Ida Braney aslinda yalanci bir kontesti ve oglu Jacki, nerede olursa olsun bir okula yazdirmak istiyordu. Jacki yazdirdigi okulun edebiyat ögretmeni ve sair oldugunu söyleyen Mösyö Amaruj dArgenton ile evlenir. Bundan sonrasi Jack icin tam bir kabus olur. Demirci cirakligi, gemilerde atescilik derken bircok iste calisan Jackin hayati sikintilar icinde gecer. Zayif bir yapisi olan Jack yasliligini degil, delikanliligi görüp görmeyecegi belli degildir.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.2023Satirisches Salz in der Wunde
Ein Bindeglied zwischen Realismus und Naturalismus in der französischen Literatur: Alphonse Daudets Roman "Jack"
Manchmal wacht das Kind im Leser auf: Die Literatur wird zur Schatzkammer, in der er unerwartet einen kostbaren Fund macht. So ein rares, wenn auch düsteres Stück ist "Jack. Sitten der Zeit" von Alphonse Daudet (1840 bis 1897). Der für "Briefe aus meiner Mühle" und "Tartarin von Tarascon" bekannte Daudet hat den Roman 1875 im "Moniteur" und 1876 in Buchform veröffentlicht. Die kindliche Perspektive bestimmt auch ihn: "Jack" erzählt das Heranwachsen des Sohns von Ida de Barancy, einer reizenden, aber oberflächlichen, ja kaltherzigen "Provinzkokotte", um deren Liebe er sein kurzes, verzweifeltes Leben lang ringt.
Erstens führt der Roman eine misslungene Bildung vor, die "Erziehung des Herzens" eines Zurückgewiesenen - tatsächlich ist "Jack" Gustave Flaubert gewidmet. Wie der auf "Madame Bovary" anspielende Untertitel aber nahelegt, ist er weit mehr: Die in mehrfachem Sinn leichtsinnige Ida wird von Amaury d'Argenton geprägt, ihrer großen Liebe - für Jack jedoch "der Feind". D'Argenton ist ein missratener Schriftsteller, der es dank Erbschaft zu Macht unter Pariser Pseudointellektuellen bringt. So wird die grausame Verziehung Jacks zweitens zum Exempel für die Mentalität einer armseligen Intelligenzija, die in der Moderne als Abfallprodukt des literarischen Feldes entsteht. Drittens wird das Arbeitermilieu beschrieben: "Jack" ist einer der ersten Romane über das Proletariat, das er ohne Sentimentalität oder Dünkel darstellt. Kurz: Daudet ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Flaubert und Émile Zola (die er beide gut kannte), zwischen Realismus und Naturalismus, denen er eine eigene Mixtur entgegenstellt.
"Jack" gliedert sich in drei Teile. Teil eins erzählt, wie der sieben- oder achtjährige Junge in das finstere Gymnasium Moronval gesteckt wird, eine Einrichtung für "kleine Tropenländer", denen man eine korrekte französische Aussprache beibringen will; der "Mulatte" Moronval führt sie, "wie er die Ausbeutung einer Zuckerrohrplantage betrieben hätte". Bei einer Lesung lernt Mutter Ida Jacks Lehrer d'Argenton kennen, einen Dichter aus verarmtem Landadel. Sie verliebt sich in ihn, die zwei verschwinden für längere Zeit; Jack durchlebt die Hölle, weil Moronval um die Bezahlung fürchtet. Er flieht und darf zu Ida ziehen: D'Argenton hat geerbt, die beiden leben im idyllischen Étiolles; er tauft Ida Charlotte (nach Goethes "Werther") und formt sie wie ein zweiter Pygmalion.
Nach einem Jahr ländlichen Glücks beschließt d'Argenton, der zarte, intelligente Jack solle Mechaniker werden, und schickt ihn nach Indret (bei Nantes) in eine vierjährige Lehre. Während Teil eins das Milieu verkrachter Schriftsteller- und Künstlerexistenzen schildert, taucht der Leser nun in die Welt der Fabrik ein: Teil zwei berichtet, wie der Junge für einen unpassenden Beruf ausgebildet wird. Daudet hat einen soziologisch präzisen Blick, er zeigt die determinierende Kraft von Arbeit und materiellen Umständen. Jack wird zum Proleten, bleibt aber Fremdkörper: Als Mechaniker taugt er nichts. Er heuert als Heizer auf einem Dampfer an, ein Knochenjob, der drei Jahre später dank Schiffbruchs endet. Krank und ausgelaugt kommt Jack nach Paris, wohin Ida und d'Argenton gezogen sind.
