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Der erstmals 1988 erschienene Band, der die schönsten Yves Saint Laurent-Modelle im Spiegel berühmter Modephotographen zeigt, ist ein Klassiker unter den Modebüchern, in dem sich die Höhepunkte von Designgeschichte und Photogeschichte vereinen. Yves Saint Laurents 40. Berufsjubiläum nehmen wir zum Anlaß, diesen Prachtband als Bonsai Book wieder anzubieten.

Produktbeschreibung
Der erstmals 1988 erschienene Band, der die schönsten Yves Saint Laurent-Modelle im Spiegel berühmter Modephotographen zeigt, ist ein Klassiker unter den Modebüchern, in dem sich die Höhepunkte von Designgeschichte und Photogeschichte vereinen. Yves Saint Laurents 40. Berufsjubiläum nehmen wir zum Anlaß, diesen Prachtband als Bonsai Book wieder anzubieten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.1999

YSL
Der lange Abschied von der Haute Couture

Dieses Buch ist eines der "Bonsai Books" von Schirmer/Mosel, die zu pompös geratene "Geschenkideen" verkleinert wiedergeben. Verkleinert ist natürlich auch der Preis, so dass man nicht mehr bei jedem Blatt, das man umschlägt, das Gefühl haben muss, schon wieder sei ein Euro dahin. Man blättert also entspannt vor und zurück, sieht 135 Bilder von 47 namhaften Fotografen, darunter Richard Avedon, David Bailey, Horst P. Host, Peter Lindbergh, Helmut Newton, Irving Penn, David Seidner: Bilder, die mit den ersten selbständigen Entwürfen Saint Laurents beginnen und bis zu den Kollektionen von 1988 führen, die meisten farbig - und was für Farben! Dunkelglühende. Irisierende. Betörende. Verstörende. Der dem Meister liebste Kontrast, Schwarz-Rot, erscheint in immer neuen Metamorphosen. So tritt beispielsweise zum schwarzen Samt ein roter oder weinroter oder fuchsiafarbener Taft, ein zinnoberroter oder roséfarbener Satin. Das schwarze Abendkleid ist manchmal - mittels Schärpe, Schleife oder Schößchen - ausschweifend garniert: rot, rosé oder pink; doch am bezauberndsten ist die Strenge eines schwarzsamtenen Oberteils zum flammend roten bodenlangen, weitschwingenden Satinrock.

Indes man noch in Farben und Formen schwelgt, setzt sich bohrend die Einsicht durch, dass es mit der Haute Couture, trotz aller Triumphe gerade im Zeichen YSL, seit den siebziger Jahren zu Ende geht. Die Erosion begann schon Mitte der Sechziger, mit den Prêt-à-porter-Kollektionen. Man weiß ja: "Saint Laurent Rive-Gauche" musste die Haute Couture finanzieren. (Das ist jetzt vorbei, die RiveGauche-Kollektionen wurden eingestellt, die Subventionierung obliegt, wie auch in anderen Häusern, den Olfaktoria und Kosmetika.) Ihre Zielgruppe sah die Haute Couture nicht länger in der alteingesessenen Gesellschaft, nur noch im flüchtigen Jetset; doch wenn dieser Neo-Adel seine Blöße bedecken oder dekorieren wollte, suchte er lieber Poppiges in den Boutiquen. Die Stilunterschiede - das macht der vorliegende Band augenfällig - schrumpften schnell. Die Haute Couture wurde zur Luxus-Poplore. Früher als andere kulturelle Sparten überließ sie sich der Postmoderne. Alles war jetzt möglich, alles war verfügbar, der Zugriff hieß "Zitat" oder "Hommage", wie bei Saint Laurent, der den Kunstklau schon im Jahr 1966 begann; von Mondrian und der amerikanischen Pop-Art gelangte er über Picasso und Cocteau (1979/80) zu Braque (1988). Einiges davon hat wirklich Mode gemacht. Noch mehr aber begrüßten die Medien Saint Laurents Griffe in die Ethno-Truhe: russische Folklore (1976/77), Chinoiserien (1977/78), Spanisches (1978) - gelegentlich nahe am Kitsch und jedenfalls mehr Kostümbildnerei als Haute Couture.

