1859 wird Zaïda de Vico Tatley Barber Giocondo geboren, im Süden Englands. Früh schon beschliesst sie Medizin zu studieren, was zu der Zeit für eine Frau nur an wenigen Universitäten möglich war. Zaïda entscheidet sich für Zürich. Zurück in Cornwall wird sie zum Engel für die Grubenarbeiter, als sie bei einem Unglück unerschrocken zu den Verschütteten hinuntersteigt und Leben rettet. Eine erste leidenschaftliche Liebe zum Maler und Schriftsteller Basil Tatley lässt sie mit allen gesellschaftlichen Konventionen brechen. Später, in Florenz, an der Seite ihres zweiten Mannes Jonathan Barber, mit dem sie zwei Söhne hat, arbeitet sie gegen alle Widerstände als Ärztin in einem Spital. Doch neue familiäre Turbulenzen und die Ermordung Jonathans treiben sie weiter. Zuerst nach Mailand, wo sie gegen die spanische Grippe kämpft und später dem Grauen des Ersten Weltkriegs täglich in den Spitälern begegnet. Mit Francesco Giocondo, ihrem dritten Mann und Gefährten bis ins hohen Alter, auch er Chirurg, flüchten sie am Vorabend des Zweiten Weltkriegs nach Zürich, von wo aus sie sich im Widerstand gegen den Faschsimus in Italien engagieren. Bereits im vorgerückten Alter beschäftigen sie sich mit den Theorien Sigmund Freuds und lassen sich als Psychoanalytiker ausbilden. Wie immer motiviert von der Überzeugung, sich damit für eine bessere Welt einzusetzen. Ein pralles Leben lang liebt Zaïda, leidenschaftlich und bedingungslos: Ihre Männer, ihre Söhne, die Menschen, das Leben. Vom Schicksal aufs heftigste gebeutelt geht sie unverdrossen ihren Weg - und schreibt, über hundert Jahre alt, ihre Geschichte auf. Eine Hymne an das Leben und an die Liebe.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.2009Keine Lust
Niemand Geringeren als Charlotte Brontë hat die Schweizer Autorin Anne Cuneo bemüht, um ihren Roman einzuleiten. Es sei zwecklos, heißt es in dem Zitat aus "Jane Eyre", den Leuten sagen zu wollen, sie sollten sich mit einem ruhigen Leben zufriedengeben. Das soll wohl auch für Zaïda gelten, die Protagonistin des gleichnamigen neuen Romans. Darin versucht Anne Cuneo, die Erinnerungen einer Frau aufzuschreiben, die in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts als adeliges englisches Mädchen geboren wird, sich aber in den Kopf setzt, Ärztin zu werden. Man sollte meinen, dies seien beste Voraussetzungen für einen Roman über eine Frau, die mehr vom Leben will, als ihr die Umgebung zugestehen möchte. Und Anne Cuneo verfasst auch mehr als fünfhundert Seiten, dennoch gelingt es ihr nicht, ihrer Erzählerin Zaïda irgendeine Form von Tiefgang in die Feder zu legen. Sie lässt Zaïda von ihrer missgünstigen Mutter und ihrem großzügigen Vater erzählen. Sie berichtet von ihren drei Ehemännern, die ihre Pläne unterstützten und zwischendurch Sätze sagten wie: "Ich habe dich, und du hast mich. Wir sind Liebende, und wir sind jeder dem anderen sein Kind." Sie berichtet davon, wie sie sich als Mann verkleidet, um als Ärztin praktizieren zu können. Das alles ist so vorhersehbar, dass man der Erzählerin nur zustimmen kann, als sie resümiert, sie habe nun drei Monate lang geschrieben: "Ich weiß nicht einmal, was genau, und ich habe weder die Lust noch den Mut dazu, es zu lesen." (Anne Cuneo: "Zaïda". Roman. Aus dem Französischen von Erich Liebi. Bilgerverlag, Zürich 2009. 561 S., geb., 27,- [Euro].) lbo
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Niemand Geringeren als Charlotte Brontë hat die Schweizer Autorin Anne Cuneo bemüht, um ihren Roman einzuleiten. Es sei zwecklos, heißt es in dem Zitat aus "Jane Eyre", den Leuten sagen zu wollen, sie sollten sich mit einem ruhigen Leben zufriedengeben. Das soll wohl auch für Zaïda gelten, die Protagonistin des gleichnamigen neuen Romans. Darin versucht Anne Cuneo, die Erinnerungen einer Frau aufzuschreiben, die in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts als adeliges englisches Mädchen geboren wird, sich aber in den Kopf setzt, Ärztin zu werden. Man sollte meinen, dies seien beste Voraussetzungen für einen Roman über eine Frau, die mehr vom Leben will, als ihr die Umgebung zugestehen möchte. Und Anne Cuneo verfasst auch mehr als fünfhundert Seiten, dennoch gelingt es ihr nicht, ihrer Erzählerin Zaïda irgendeine Form von Tiefgang in die Feder zu legen. Sie lässt Zaïda von ihrer missgünstigen Mutter und ihrem großzügigen Vater erzählen. Sie berichtet von ihren drei Ehemännern, die ihre Pläne unterstützten und zwischendurch Sätze sagten wie: "Ich habe dich, und du hast mich. Wir sind Liebende, und wir sind jeder dem anderen sein Kind." Sie berichtet davon, wie sie sich als Mann verkleidet, um als Ärztin praktizieren zu können. Das alles ist so vorhersehbar, dass man der Erzählerin nur zustimmen kann, als sie resümiert, sie habe nun drei Monate lang geschrieben: "Ich weiß nicht einmal, was genau, und ich habe weder die Lust noch den Mut dazu, es zu lesen." (Anne Cuneo: "Zaïda". Roman. Aus dem Französischen von Erich Liebi. Bilgerverlag, Zürich 2009. 561 S., geb., 27,- [Euro].) lbo
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Ein überwältigender Epochenroman ... pralles Leben auf 600 Seiten.« News