Teil drei weckt Hoffnung: Während der Genesung in Étiolles sieht Jack seine Kindheitsfreundin Cécile wieder, die Enkelin des wohlgesinnten Landarztes Rivals. Eine Idylle bahnt sich an, die zwei unehelichen Kinder sind füreinander gemacht. Jack nimmt die Metallarbeit in Paris wieder auf, lernt aber abends fleißig, mit dem Ziel, Sanitätsoffizier zu werden und Cécile zu heiraten. Allerdings gelingt es d'Argenton abermals, Jacks Hoffnungen zunichtezumachen, und die durch harte körperliche Arbeit verursachte Schwindsucht obsiegt.
Die Porträts, die Daudet zeichnet, sind von der unerbittlichen Menschenkenntnis, die den französischen Realismus ausmachen. Grausam ist er mit Ida, deren Gedanken Sprünge machen, "die jenen eines im Käfig eingeschlossenen Eichhörnchens" gleichen; als sie sich in d'Argenton verliebt, spießt Daudet "die törichte Sentimentalität, die den Bodensatz dieser Dirnenseelen bildet", auf. Auch die Schilderung der Intellektuellen als "dahinvegetierende, embryonenartige, unfertige Brut, ziemlich ähnlich den Ausgeburten des Meeresgrundes", streut satirisches Salz in die Wunde. Gelindert wird das Brennen durch gutmütige Charaktere, was George Sand Daudet hoch angerechnet hat.
Packend ist die Schilderung von Paris und Faubourg - "welch ein Gewimmel auf dem steinigen, holprigen Pflaster, das schon im Voraus für Revolutionen gelockert wird durch all die kleinen Handwagen" -, faszinierend die der Fabrik in Indret, einer "Stadt aus Eisen": "Zuerst der Lärm, ein fürchterlicher, ohrenbetäubender Lärm, dreihundert Hämmer, die gleichzeitig auf den Amboss herunterfallen, das Sausen von Riemen, das Entrollen von Zugwinden und der ganze Aufruhr eines Volkes in Tätigkeit, dreihundert keuchende, nackte Brustkästen, die sich gegenseitig in einem Rausch körperlicher Anspannung, in dem die Muskeln zu reißen drohen und der Atem auszugehen scheint, anfeuern und die Schreie ausstoßen, die nichts Menschliches mehr haben. Dann die mit glühendem Metall gefüllten Wagen, die die Halle auf Schienen rollend durchqueren, das Rotieren der Ventilatoren rund um die Schmieden, die die Glut ständig erneuern und die Flamme nähren. Alles kreischt, dröhnt, hallt, heult, bellt." Daudet stützt sich hier wie allgemein auf Erfahrung: Armut kennt er aus seiner Kindheit, die Werkhallen aus Recherchen vor Ort; auch die Hauptfigur hat ein reales Vorbild.
Rührend und problematisch zugleich wirken jene Randfiguren, die Jacks beste Freunde werden. Im Gymnasium lernt er Mâdou, einen Prinz aus dem afrikanischen Königreich Dahome, kennen, dessen Vater als König abgesetzt wurde. Mâdou fristet sein Dasein als Diener, flieht, weil er die Erniedrigungen nicht mehr erträgt, verliert schließlich mit seinem Glücksbringer alle Hoffnung. Die "mitleiderregende und liebenswerte kleine Affengestalt", mit einer "Kindlichkeit des Aussehens und der Sprache, die durch eine stumpfsinnige Knechtschaft noch verlängert worden war", ist ein Beispiel für den mitfühlenden, aber spürbaren Rassismus Daudets, der die Beschreibung des jüdischen Hausierers Bélisaire ebenfalls prägt.
