAD: Heart of Darkness. Sprecher: Scott Brick. Bertz & Fischer, Berlin 2007, 1 MP 3 mit englischem Text, 264 Min., 19,90 Euro.
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Beunruhigend anders
Hörbücher zum 150. Geburtstag von Joseph Conrad
Die See war dem Kapitän schon mit Mitte Dreißig verwehrt. Ein chronisches Fieber, das er sich auf dem Kongo eingefangen hatte, zwang ihn 1893 zum Landleben – und machte den Seemann Joseph Conrad zum Schriftsteller. Diesem Fieber verdanken wir jene Romane, die Stichworte für einige von Hollywoods bösesten Alpträumen gaben.
Conrads Leben hatte ihm sein literarisches Material geliefert. Schon lange, bevor er als Kapitän zwischen Afrika und Ostindien fuhr, hatte er eine europäische Odyssee hinter sich. Am 3. Dezember 1857 nahe Kiew geboren, musste der sechsjährige Józef seinen polnischen Eltern in nordrussische Verbannung folgen. Mit sechzehn heuerte er in Marseille
an, 1886 wurde er britischer Staatsbürger, bald Kapitän – die englische Sprache hatte er erst mit 21 Jahren gelernt. An Conrads 150. Geburtstag erinnern einige Hörbuch-Lesungen, denen sein Werk schon deshalb sehr entgegenkommt, weil Conrad oft durch einen Erzähler einen Abstand zur Handlung setzt – einen Sicherheitsabstand. Denn das verstörend Fremde, Unbekannte ist hier oft regelrecht physisch präsent. Conrad ist ein Meister der Unmittelbarkeit, Analytiker ist er nicht. Deshalb ist vor allem seine Darstellung von Schwarzen nicht frei von Rassismus – doch die Irritation, die das unbegreiflich Andere hier auslöst, ist
existenziell, und sie fällt stets auf Europa und den Kolonialismus zurück.
Man stolpert heute über den Titel „Der Nigger von der Narzissus” (1897), einen Roman, den Charles Brauer für den sich auch sonst um Conrad verdient machenden Mare-Verlag liest. Die „Narcissus” ist ein ruhiges, die Besatzung gut bezahlendes Handelsschiff, hier drohen keine Meutereien oder weißen Wale. Und doch verwandeln es zwei Neumatrosen in kurzer Zeit in ein Labor menschlicher Krisen. Da ist der Halunke Donkin, ein kalter Verbrecher, feige und intrigant. So konkret und exemplarisch zugleich, wie Conrad diesen Kerl schildert, muss er vielen solcher modernen Verdammten begegnet sein. Und dann ist da der „Nigger” Wait, der „schwarze Gentelman”, der als edler Wilder die Szene betritt.
Der Teufel ist ein netter Mann
Damit scheint das Spiel aufgestellt – aber es kommt anders. Wait liegt bald, angeblich todkrank, in seiner Kajüte, und treibt die Besatzung mit kapriziösen Ansprüchen zum Wahnsinn. In dieser erhitzten Stimmung kommt es nach einer beinahe-Havarie fast zu Meuterei und Mord. Nur fast – doch die Verzahnung von Bosheit, Verhetzung und Dummheit erzeugt eine Beunruhigung, die weit über die Situation hinaus nachwirkt. Das hört man auch dem Erzähler an, einem einfachen Matrosen. Charles Brauer gibt ihm einen besonnenen Grundton, entsprechend der immer wieder in stilles Fahrwasser gleitenden Handlung – um davon umso schärfer die tumulthaften, grellen Szenen im unübersichtlichen Schiffsdunkel abzuheben.
Noch mehr ins Ohr geht „Herz der Finsternis” (1902), eine Geschichte, die Ver-düsterung und Sichtlosigkeit zum Prin-zip hat. So unmitteilbar „wie ein Traum”, sagt der Seemann Marlow, sei, was er im Kongo erlebt habe – es ist ein Alptraum, eine danteske Höllenvision in Zeiten des brutalsten Kolonialismus. Zugrunde liegt ihr eine barbarische Wirklichkeit, nämlich die Ausbeutung des Kongogebiets als Privatbesitz des belgischen Königs Leopold II., bei der 10 Millionen Menschen ermordet wurden. An Handlung passiert nicht viel mehr als eine Dampferfahrt den Kongo hinauf, zum Elfenbeinagenten Kurtz. Doch die haltlose Bedrohtheit des Schiffs im schlammigen, felsenreichen Wasser des vor Urwald uferlosen Flusses entwickelt sich zu einer surrealen Szenerie. Sie hat Momente absurder Komik, vor allem aber zeigt sie eine extreme sittliche Verwahrlosung, die in Kurtz gipfelt, mit dem Conrad einen Archetypen des charismatischen, modernen Bösen geschaffen hat.
Unter mehreren Aufnahmen sticht die mit Manfred Zapatka hervor . Der ruhige
Extremschauspieler Zapatka ist hier genau der richtige. Aus Kurtzens Anhängern macht er kleine Wahnstudien, Fanatiker, denen das Gift blinden Glaubens auf die Stimme schlägt. Kurtz aber, das finsterste aller Herzen, gibt er undämonisch, fest, überzeugend – man muss sich den Teufel schließlich als einen netten Mann vorstellen. Und in Marlow, dem Erzähler, lässt Zapatka stets jene leichte Naivität durchklingen, ohne die der seine Reise gar nicht hätte durchstehen können. Wer „Heart of Darkness” im Original hören möchte, kann zu Scott Bricks Lesung greifen
Man muss ehrlich sein: Mit Zapatkas Tiefenbohrung hat das nichts zu tun. Doch ist Brick ein routinierter, sehr gu-ter Sprecher, dessen robuste Art in ihrer Weise dem Schiffer Marlow, der seine Erlebnisse selbst nicht recht begreift, gut entspricht. Und darin sind Conrads Leser und Zuhörer mit dem Autor ohnehin vereint: Das erstaunliche, beunruhigende Fremde nicht ganz zu begreifen. WILHELM TRAPP
JOSEPH CONRAD: Der Nigger von der Narzissus. Sprecher: Charles Brauer. Mare-Hörbuch, Hamburg 2007, 4 CDs, 288 Min., 19,95 Euro.
JOSEPH CONRAD: Herz der Finsternis. Sprecher: Manfred Zapatka. Argon Verlag, Berlin 2007, 4 CDs, 310 Min., 19,95 Euro.
JOSEPH CONRAD: Heart of Darkness. Sprecher: Scott Brick. Bertz & Fischer, Berlin 2007, 1 MP 3 mit englischem Text, 264 Min., 19,90 Euro.
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