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Yuba County, ein Bezirk im Norden Kaliforniens, ist ein Landstrich mit einer blutigen Geschichte von Rassismus, Vertreibung, sozialer Ausgrenzung. Von Dürren geplagt, dünn besiedelt und überdurchschnittlich arm, bietet die Gegend wenig Perspektiven. Die amerikanische Fotografin Maya Mercer hat einheimische Jugendliche in einem Trailer Park inszeniert und fotografiert. Ausgehend von ihrer Arbeit The Parochial Segments verdichtet Albert Ostermaier Motive und Figuren ihrer Bilder zu einem Chor aus Stimmen der Stimmlosen. Seismographisch zeichnen seine Gedichte die Spuren von Gewalt, Missbrauch,…mehr

Produktbeschreibung
Yuba County, ein Bezirk im Norden Kaliforniens, ist ein Landstrich mit einer blutigen Geschichte von Rassismus, Vertreibung, sozialer Ausgrenzung. Von Dürren geplagt, dünn besiedelt und überdurchschnittlich arm, bietet die Gegend wenig Perspektiven. Die amerikanische Fotografin Maya Mercer hat einheimische Jugendliche in einem Trailer Park inszeniert und fotografiert. Ausgehend von ihrer Arbeit The Parochial Segments verdichtet Albert Ostermaier Motive und Figuren ihrer Bilder zu einem Chor aus Stimmen der Stimmlosen. Seismographisch zeichnen seine Gedichte die Spuren von Gewalt, Missbrauch, Genozid, Drogenkrise, Hoffnungslosigkeit und Widerstand auf.Ostermaiers Gedichte beschönigen nichts, zeigen schonungslos das traumatisierte Innen und zerstörte Außen. Zugleich sind sie jedoch der Versuch einer Wiedergewinnung und Verteidigung der Würde der Gezeichneten, eine Klage zur Veränderung. Die Sprache ist ein Resonanzraum, sie ist biblisch, brutal, zärtlich, verzweifelt, direkt oder Metamorphose, Erinnerung, Aufschrei - aber auch das: Hoffnung.
Autorenporträt
Albert Ostermaier, geboren 1967 in München, hat zahlreiche Gedichtbände, Theaterstücke und Romane geschrieben. Viele seiner Gedichte und Theaterstücke wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Ausgezeichnet wurde er u.a. mit dem Kleist-Preis, dem Bertolt-Brecht-Preis, dem Ernst-Toller-Preis, dem WELT-Literaturpreis und dem Lyrikpreis des PEN Liechtenstein. Ostermaier lebt und arbeitet als freier Schriftsteller in München. Er leitete erfolgreich mehrere internationale Literaturfestivals.
Rezensionen
»Die Drastik des Bandes ist stilecht, erschütternd, und ich finde, das ist ein überragendes Werk.« Björn Hayer, Deutschlandfunk Kultur »Die Sätze rasen über die Zeilenenden hinweg, Kino, Rausch. Und dann: der Umschlag. Die Selbstermächtigung der schwarzen Bevölkerung, Überwindung, neues Leben. Ganz starker, harter Stoff.« Egbert Tholl, Süddeutsche Zeitung

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.06.2023

Gedichtferne Gäule
Albert Ostermaiers neuer Lyrikband "Yuba"

Yuba heißt ein Bezirk im Norden Kaliforniens. Dort hat die amerikanische Fotografin Maya Mercer einige Jahre lang gelebt und das Leben in der von Dürre und Armut geprägten Region dokumentiert. Ihre Fotos aber haben mit herkömmlicher Dokumentarfotografie wenig zu tun. Landschaften und Menschen sind in ihren farblich stark bearbeiteten Bildern in glutrotes und schwefelgelbes Licht getaucht, ein Licht, das geradezu apokalyptisch anmutet, als wäre alles Leben in Yuba verbrannt und vergiftet: "photopapier in einem / blutbad entwickelt / das kameragehäuse / ein brennendes haus", heißt es in Albert Ostermaiers Gedichtband "Yuba", der zusammen mit leider nur sechs Bildern Maya Mercers nun erschienen ist.

Die sprachlichen Bilder von Blutbad und brennendem Kameragehäuse evozieren sehr anschaulich die Fotografien Mercers, sie zeugen aber auch von Ostermaiers Hang zu starken oder doch eher deftigen Vergleichen, zum wenig subtilen sprachlichen Effekt. Ostermaier erzählt die Geschichte Yubas als Gewaltgeschichte, vor allem als eine Geschichte der Gewalt gegen Frauen: "schmauchspuren auf / meinen brüsten", heißt es da etwa, "was habt ihr / nicht alles reingeschoben / in mich ihr wurdet hart / aber hart wurde ich stein". Oder auch: "zu schande geritten / von teufeln als wären / sie gäule und nicht / engel".

Nichts spricht dagegen, dass ein erfolgreicher Schriftsteller sich in jene hineinversetzt, die "das leben gefickt" hat, aber man bezweifelt doch, dass die, die tatsächlich Leid erlitten haben, auf so plakative Weise davon sprechen würden. Insofern ist Ostermaiers "Yuba" ein zweifelhafter Akt kultureller Aneignung, denn nichts in diesen Versen zeugt davon, dass der Dichter selbst in Yuba gewesen wäre, und wenn schon nicht über eigene Erfahrungen, dann zumindest aus eigener Anschauung heraus schriebe.

Sicher, es gibt die Tradition des Gemäldegedichts, es wird seit bald zwei Jahrhunderten mit und entlang von Fotografien geschrieben, aber in "Yuba", so der Eindruck, läuft die Sache doch allzu rund. Wie üblich bei Ostermaier fließen die Verse ohne Punkt und Komma ineinander über und erwecken den vordergründigen Eindruck poetischer Kunstfertigkeit. Aber immer wieder sind sie lediglich auf Überraschungs-, wenn nicht sogar Schockeffekt hin geschrieben: "die/ blutenden Schenkel / die / gebrochenen / hände / die scham schamlos geschändet / der boden möchte im boden versinken". Das hat etwas von sehr vordergründigem Wortgeklingel an sich.

Nichts gegen verständliche Lyrik, nichts gegen Gedichte, die womöglich sogar gedichtferne Menschen erreichen. Aber in "Yuba" hat man immer wieder den Eindruck, dass hier eine gut geölte Versmaschine läuft, die sich im Zweifelsfall jeden Gegenstand einverleibt, sei es Mord und Totschlag im Kalifornien des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts, sei es die Corona-Pandemie oder der Krieg in der Ukraine. Alles in allem sehr ambitioniert und ziemlich dick aufgetragen. Große Kunst ist es nicht. TOBIAS LEHMKUHL

Albert Ostermaier: "Yuba".

Mit Fotografien von Maya Mercer. Steidl Verlag, Göttingen 2023. 96 S., geb., 18,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Tobias Lehmkuhl hält nicht viel von Albert Ostermaiers gut geölter Versmaschine. Dass sich der Dichter hier prekären Existenzen im nordkalifornischen Yuba in Gedichten annimmt, findet Lehmkuhl sogar vermessen. Ein "zweifelhafter Akt kultureller Aneignung", schimpft er. Denn dass Ostermaier je in Yuba gewesen ist, glaubt der Rezensent nicht. Die deftigen, vor Gewalt strotzenden Texte, rühren Lehmkuhl insofern nicht. Maya Mercers dokumentarische Fotografien aus Yuba reizen ihn schon eher. Doch davon gibt es nur sechs im Band, bedauert Lehmkuhl.

© Perlentaucher Medien GmbH