Die Übersetzung ist flüssig, aber wie bei Caroline Vollmann gewohnt teils ungenau. Zwei Beispiele: Wenn es heißt, Arbeiter durchliefen "les stations dans les assommoirs, les consolations, les mines à poivre", sind die kursiven Begriffe Synonyme für Spelunken. Bei Vollmann werden "die Aufenthalte in den Schnapsbuden, die Tröstungen, die Besäufnisse" draus: Das verunklart, knirscht syntaktisch, verfälscht die Liste. Johanna Moellenhoff (1895) etwa übersetzt geschickter: Jack "ging nicht mit zu den verschiedenen Kneipstationen: in die 'Rattenfallen', die 'Tröstungen', die 'Pfefferminen'". Ein Verweis auf Émile Zolas Roman "L'Assommoir" ("Der Totschläger", 1877), dessen Titel und Thema Daudet antizipiert, wäre sinnvoll gewesen. Zweitens nutzt Vollmann mitunter naheliegende, aber unpassende Bedeutungen: "Sie wird noch hübscher werden als ihre Mutter . . . vorausgesetzt, es ergeht ihr nicht so wie dieser." Das ist widersinnig, denn gehofft wird doch, dass dem zukünftig hübschen Mädchen dann nicht dasselbe zustößt wie ihrer Mutter. Vollmann übersetzt "pourvu que" mit "vorausgesetzt": Die Übertragung existiert, Sinn ergibt jedoch nur eine zweite: "hoffentlich" (bekannt aus "Pourvu que ça dure!").
Daudet selbst ist nicht frei von Schwächen: Seine Zuspitzungen übertreiben es, im Guten und mehr noch im Schlechten. Er lässt seinen Roman einen Abwärtssog entwickeln, an dem er sich immer wieder berauscht, bis hin zu einer Schlusspointe, die sein Freund und Kollege Flaubert nicht ganz zu Unrecht als "von gewöhnlichem Geschmack" bezeichnet. Wohlgemerkt: Daudets Hang zur Gefälligkeit hält Flaubert nicht davon ab, "Jack" für "bemerkenswert" zu halten. 147 Jahre später kann sich der Kritiker dem nur anschließen. NIKLAS BENDER
Alphonse Daudet: "Jack" Sitten der Zeit. Roman.
Aus dem Französischen von Caroline Vollmann. Nachwort von Alain Claude Sulzer. Die Andere Bibliothek, Berlin 2022. 696 S., geb., 44,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Bindeglied zwischen Realismus und Naturalismus in der französischen Literatur: Alphonse Daudets Roman "Jack"
Manchmal wacht das Kind im Leser auf: Die Literatur wird zur Schatzkammer, in der er unerwartet einen kostbaren Fund macht. So ein rares, wenn auch düsteres Stück ist "Jack. Sitten der Zeit" von Alphonse Daudet (1840 bis 1897). Der für "Briefe aus meiner Mühle" und "Tartarin von Tarascon" bekannte Daudet hat den Roman 1875 im "Moniteur" und 1876 in Buchform veröffentlicht. Die kindliche Perspektive bestimmt auch ihn: "Jack" erzählt das Heranwachsen des Sohns von Ida de Barancy, einer reizenden, aber oberflächlichen, ja kaltherzigen "Provinzkokotte", um deren Liebe er sein kurzes, verzweifeltes Leben lang ringt.
Erstens führt der Roman eine misslungene Bildung vor, die "Erziehung des Herzens" eines Zurückgewiesenen - tatsächlich ist "Jack" Gustave Flaubert gewidmet. Wie der auf "Madame Bovary" anspielende Untertitel aber nahelegt, ist er weit mehr: Die in mehrfachem Sinn leichtsinnige Ida wird von Amaury d'Argenton geprägt, ihrer großen Liebe - für Jack jedoch "der Feind". D'Argenton ist ein missratener Schriftsteller, der es dank Erbschaft zu Macht unter Pariser Pseudointellektuellen bringt. So wird die grausame Verziehung Jacks zweitens zum Exempel für die Mentalität einer armseligen Intelligenzija, die in der Moderne als Abfallprodukt des literarischen Feldes entsteht. Drittens wird das Arbeitermilieu beschrieben: "Jack" ist einer der ersten Romane über das Proletariat, das er ohne Sentimentalität oder Dünkel darstellt. Kurz: Daudet ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Flaubert und Émile Zola (die er beide gut kannte), zwischen Realismus und Naturalismus, denen er eine eigene Mixtur entgegenstellt.