Vielleicht wäre das alles, im Guten wie im Argen, gar nicht in Erscheinung getreten ohne das Verlangen der Modejournale nach Buntem. Bis 1973 sind die Fotos dieses Bandes überwiegend schwarzweiß, dann fast ausnahmslos farbig. Etwa zur selben Zeit geschieht ein radikaler Wandel in der Modepräsentation: Die Fotografen und die Models werden zu Stars; sie erst "machen" jetzt die Mode, und die soll - wiederum zeigt sich das - nicht mehr "Alta moda" sein, sondern ein "Event", zu dem die Einfälle der Fotografen und die Launen des Models ebenso viel beitragen wie die Kreationen des Couturiers. Der freilich beugt sich dem Druck der Straße, als wäre der eine Inspiration. Über seine Herbst/Winter-Kollektion 1978/79 schrieb Saint Laurent: "Ich wollte die Haute Couture mit einer Prise Humor würzen, ihr die Gags der Straße verfügbar machen, ihr denselben Freiheitssinn verleihen, den man auf der Straße spürt, diesen selben Aspekt von Provokation und Arroganz, den beispielsweise die Punk-Mode hat. All das natürlich mit Würde, Luxus und Stil." Für den Luxus sorgten die Stoffe. Was Würde und Stil betrifft, war Saint Laurent auf Helmut Newton und David Seidner angewiesen. Viele ihrer Aufnahmen - Frauen in Männeranzügen bei Newton, Frauen in Abendkleidern bei Seidner - sind faszinierend. Andere Fotografen suchten ihre Selbstverwirklichung in jener forcierten Action, die jeden Stil in die Stilblüte treibt. Es ist der Ruin dessen, was Saint Laurent gern "allure" nennt; aus Haltung wird Sichgehenlassen.

Sehr deutlich zeigt sich das in der Positur der Mannequins. Vom New Look bis zum Einbruch der Pop-Art in die Haute Couture in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre stehen die Mannequins fast immer wie in einem Hüftschwung erstarrt dem Betrachter gegenüber: die Füße, von denen einer entweder vor- oder zurücktritt, bilden einen rechten Winkel, der Unterleib ist leicht nach vorn gewölbt, die Hände liegen auf den Hüften oder verharren doch in Hüftnähe - eine Distanzhaltung, die manchmal gekünstelt, oft aber wunderbar graziös aussieht. Dann plötzlich gerät alles in Bewegung, die Models hüpfen herum oder wälzen sich lasziv, spreizen die nackten Beine, werfen die Arme in die Luft, als johlten sie auf einem Rockkonzert. Egal ob Robe oder T-Shirt, ob Nylon oder Satin - Hauptsache wir haben Fun!

Der Band, dessen Dokumentation 1988 abbricht, zeigt nur wenig von solchen exhibitionistischen Exzessen. Gleichwohl wird man Zeuge eines Niedergangs. Gemeint ist nicht der Niedergang eines Talents: Yves Saint Laurent hat noch immer hinreißende Einfälle. Auch die Modefotografie verkümmert nicht, im Gegenteil: befreit von dem Zwang, Kleider vorzuführen, können Fotografen und Models sich selbst zu schriller Geltung bringen. Was zu Ende geht, ist eine Ausdrucksform, die zur erotischen Kultur des Abendlandes in den letzten zweihundert Jahren mehr beigetragen hat als jede andere Handarbeit einschließlich der Liebeszauberei. Dass in dem einleitenden Text davon nicht die Rede ist, verwundert nicht: Marguerite Duras war Yves' Kundin. "Wenn auf einer Modenschau oder im Fernsehen", schrieb die Muse des Konsums, "ein Kleid von Yves Saint Laurent zu sehen ist, dann schreit man auf vor Glück, weil das Kleid, das man sich nie vorgestellt hatte, genau dasjenige war, worauf man wartete, und zwar in ebendiesem Jahr. Man ist die Wüste, die auf das Kleid wartete." Na ja.

KARL MARKUS MICHEL

"Yves Saint Laurent und die Modephotographie". Mit einem Text von Marguerite Duras. Ein Bonsai Book. Verlag Schirmer/Mosel, München 1998. 232 S., 135 Abb., geb., 29,80 DM.

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