"Jack" gliedert sich in drei Teile. Teil eins erzählt, wie der sieben- oder achtjährige Junge in das finstere Gymnasium Moronval gesteckt wird, eine Einrichtung für "kleine Tropenländer", denen man eine korrekte französische Aussprache beibringen will; der "Mulatte" Moronval führt sie, "wie er die Ausbeutung einer Zuckerrohrplantage betrieben hätte". Bei einer Lesung lernt Mutter Ida Jacks Lehrer d'Argenton kennen, einen Dichter aus verarmtem Landadel. Sie verliebt sich in ihn, die zwei verschwinden für längere Zeit; Jack durchlebt die Hölle, weil Moronval um die Bezahlung fürchtet. Er flieht und darf zu Ida ziehen: D'Argenton hat geerbt, die beiden leben im idyllischen Étiolles; er tauft Ida Charlotte (nach Goethes "Werther") und formt sie wie ein zweiter Pygmalion.
Nach einem Jahr ländlichen Glücks beschließt d'Argenton, der zarte, intelligente Jack solle Mechaniker werden, und schickt ihn nach Indret (bei Nantes) in eine vierjährige Lehre. Während Teil eins das Milieu verkrachter Schriftsteller- und Künstlerexistenzen schildert, taucht der Leser nun in die Welt der Fabrik ein: Teil zwei berichtet, wie der Junge für einen unpassenden Beruf ausgebildet wird. Daudet hat einen soziologisch präzisen Blick, er zeigt die determinierende Kraft von Arbeit und materiellen Umständen. Jack wird zum Proleten, bleibt aber Fremdkörper: Als Mechaniker taugt er nichts. Er heuert als Heizer auf einem Dampfer an, ein Knochenjob, der drei Jahre später dank Schiffbruchs endet. Krank und ausgelaugt kommt Jack nach Paris, wohin Ida und d'Argenton gezogen sind.
Teil drei weckt Hoffnung: Während der Genesung in Étiolles sieht Jack seine Kindheitsfreundin Cécile wieder, die Enkelin des wohlgesinnten Landarztes Rivals. Eine Idylle bahnt sich an, die zwei unehelichen Kinder sind füreinander gemacht. Jack nimmt die Metallarbeit in Paris wieder auf, lernt aber abends fleißig, mit dem Ziel, Sanitätsoffizier zu werden und Cécile zu heiraten. Allerdings gelingt es d'Argenton abermals, Jacks Hoffnungen zunichtezumachen, und die durch harte körperliche Arbeit verursachte Schwindsucht obsiegt.
Die Porträts, die Daudet zeichnet, sind von der unerbittlichen Menschenkenntnis, die den französischen Realismus ausmachen. Grausam ist er mit Ida, deren Gedanken Sprünge machen, "die jenen eines im Käfig eingeschlossenen Eichhörnchens" gleichen; als sie sich in d'Argenton verliebt, spießt Daudet "die törichte Sentimentalität, die den Bodensatz dieser Dirnenseelen bildet", auf. Auch die Schilderung der Intellektuellen als "dahinvegetierende, embryonenartige, unfertige Brut, ziemlich ähnlich den Ausgeburten des Meeresgrundes", streut satirisches Salz in die Wunde. Gelindert wird das Brennen durch gutmütige Charaktere, was George Sand Daudet hoch angerechnet hat.
Packend ist die Schilderung von Paris und Faubourg - "welch ein Gewimmel auf dem steinigen, holprigen Pflaster, das schon im Voraus für Revolutionen gelockert wird durch all die kleinen Handwagen" -, faszinierend die der Fabrik in Indret, einer "Stadt aus Eisen": "Zuerst der Lärm, ein fürchterlicher, ohrenbetäubender Lärm, dreihundert Hämmer, die gleichzeitig auf den Amboss herunterfallen, das Sausen von Riemen, das Entrollen von Zugwinden und der ganze Aufruhr eines Volkes in Tätigkeit, dreihundert keuchende, nackte Brustkästen, die sich gegenseitig in einem Rausch körperlicher Anspannung, in dem die Muskeln zu reißen drohen und der Atem auszugehen scheint, anfeuern und die Schreie ausstoßen, die nichts Menschliches mehr haben. Dann die mit glühendem Metall gefüllten Wagen, die die Halle auf Schienen rollend durchqueren, das Rotieren der Ventilatoren rund um die Schmieden, die die Glut ständig erneuern und die Flamme nähren. Alles kreischt, dröhnt, hallt, heult, bellt." Daudet stützt sich hier wie allgemein auf Erfahrung: Armut kennt er aus seiner Kindheit, die Werkhallen aus Recherchen vor Ort; auch die Hauptfigur hat ein reales Vorbild.
Rührend und problematisch zugleich wirken jene Randfiguren, die Jacks beste Freunde werden. Im Gymnasium lernt er Mâdou, einen Prinz aus dem afrikanischen Königreich Dahome, kennen, dessen Vater als König abgesetzt wurde. Mâdou fristet sein Dasein als Diener, flieht, weil er die Erniedrigungen nicht mehr erträgt, verliert schließlich mit seinem Glücksbringer alle Hoffnung. Die "mitleiderregende und liebenswerte kleine Affengestalt", mit einer "Kindlichkeit des Aussehens und der Sprache, die durch eine stumpfsinnige Knechtschaft noch verlängert worden war", ist ein Beispiel für den mitfühlenden, aber spürbaren Rassismus Daudets, der die Beschreibung des jüdischen Hausierers Bélisaire ebenfalls prägt.
Die Übersetzung ist flüssig, aber wie bei Caroline Vollmann gewohnt teils ungenau. Zwei Beispiele: Wenn es heißt, Arbeiter durchliefen "les stations dans les assommoirs, les consolations, les mines à poivre", sind die kursiven Begriffe Synonyme für Spelunken. Bei Vollmann werden "die Aufenthalte in den Schnapsbuden, die Tröstungen, die Besäufnisse" draus: Das verunklart, knirscht syntaktisch, verfälscht die Liste. Johanna Moellenhoff (1895) etwa übersetzt geschickter: Jack "ging nicht mit zu den verschiedenen Kneipstationen: in die 'Rattenfallen', die 'Tröstungen', die 'Pfefferminen'". Ein Verweis auf Émile Zolas Roman "L'Assommoir" ("Der Totschläger", 1877), dessen Titel und Thema Daudet antizipiert, wäre sinnvoll gewesen. Zweitens nutzt Vollmann mitunter naheliegende, aber unpassende Bedeutungen: "Sie wird noch hübscher werden als ihre Mutter . . . vorausgesetzt, es ergeht ihr nicht so wie dieser." Das ist widersinnig, denn gehofft wird doch, dass dem zukünftig hübschen Mädchen dann nicht dasselbe zustößt wie ihrer Mutter. Vollmann übersetzt "pourvu que" mit "vorausgesetzt": Die Übertragung existiert, Sinn ergibt jedoch nur eine zweite: "hoffentlich" (bekannt aus "Pourvu que ça dure!").
Daudet selbst ist nicht frei von Schwächen: Seine Zuspitzungen übertreiben es, im Guten und mehr noch im Schlechten. Er lässt seinen Roman einen Abwärtssog entwickeln, an dem er sich immer wieder berauscht, bis hin zu einer Schlusspointe, die sein Freund und Kollege Flaubert nicht ganz zu Unrecht als "von gewöhnlichem Geschmack" bezeichnet. Wohlgemerkt: Daudets Hang zur Gefälligkeit hält Flaubert nicht davon ab, "Jack" für "bemerkenswert" zu halten. 147 Jahre später kann sich der Kritiker dem nur anschließen. NIKLAS BENDER
Alphonse Daudet: "Jack" Sitten der Zeit. Roman.
Aus dem Französischen von Caroline Vollmann. Nachwort von Alain Claude Sulzer. Die Andere Bibliothek, Berlin 2022. 696 S., geb., 44,- Euro.
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